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Einführung in die Philosophie der Neuzeit

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Gegenstand nähern will. Das ist freilich e<strong>in</strong>e an<strong>der</strong>e Methode als <strong>die</strong> Descartes‘ undSp<strong>in</strong>ozas, d.h. als <strong>der</strong> mos geometricus.Die wichtige Def<strong>in</strong>ition am Anfang des Werks lautet: „Der Mensch ist e<strong>in</strong>e Masch<strong>in</strong>e,<strong>der</strong>artig zusammengesetzt, daß es unmöglich ist, sich anfangs von ihr e<strong>in</strong>e klareVorstellung zu machen und folglich sie genau zu bestimmen.“ Später dann: „Dermenschliche Körper ist e<strong>in</strong>e Masch<strong>in</strong>e, <strong>die</strong> selbst ihre Triebfe<strong>der</strong>n aufzieht.“ (35) Dasme<strong>in</strong>t, dass eben nur e<strong>in</strong>e längere Erforschung <strong>die</strong>se Masch<strong>in</strong>e erkunden kann.Bestimmungen jeglicher Art, <strong>die</strong> a priori gemacht werden, s<strong>in</strong>d <strong>die</strong>ser Masch<strong>in</strong>e nichtangemessen.In <strong>der</strong> Vorbemerkung zur Schrift hatte La Mettrie schon Folgendes angekündigt: „DieSachkundigen werden mit Leichtigkeit erkennen, daß immer nur dann Schwierigkeitenauftauchen, wenn man <strong>die</strong> Vere<strong>in</strong>igung <strong>der</strong> Seele mit dem Körper erklären will.“ (5) Das istunmittelbar e<strong>in</strong>e Bezugnahme auf Descartes, mittelbar e<strong>in</strong> Blick auf <strong>die</strong> ganze Geschichte<strong>der</strong> Metaphysik. Wenn La Mettrie den F<strong>in</strong>ger <strong>in</strong> <strong>die</strong> Wunde des Leib-Seele-Dualismussteckt, dann heißt das an <strong>die</strong>ser Stelle <strong>der</strong> Überlegung ke<strong>in</strong>eswegs, dass er ihn e<strong>in</strong>fachgrob zerstört. Vielmehr verweist er auf Phänomene wie: „Bei Krankheiten verf<strong>in</strong>stert sich<strong>die</strong> Seele bald und gibt ke<strong>in</strong> Lebenszeichen von sich; bald könnte man sagen, sie seidoppelt, so sehr reißt <strong>die</strong> Erregung sie fort; bald verliert sich <strong>die</strong> Dummheit: und <strong>die</strong>Genesung macht aus e<strong>in</strong>em Tölpel e<strong>in</strong>en Mann von Geist. Bald wird <strong>der</strong> größte Geistschwachs<strong>in</strong>nig und erkennt sich nicht mehr. Vorbei mit all <strong>die</strong>sen schönen Kenntnissen,<strong>die</strong> unter so hohen Kosten und mit so viel Mühe erworben worden s<strong>in</strong>d!“ (29) Vielleichtkann man nicht so denken, dass wir ke<strong>in</strong>en Platon hätten, wenn dem 7jährigen Junge <strong>in</strong>Athen e<strong>in</strong> Ziegelste<strong>in</strong> auf den Kopf gefallen wäre. Was aber klar ist, das ist <strong>die</strong>Abhängigkeit <strong>der</strong> Seele von <strong>der</strong> Verfassung des Körpers. La Mettrie nennt auch das„Opium“ (33), das offenbar durch den Körper <strong>die</strong> Verfassung <strong>der</strong> Seele bee<strong>in</strong>flusst. LaMettrie macht das sehr ausführlich und vielleicht zu ausführlich. E<strong>in</strong>e Stelle wie: „Zuwelchen Ausschweifungen kann uns <strong>der</strong> grausame Hunger treiben! Ke<strong>in</strong>e Achtung mehrvor den E<strong>in</strong>geweiden <strong>der</strong>er, denen man se<strong>in</strong> Leben verdankt o<strong>der</strong> denen man es gegebenhat; man zerreißt sie gierig, man bereitet sich darauf abscheuliche Festmahle; und <strong>in</strong> <strong>der</strong>Raserei, von <strong>der</strong> man h<strong>in</strong>gerissen wird, ist <strong>der</strong> Schwächere immer <strong>die</strong> Beute desStärkeren.“ (37) ist wahrsche<strong>in</strong>lich <strong>der</strong> Situation geschuldet.Er er<strong>in</strong>nert an historische Fälledes Kannibalismus, um Wirkungsweisen des Körpers zu beschreiben.Es ist also nicht so, dass La Mettrie sogleich das K<strong>in</strong>d mit dem Bade ausschüttet. Aber<strong>in</strong>dem er immer mehr Beispiele br<strong>in</strong>gt, von denen aus es klar wird, dass <strong>die</strong> Seele nichtsan<strong>der</strong>es se<strong>in</strong> könne als e<strong>in</strong>e Wirkung e<strong>in</strong>er bestimmten Region des Körpers, heißt es: „Daaber alle Fähigkeiten <strong>der</strong> Seele so sehr von dem eigentümlichen Bau des Gehirns und desganzen Körpers abhängen, daß sie offensichtlich nur <strong>die</strong>ser organische Bau selbst s<strong>in</strong>d,91

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