Zeitpunkt befand er sich bereits im Exil bei Friedrich II. bzw. dem Großen. Selbst <strong>die</strong>semaufgeklärten Herrscher war <strong>die</strong>se letzte Schrift zu kritisch. Er konfiszierte <strong>die</strong> Bücher un<strong>der</strong>klärte La Mettrie für unzurechnungsfähig. 1751 dann, am Hofe Friedrichs, starb LaMettrie, wie man sagt, an zuviel Trüffelpastete (nicht „Leberpastete“), was im gebildeten(aufgeklärten) Europa mit Hohn und Spott zur Kenntnis genommen wurde. Doch es istnatürlich nicht klar, ob es wirklich <strong>die</strong> Trüffelpastete war, bzw. ob es das Zuviel war. Beie<strong>in</strong>em solchen Tod s<strong>in</strong>d <strong>die</strong> Verdächtigungen, es handele sich um e<strong>in</strong>en Giftmord, nur e<strong>in</strong>eselbstverständliche Folge.„L‘homme mach<strong>in</strong>e“ - <strong>der</strong> Titel des Hauptwerks von La Mettrie verweist also - wie wirgesehen haben - auf Descartes. Und <strong>in</strong> <strong>der</strong> Tat geht La Mettrie von <strong>die</strong>sem Philosophenaus, arbeitet sich an ihm ab, wenn auch bestimmte Probleme Descartes‘ nicht mehr se<strong>in</strong>es<strong>in</strong>d. „E<strong>in</strong>e Vere<strong>in</strong>igung zwischen dem kartesischen und dem englischen Materialismusf<strong>in</strong>det sich <strong>in</strong> den Schriften Lamettries. Er benutzt <strong>die</strong> Physik des Descartes bis <strong>in</strong>sE<strong>in</strong>zelne. Se<strong>in</strong> ,l‘homme mach<strong>in</strong>e‘ ist e<strong>in</strong>e Ausführung nach dem Muster <strong>der</strong> Tier-Masch<strong>in</strong>edes Descartes.“, sagt auch e<strong>in</strong> gewisser Karl Marx. Über Descartes schreibt La Mettrieselbst am Schluss des Buches: „Ich glaube, Descartes wäre e<strong>in</strong> <strong>in</strong> je<strong>der</strong> H<strong>in</strong>sichtachtungswürdiger Mann, wenn er - geboren <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Jahrhun<strong>der</strong>t, das er nicht hätteaufklären müssen - den Wert von Erfahrung und Beobachtung erkannt hätte, sowie <strong>die</strong>Gefahr, sich von ihnen zu entfernen. Aber es ist nicht mehr als gerecht, wenn ich hier<strong>die</strong>sem großen Mann e<strong>in</strong>e aufrichtige Genugtuung zuteil werden lasse gegenüber alljenen kle<strong>in</strong>en Philosophen, Witzbolden und schlechten Epigonen von Locke, <strong>die</strong>, stattDescartes unverschämt <strong>in</strong>s Gesicht zu lachen, besser daran täten e<strong>in</strong>zusehen, daß ohneihn das Feld <strong>der</strong> <strong>Philosophie</strong> ebenso brachläge wie das <strong>der</strong> Wissenschaft ohneNewton.“ (123) Das ist e<strong>in</strong>e schöne Liebeserklärung. Doch La Mettrie me<strong>in</strong>t offenbar, dassDescartes bei <strong>der</strong> Differenzierung <strong>der</strong> res extensa von <strong>der</strong> res cogitans e<strong>in</strong>en „Kunstgriff,e<strong>in</strong>e stilistische List, um <strong>die</strong> Theologen e<strong>in</strong> Gift schlucken zu lassen, das unter e<strong>in</strong>erdunklen Analogie verborgen ist, <strong>die</strong> jedem auffällt und nur sie nicht sehen“, angewendethätte. Danach wäre dann allerd<strong>in</strong>gs das ganze Fundament <strong>der</strong> Cartesischen <strong>Philosophie</strong>e<strong>in</strong> Täuschungsmanöver. Obwohl es solche Manöver damals <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Philosophie</strong> gab, dennman hatte ja noch Galilei <strong>in</strong> Er<strong>in</strong>nerung, sche<strong>in</strong>t mir das doch etwas zu weit zu gehen.Kommen wir zunächst auf <strong>die</strong> Methode des Arztes zurück. Er sagte ja schon, dassDescartes „den Wert von Erfahrung und Beobachtung“ nicht gekannt habe - e<strong>in</strong> sehrwichtiger Gedanke, wie wir bald sehen werden. In <strong>der</strong> Tat heißt es <strong>in</strong> „L‘homme mach<strong>in</strong>e“:„Nur <strong>die</strong> Erfahrung und <strong>die</strong> Beobachtung dürfen uns also hier leiten. Sie f<strong>in</strong>den sichzahllos <strong>in</strong> den Annalen <strong>der</strong> Mediz<strong>in</strong>er, <strong>die</strong> Philosophen gewesen s<strong>in</strong>d, und nicht bei denPhilosophen, <strong>die</strong> ke<strong>in</strong>e Mediz<strong>in</strong>er gewesen s<strong>in</strong>d.“ (27) Das ist e<strong>in</strong>e wichtige Vorklärung.Der Arzt La Mettrie argumentiert als Arzt, <strong>der</strong> sich ausschließlich empirisch se<strong>in</strong>em90
Gegenstand nähern will. Das ist freilich e<strong>in</strong>e an<strong>der</strong>e Methode als <strong>die</strong> Descartes‘ undSp<strong>in</strong>ozas, d.h. als <strong>der</strong> mos geometricus.Die wichtige Def<strong>in</strong>ition am Anfang des Werks lautet: „Der Mensch ist e<strong>in</strong>e Masch<strong>in</strong>e,<strong>der</strong>artig zusammengesetzt, daß es unmöglich ist, sich anfangs von ihr e<strong>in</strong>e klareVorstellung zu machen und folglich sie genau zu bestimmen.“ Später dann: „Dermenschliche Körper ist e<strong>in</strong>e Masch<strong>in</strong>e, <strong>die</strong> selbst ihre Triebfe<strong>der</strong>n aufzieht.“ (35) Dasme<strong>in</strong>t, dass eben nur e<strong>in</strong>e längere Erforschung <strong>die</strong>se Masch<strong>in</strong>e erkunden kann.Bestimmungen jeglicher Art, <strong>die</strong> a priori gemacht werden, s<strong>in</strong>d <strong>die</strong>ser Masch<strong>in</strong>e nichtangemessen.In <strong>der</strong> Vorbemerkung zur Schrift hatte La Mettrie schon Folgendes angekündigt: „DieSachkundigen werden mit Leichtigkeit erkennen, daß immer nur dann Schwierigkeitenauftauchen, wenn man <strong>die</strong> Vere<strong>in</strong>igung <strong>der</strong> Seele mit dem Körper erklären will.“ (5) Das istunmittelbar e<strong>in</strong>e Bezugnahme auf Descartes, mittelbar e<strong>in</strong> Blick auf <strong>die</strong> ganze Geschichte<strong>der</strong> Metaphysik. Wenn La Mettrie den F<strong>in</strong>ger <strong>in</strong> <strong>die</strong> Wunde des Leib-Seele-Dualismussteckt, dann heißt das an <strong>die</strong>ser Stelle <strong>der</strong> Überlegung ke<strong>in</strong>eswegs, dass er ihn e<strong>in</strong>fachgrob zerstört. Vielmehr verweist er auf Phänomene wie: „Bei Krankheiten verf<strong>in</strong>stert sich<strong>die</strong> Seele bald und gibt ke<strong>in</strong> Lebenszeichen von sich; bald könnte man sagen, sie seidoppelt, so sehr reißt <strong>die</strong> Erregung sie fort; bald verliert sich <strong>die</strong> Dummheit: und <strong>die</strong>Genesung macht aus e<strong>in</strong>em Tölpel e<strong>in</strong>en Mann von Geist. Bald wird <strong>der</strong> größte Geistschwachs<strong>in</strong>nig und erkennt sich nicht mehr. Vorbei mit all <strong>die</strong>sen schönen Kenntnissen,<strong>die</strong> unter so hohen Kosten und mit so viel Mühe erworben worden s<strong>in</strong>d!