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Einführung in die Philosophie der Neuzeit

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Vierte VorlesungAm Beg<strong>in</strong>n <strong>die</strong>ser Vorlesung möchte ich noch e<strong>in</strong>mal zusammenfassen, was wir von RenéDescartes über den Anfang <strong>der</strong> <strong>Neuzeit</strong> gelernt haben. Zudem möchte ich noch etwash<strong>in</strong>zufügen, d.h. Momente von Descartes‘ Denken zu dem, was wir schon hörten,h<strong>in</strong>zufügen.1. Descartes sucht und f<strong>in</strong>det e<strong>in</strong> neues Fundament <strong>der</strong> prima philosophia bzw. <strong>der</strong>Wissenschaft im cogito, ergo sum, d.h. im Subjekt, <strong>in</strong> <strong>der</strong> res cogitans, d.h. im Denken.Dieses Fundament verbürgt absolute Gewissheit, denn dass ich denke, also b<strong>in</strong>, ist e<strong>in</strong>eabsolut gewisse Erkenntnis. Man könnte sagen: ich könnte <strong>in</strong> Allem getäuscht werden,ich kann an Allem zweifeln, aber ich muss doch notwendig erkennen, dass ich es b<strong>in</strong>,<strong>der</strong> getäuscht werden muss bzw. <strong>der</strong> zweifelt, wenn ich getäuscht werde. DieseErkenntnis kann demnach ke<strong>in</strong>e Täuschung se<strong>in</strong>. Was sagt das über den Beg<strong>in</strong>n <strong>der</strong><strong>Neuzeit</strong>? Wenn im Mittelalter Gott das Fundament des Denkens war, so ist es jetzt <strong>der</strong>Mensch, bzw. das Denken des Menschen. Das ist e<strong>in</strong> gewaltiger Schritt, <strong>der</strong> dann von<strong>der</strong> Religionskritik und Aufklärung fortgesetzt worden ist. Wenn Nietzsche <strong>in</strong> <strong>der</strong>„Fröhlichen Wissenschaft“ den Tod Gottes denkt, dann könnten wir sagen, beg<strong>in</strong>nt dasSterben Gottes am Beg<strong>in</strong>n <strong>der</strong> <strong>Neuzeit</strong> - auch wenn natürlich Descartes ke<strong>in</strong>en Zweifeldaran lässt, dass Gott e<strong>in</strong> notwendiges Seiendes für <strong>die</strong> prima philosophia bleibt. Wirer<strong>in</strong>nern uns, dass <strong>die</strong> Meditationen ja das Ziel haben, <strong>die</strong> Existenz Gottes zu beweisen.2. Der Beweis <strong>der</strong> Existenz Gottes <strong>in</strong> <strong>der</strong> Dritten Meditation, <strong>die</strong>ser Beweis, den ich <strong>in</strong> <strong>der</strong>letzten Wochen vielleicht etwas zu ausführlich dargestellt habe, ist eigentlich e<strong>in</strong>Beweis, dass das Seiende sich schlechth<strong>in</strong> kausal organisiert. Alles, was es gibt,geschieht im Verhältnis von Ursache und Wirkung. Alles wirkt, ist als causa e<strong>in</strong>e causaefficiens, e<strong>in</strong>e wirkende Ursache. Dabei differenziert Descartes <strong>die</strong> Ursachen: es gibtAkzidenzen als Ursachen, z.B. rot; es gibt e<strong>in</strong>e Substanz als Ursache, z.B. dasausgedehnte D<strong>in</strong>g; und es gibt e<strong>in</strong>e unendliche Substanz als Ursache, nämlich Gott, <strong>die</strong>causa prima et ultima et sui. Er ist <strong>die</strong> Wirkursache des Ganzen, er schafft <strong>die</strong> Welt, undzwar nicht nur e<strong>in</strong>mal, son<strong>der</strong>n kont<strong>in</strong>uierlich. D.h. er schafft den Menschen ständig.Damit beweist Descartes also nicht nur, dass das Denken auf e<strong>in</strong>e Außenwelt stößt, <strong>die</strong>es erkennen kann, son<strong>der</strong>n dass <strong>die</strong>se Außenwelt auch erkennbar ist, weil sie absolutkausal aufgebaut ist. Das ist das Zentrum des Rationalismus. Die ratio, <strong>die</strong> Vernunft, <strong>die</strong>rechnende Vernunft, könnte man sagen, denn ratio heißt eigentlich Rechnung, gehtdavon aus, dass das Seiende im Ganzen absolut erkennbar ist. Descartes sagt zwarausdrücklich, dass Gott nicht zu <strong>die</strong>sem erkennbaren Ganzen gehört (er ist unendlichund kann daher von e<strong>in</strong>em endlichen Verstand nicht erkannt werden), dennoch ist Gottals causa prima et ultima gleichsam <strong>in</strong> <strong>die</strong> Kausalketten des Seienden <strong>in</strong>tegriert worden.3. Ich möchte zwei D<strong>in</strong>ge h<strong>in</strong>zufügen. 1. bzw. 3. <strong>die</strong> von Descartes für das Erkennengefor<strong>der</strong>te Notwendigkeit e<strong>in</strong>er Methode. In den Regulae ad directionem <strong>in</strong>genii, e<strong>in</strong>e35

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