philosophieren? Und Leibniz war wirklich e<strong>in</strong> wichtiger und ganz eigenständiger Philosoph- nicht wie vielleicht Leonardo da V<strong>in</strong>ci, den wir auch als e<strong>in</strong>en Universalgelehrtenbetrachten, <strong>der</strong> es aber nicht zu e<strong>in</strong>em wichtigen Denken brachte, <strong>der</strong> allerd<strong>in</strong>gs dafürnatürlich <strong>in</strong> <strong>der</strong> Kunstgeschichte e<strong>in</strong>e ganz an<strong>der</strong>e Bedeutung hat. Wenn e<strong>in</strong> PhilosophPläne für e<strong>in</strong> Unterseeboot entwickelt, dann muss dar<strong>in</strong> e<strong>in</strong> Weltverständnis liegen, daszwischen dem Denken und dem Unterseeboot, d.h. dann doch <strong>der</strong> Technik, e<strong>in</strong>eessentielle Verb<strong>in</strong>dung sieht. Ich hatte ja schon bei Descartes, Hobbes und Sp<strong>in</strong>oza aufdas <strong>in</strong>nige Verhältnis zwischen <strong>Philosophie</strong> und Mathematik h<strong>in</strong>gewiesen. Bei Leibniz ist<strong>die</strong>se Verb<strong>in</strong>dung noch greifbarer.Leibniz stattete Sp<strong>in</strong>oza im Jahre 1676 <strong>in</strong> Den Haag e<strong>in</strong>en Besuch ab. Er blieb e<strong>in</strong>igeTage. Es ist nicht bekannt, was <strong>die</strong> beiden besprachen, was Leibniz mitnahm, Sp<strong>in</strong>ozakonnte nicht mehr viel mitnehmen, denn er starb e<strong>in</strong> paar Monate später. Leibniz undSp<strong>in</strong>oza sche<strong>in</strong>en vollkommen verschiedene Charaktere gehabt zu haben. Dort <strong>der</strong>bescheidene, zurückgezogene, nachgerade arme Sp<strong>in</strong>oza, hier <strong>der</strong> mit e<strong>in</strong>er großenBarock-Perücke ausgestattete Universalgelehrte, <strong>der</strong> sogar europäische Politik treibenwollte. Leibniz hatte Sp<strong>in</strong>ozas „Tractatus theologico-politicus“ gelesen und ihn e<strong>in</strong>„schreckliches Buch“ genannt. Doch irgendetwas wird Leibniz angezogen haben.Ich werde mich auf e<strong>in</strong> spätes Werk Leibniz‘ beziehen, auf <strong>die</strong> sogenannte „Monadologie“von 1714. Das Werk ist gleichsam e<strong>in</strong>e Gelegenheitsarbeit. Leibniz wollte e<strong>in</strong>emfranzösischen Bekannten, dem nicht so sehr wichtigen Philosophen Nicolas FrancoisRémond se<strong>in</strong>e Metaphysik darlegen. Leibniz gab <strong>die</strong>sem Text den Titel „Eclaircissementsur les Monades“, was sagt, dass das Werk auf Französisch verfasst wurde. Dass es sichbei <strong>die</strong>sem Text um e<strong>in</strong>e Gelegenheitsarbeit handelt, kann man vielleicht schon daranerkennen, dass es sich e<strong>in</strong>fach um 90 durchgezählte Paragraphen handelt, <strong>die</strong> ke<strong>in</strong>emethodische Systematik nahelegen. Dennoch wird man sagen müssen, dass <strong>die</strong>„Monadologie“, e<strong>in</strong> Titel, <strong>der</strong> 1720 anlässlich <strong>der</strong> ersten Übersetzung <strong>in</strong>s Deutscheentstand, zu den Hauptwerken <strong>der</strong> neuzeitlichen <strong>Philosophie</strong> gehört.Natürlich ist <strong>die</strong> „Monadologie“ nicht das e<strong>in</strong>zige wichtige Werk Leibnizens. Da wäre z.B.noch zu nennen <strong>die</strong> „Theodizee“ von 1710, e<strong>in</strong> <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Art ganz an<strong>der</strong>es Werk, wortreich,ausführlich, e<strong>in</strong> „Sch<strong>in</strong>ken“ sozusagen. O<strong>der</strong> da s<strong>in</strong>d <strong>die</strong> „Pr<strong>in</strong>cipes de la nature et de laGrace fondés en raison“, <strong>die</strong> Pr<strong>in</strong>zipien <strong>der</strong> Natur und <strong>der</strong> Gnade gegründet auf <strong>der</strong>Vernunft“, wie <strong>die</strong> „Monadologie“ aus dem Jahre 1714. Diese beiden Werke weisennaturgemäß e<strong>in</strong>ige Ähnlichkeiten auf. Zu Leibnizens Werk gehören auch se<strong>in</strong>eausführlichen Briefwechsel z.B. mit Burchard de Vol<strong>der</strong> vor 1709 o<strong>der</strong> mit Samuel Clarkeaus dem Jahre 1715/16 o<strong>der</strong> mit dem Jesuiten Bartolomäus des Bosses. Wer sich mitLeibniz beschäftigen will, muss auch <strong>die</strong> Briefwechsel stu<strong>die</strong>ren (Briefwechsel - wird es <strong>in</strong>Zukunft nicht mehr geben).68
