E<strong>in</strong>heit, <strong>die</strong> alles übere<strong>in</strong>stimmen lässt, ist das Universum. Doch weshalb hat <strong>die</strong>sesUniversum Vorstellungen?Im Satz 47 heißt es: „Somit ist Gott alle<strong>in</strong> <strong>die</strong> ursprüngliche E<strong>in</strong>heit o<strong>der</strong> <strong>die</strong> e<strong>in</strong>facheUrsubstanz, <strong>der</strong>en Erzeugungen <strong>die</strong> geschaffenen o<strong>der</strong> abgeleiteten Monaden s<strong>in</strong>d; undsie entstehen gleichsam durch kont<strong>in</strong>uierliches Aufleuchten <strong>der</strong> Gottheit von Augenblick zuAugenblick, begrenzt durch <strong>die</strong> Aufnahmefähigkeit des Geschöpfes, zu dessen Wesen esgehört, beschränkt zu se<strong>in</strong>.“ Das ist auch <strong>der</strong> Gott, den Leibniz denkt, e<strong>in</strong> „Gott <strong>der</strong>Philosophen“, wie man sagt, d.h. ke<strong>in</strong> Gott, <strong>der</strong> e<strong>in</strong>em direkt <strong>in</strong> <strong>der</strong> persönlichsten und<strong>in</strong>timsten Erfahrung begegnet. Gott ist, ja man kann es nicht an<strong>der</strong>s sagen, <strong>die</strong> Urmonade,<strong>die</strong> Supermonade, <strong>in</strong> <strong>der</strong> sich alle an<strong>der</strong>en Monaden bef<strong>in</strong>den. Damit aber ist Gott alsUrmonade nichts an<strong>der</strong>es als das Universum selbst, <strong>in</strong> dem sich alles gemäß <strong>der</strong> von Gottetablierten Harmonie e<strong>in</strong>richtet. Damit ist schon gesagt, wer <strong>der</strong> Etablierer <strong>der</strong> Harmoniepreétabli ist. Das Universum hat Vorstellungen, Repräsentationen, weil Gott <strong>die</strong>se hat.Nun spricht aber Leibniz auch am Beg<strong>in</strong>n von Satz 78 von „zwei Pr<strong>in</strong>zipien“. Von denen istnoch nicht gesprochen worden. Dies zwei Pr<strong>in</strong>zipien s<strong>in</strong>d nun sehr <strong>in</strong>teressant. Sie habenetwas mit den theologischen Unterströmung zu tun, von <strong>der</strong> Leibnizens Denken dochm<strong>in</strong>destens mitbestimmt ist. Im Satz 79 hören wir: „Die Seelen s<strong>in</strong>d tätig, gemäß denGesetzen <strong>der</strong> F<strong>in</strong>alursachen durch Appetit, Zwecke und Mittel. Die Körper s<strong>in</strong>d tätiggemäß den Gesetzen <strong>der</strong> Wirkursachen o<strong>der</strong> Bewegungen.“ Das haben wir schon gehört.Diese Differenzierung von Wirkursachen und F<strong>in</strong>alursachen sche<strong>in</strong>t den Unterschiedzwischen den Vernunftwahrheiten und den Tatsachenwahrheiten zu wie<strong>der</strong>holen. Wirhörten, dass das große Pr<strong>in</strong>zip des Satzes vom zureichenden Grunde beide Wahrheitenbegründet. Nun aber geht es im Satz 79 weiter: „Und <strong>die</strong> beiden Reiche, das <strong>der</strong>Wirkursachen und das <strong>der</strong> F<strong>in</strong>alursachen, bef<strong>in</strong>den sich <strong>in</strong> Harmonie mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong>.“ Dieprästabilierte Harmonie im Universum führt dazu, dass es zunächst zwei „Reiche“ (deuxregnes) gibt, <strong>die</strong> selber sich <strong>in</strong> Harmonie mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong> bef<strong>in</strong>den.Diese Redeweise mehr o<strong>der</strong> weniger am Ende <strong>der</strong> Monadologie könnte e<strong>in</strong> wenigbefremden, da ihr Beg<strong>in</strong>n e<strong>in</strong>e doch mehr o<strong>der</strong> weniger neutrale Theorie <strong>der</strong> Substanz (ichkommen gleich noch darauf zurück) darstellt. Jetzt am Ende spricht Leibniz plötzlich von„Reichen“. Doch ich hatte schon darauf h<strong>in</strong>gewiesen, dass bereits <strong>in</strong> Satz 6 <strong>die</strong>sestheologische Programm im Bezug auf <strong>die</strong> Schöpfung und Vernichtung <strong>der</strong> Monadenausgesprochen wird. Nun freilich wird das Ganze gesteigert und ganz offenbar.Die Monaden bilden auf <strong>der</strong> Grundlage <strong>der</strong> prästabilierten Harmonie e<strong>in</strong>enZusammenhang, <strong>der</strong> durch nichts erschüttert werden kann (das ist natürlich auch wichtigfür das Programm <strong>der</strong> Theodizee, <strong>die</strong> ja fragt, wie sich das Leid <strong>in</strong> <strong>der</strong> Welt mit <strong>der</strong>„Tatsache“ verb<strong>in</strong>den kann, dass Gott <strong>die</strong>se Welt geschaffen hat und regiert - wie ist das84