“ (29) Vielleichtkann man nicht so denken, dass wir ke<strong>in</strong>en Platon hätten, wenn dem 7jährigen Junge <strong>in</strong>Athen e<strong>in</strong> Ziegelste<strong>in</strong> auf den Kopf gefallen wäre. Was aber klar ist, das ist <strong>die</strong>Abhängigkeit <strong>der</strong> Seele von <strong>der</strong> Verfassung des Körpers. La Mettrie nennt auch das„Opium“ (33), das offenbar durch den Körper <strong>die</strong> Verfassung <strong>der</strong> Seele bee<strong>in</strong>flusst. LaMettrie macht das sehr ausführlich und vielleicht zu ausführlich. E<strong>in</strong>e Stelle wie: „Zuwelchen Ausschweifungen kann uns <strong>der</strong> grausame Hunger treiben! Ke<strong>in</strong>e Achtung mehrvor den E<strong>in</strong>geweiden <strong>der</strong>er, denen man se<strong>in</strong> Leben verdankt o<strong>der</strong> denen man es gegebenhat; man zerreißt sie gierig, man bereitet sich darauf abscheuliche Festmahle; und <strong>in</strong> <strong>der</strong>Raserei, von <strong>der</strong> man h<strong>in</strong>gerissen wird, ist <strong>der</strong> Schwächere immer <strong>die</strong> Beute desStärkeren.“ (37) ist wahrsche<strong>in</strong>lich <strong>der</strong> Situation geschuldet.Er er<strong>in</strong>nert an historische Fälledes Kannibalismus, um Wirkungsweisen des Körpers zu beschreiben.Es ist also nicht so, dass La Mettrie sogleich das K<strong>in</strong>d mit dem Bade ausschüttet. Aber<strong>in</strong>dem er immer mehr Beispiele br<strong>in</strong>gt, von denen aus es klar wird, dass <strong>die</strong> Seele nichtsan<strong>der</strong>es se<strong>in</strong> könne als e<strong>in</strong>e Wirkung e<strong>in</strong>er bestimmten Region des Körpers, heißt es: „Daaber alle Fähigkeiten <strong>der</strong> Seele so sehr von dem eigentümlichen Bau des Gehirns und desganzen Körpers abhängen, daß sie offensichtlich nur <strong>die</strong>ser organische Bau selbst s<strong>in</strong>d,91
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Eine Sicht, die ich persönlich fav
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letzthinnigen Prüfung dessen, was
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auf die Staatsform als solche, auf
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See ,Land‘ rufen; Cartesius ist e
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Descartes natürlich nicht so. Bei
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Ich möchte bevor ich zu dem Aufbau
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als Grundsätze. Wieder geht es als
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Doch - der Zweifelsgang ist noch ni
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zwischen den beiden endlichen Subst
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und unrichtig halten - das ist eben
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Dritte VorlesungIn der letzten Woch
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Descartes, nicht so sehr täuschen,
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Es gibt einen bösen Geist, der mic
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für „subjektiv“ halten, das ha
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Im Folgenden beschäftigt sich Desc
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In Bezug auf die Kausalität führt
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Vierte VorlesungAm Beginn dieser Vo
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Methode bezeichnet, für die die Ma
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