Also <strong>die</strong> „Monadologie“. Da ist zunächst zu fragen: was heißt das eigentlich, Monade? Dieμονάς ist <strong>die</strong> E<strong>in</strong>heit, μόνος heißt alle<strong>in</strong>, e<strong>in</strong>zeln. Wir können den ersten „Paragraphen“<strong>der</strong> Monadologie zur Hilfe nehmen. Der lautet: „Die Monade, von <strong>der</strong> wir hier sprechenwerden, ist nichts an<strong>der</strong>es als e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>fache Substanz (une substance simple), <strong>die</strong> <strong>in</strong>Zusammensetzungen e<strong>in</strong>geht; e<strong>in</strong>fach heißt: ohne Teile.“ Da haben wir also wie<strong>der</strong> <strong>die</strong>sesWort, <strong>die</strong>sen Begriff: Substanz. Daran haben sich <strong>die</strong> neuzeitlichen PhilosophenDescartes, Sp<strong>in</strong>oza und Leibniz abgearbeitet. Auch John Locke (1632 (im selben Jahr wieSp<strong>in</strong>oza) -1704), auf den ich hier nicht e<strong>in</strong>gehen werde und nicht e<strong>in</strong>gegangen b<strong>in</strong>, setztsich mit <strong>der</strong> Bedeutung <strong>der</strong> Substanz ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>, mit <strong>der</strong> Frage sozusagen: was heißtSubstanz im S<strong>in</strong>ne von: was ist <strong>die</strong> Substanz?Was für Leibniz - <strong>der</strong> den Begriff <strong>der</strong> Monade, historisch gesehen, wohl von GiordanoBruno hat, ihn aber ganz an<strong>der</strong>s verwendet - wichtig ist, ist also <strong>die</strong> E<strong>in</strong>heit, E<strong>in</strong>fachheit,E<strong>in</strong>sheit <strong>der</strong> Substanz, was me<strong>in</strong>t, ohne Teile zu se<strong>in</strong>, e<strong>in</strong>e gewiss seltsame Bestimmung,<strong>die</strong> aber schon auf den metaphysischen Charakter <strong>der</strong> Monade h<strong>in</strong>weist. Was ist ohneTeile, könnte man fragen? Für Leibniz <strong>die</strong> E<strong>in</strong>fachheit als solche. Wir müssten demnachden Unterschied zwischen e<strong>in</strong>er E<strong>in</strong>heit und e<strong>in</strong>er E<strong>in</strong>fachheit betonen. E<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>heit(Leibniz nennt <strong>die</strong> Monade auch unité) kann sehr wohl Teile haben, e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>fachheit, wieLeibniz sie denkt, nicht. Freilich gibt es etwas, was an <strong>die</strong>se Form <strong>der</strong> E<strong>in</strong>fachheit er<strong>in</strong>nert.Gehen wir weiter zum zweiten „Paragraphen“: „Und es muss e<strong>in</strong>fache Substanzen geben,weil es Zusammensetzungen gibt; denn das Zusammengesetzte ist nichts an<strong>der</strong>es alse<strong>in</strong>e Anhäufung (un amas) o<strong>der</strong> Aggregat (aggregatum) von E<strong>in</strong>fachem.“ Aggregare heißtAnhäufen. Dar<strong>in</strong> steckt das late<strong>in</strong>ische grex, Herde. Leibniz betont also, dass es jaSeiendes gibt, das wir als Anhäufung von E<strong>in</strong>fachem betrachten. Wohlgemerkt: mankönnte jetzt sagen: aha, es gibt E<strong>in</strong>heiten/Ganzheiten, <strong>die</strong> aus Teilen bestehen, d.h. dannAnhäufungen, <strong>die</strong> aus E<strong>in</strong>fachem hervorgehen. Doch Leibniz sagt eben nicht Ganzheitenund Teile, son<strong>der</strong>n Anhäufung und E<strong>in</strong>faches. E<strong>in</strong>e Anhäufung ist ke<strong>in</strong>e Ganzheit, sowiee<strong>in</strong> E<strong>in</strong>faches ke<strong>in</strong> Teil ist. Was nicht bedeutet, dass es <strong>in</strong> <strong>der</strong> Monade ke<strong>in</strong>e Vielheitgeben kann, doch dazu später.Im dritten „Paragraphen“ wird er noch deutlicher: „Nun gibt es da, wo es ke<strong>in</strong>e Teile gibt,we<strong>der</strong> Ausdehnung noch Figur, noch <strong>die</strong> Möglichkeit e<strong>in</strong>er Teilung. Und <strong>die</strong>se Monadens<strong>in</strong>d <strong>die</strong> wahren Atome <strong>der</strong> Natur o<strong>der</strong>, mit e<strong>in</strong>em Wort, <strong>die</strong> Elemente <strong>der</strong> D<strong>in</strong>ge.“ DieMonade hat ke<strong>in</strong>e Ausdehnung. Dennoch kann sie <strong>in</strong> <strong>der</strong> Anhäufung existieren und <strong>die</strong>Natur bilden, d.h. das Seiende ausmachen. Wie ist so etwas möglich? Für gewöhnlichkann aus etwas, das ke<strong>in</strong>e Ausdehnung hat, auch <strong>in</strong> <strong>der</strong> Anhäufung nichts Ausgedehnteshervorgehen. Nun sche<strong>in</strong>t es aber doch Ausdehnung zu geben? O<strong>der</strong>? Es gibt dochausgedehnte Materie - Materie ist ausgedehnt? Wie ist das mit so etwas wie dem69
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Eine Sicht, die ich persönlich fav
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letzthinnigen Prüfung dessen, was
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auf die Staatsform als solche, auf
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See ,Land‘ rufen; Cartesius ist e
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Descartes natürlich nicht so. Bei
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Ich möchte bevor ich zu dem Aufbau
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als Grundsätze. Wieder geht es als
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