Böse möglich, wenn doch Gott notwendig gut ist). Diesen Zusammenhang zwischen denMonaden fasst Leibniz <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Bild, das zum ersten Mal <strong>in</strong> Satz 56 auftaucht. Dort sprichter davon, dass jede Monade „e<strong>in</strong> immerwähren<strong>der</strong> lebendiger Spiel des Universums ist“.Das me<strong>in</strong>t, dass <strong>in</strong> je<strong>der</strong> Monade das ganz Universum angelegt ist, dass <strong>in</strong> je<strong>der</strong> Monadesozusagen <strong>der</strong> Kontakt zum Universum da ist. Diese Vertiefung <strong>der</strong> prästabiliertenHarmonie - also: es gibt nicht nur e<strong>in</strong>e vore<strong>in</strong>gerichtete Harmonie zwischen den F<strong>in</strong>al- undWirkursachen - son<strong>der</strong>n <strong>in</strong> den Monaden spiegelt sich all das wi<strong>der</strong> - führt dann zu e<strong>in</strong>ereigenartigen „Geme<strong>in</strong>schaft“. Im Satz 84 heißt es: „Das befähigt <strong>die</strong> Geister (Esprits), e<strong>in</strong>eArt Geme<strong>in</strong>schaft mit Gott e<strong>in</strong>zugehen (das Universum spiegelt sich <strong>in</strong> den Monaden, <strong>die</strong>ohneh<strong>in</strong> nichts an<strong>der</strong>es s<strong>in</strong>d als Vorstellungen Gottes), dessen Verhältnis zu ihnen nichtnur das e<strong>in</strong>e Erf<strong>in</strong><strong>der</strong>s zu se<strong>in</strong>er Masch<strong>in</strong>e ist (wie es für Gott <strong>in</strong> Bezug auf <strong>die</strong> an<strong>der</strong>enGeschöpfe gilt), son<strong>der</strong>n auch das e<strong>in</strong>es Fürsten (pr<strong>in</strong>ce) zu se<strong>in</strong>en Untertanen (sujets)und sogar das e<strong>in</strong>es Vaters zu se<strong>in</strong>en K<strong>in</strong><strong>der</strong>n.“ Gott ist <strong>der</strong> Fürst und <strong>der</strong> Vater, nicht nur<strong>der</strong> Schöpfer. Er regiert das Reich <strong>der</strong> Wirkungen und das <strong>der</strong> Zwecke. Diese beidenReiche werden im Satz 87 als <strong>die</strong> beiden natürlichen Reiche bezeichnet, <strong>die</strong> eben <strong>in</strong> e<strong>in</strong>ervollkommenen Harmonie sich bef<strong>in</strong>den. Da ließe sich fragen, warum denn das Reich <strong>der</strong>Zwecke e<strong>in</strong> natürliches Reich ist? Was hat das Reich <strong>der</strong> Zwecke mit <strong>der</strong> Natur zu tun?Nun - man müsste eigentlich sagen, dass sich <strong>die</strong>se Zwecke ja eigentlich nicht <strong>in</strong> <strong>der</strong>Natur zeigen, bzw. dass sie <strong>in</strong> Wahrheit nicht dar<strong>in</strong> s<strong>in</strong>d. Das hatte ja Sp<strong>in</strong>oza ausführlichgezeigt. In <strong>der</strong> Natur lassen sich ke<strong>in</strong>e Zwecke aufzeigen. Die Natur ist wie sie ist. Nundenkt Leibniz hier aber wie<strong>der</strong> theologisch. Demnach ist <strong>die</strong> Natur e<strong>in</strong> Geschöpf Gottes,das auf e<strong>in</strong>e riesige F<strong>in</strong>alursache, nämlich auf <strong>die</strong> Apokalypse zugeht. Wer nun <strong>die</strong> Naturals Schöpfung versteht, <strong>der</strong> muss natürlich davon ausgehen, dass es hier Zwecke unde<strong>in</strong>en Zweck gibt. Das ist <strong>in</strong> <strong>der</strong> Tat Leibnizens Ansicht.Nun aber - wie gesagt - sagt Leibniz, dass es nicht nur <strong>in</strong> <strong>der</strong> Natur göttliche Zwecke undWirkursachen gibt, son<strong>der</strong>n es gebe noch e<strong>in</strong>e „an<strong>der</strong>e Harmonie“. Diese bestehe„zwischen dem physikalischen Reich <strong>der</strong> Natur und dem moralischen Reich <strong>der</strong> Gnade,d.h. zwischen Gott als dem Architekten <strong>der</strong> Masch<strong>in</strong>e des Universums und Gott als demMonarchen des göttlichen Staates <strong>der</strong> Geister“. Das ist e<strong>in</strong> Anzeichen des theologischenProgramms, das sich <strong>in</strong> <strong>der</strong> Monadologie entfaltet und das erst ganz am Ende <strong>die</strong>sesTextes immer klarer wird. Im Satz 90, dem letzten Satz des Ganzen, heißt es von <strong>der</strong>„Ordnung des Universums“, „dass sie alle Wünsche <strong>der</strong> Weisesten übersteigt und dass esunmöglich ist, sie besser zu machen, als sie ist, nicht nur h<strong>in</strong>sichtlich des Ganzen imallgeme<strong>in</strong>en, son<strong>der</strong>n auch für uns selbst im beson<strong>der</strong>en, wenn wir nur, wie es se<strong>in</strong> muß,dem Urheber von allem nicht nur als Architekt und als Wirkursache unseres Se<strong>in</strong>sverbunden s<strong>in</strong>d, son<strong>der</strong>n auch unserem Herrn und als F<strong>in</strong>alursache, <strong>der</strong> das ganz Zielunseres Willens ausmachen muß und alle<strong>in</strong> unser Glück bewirken kann“. Das ist <strong>der</strong>Schlusspunkt e<strong>in</strong>es metaphysischen Projekts, das eben auch als theologisches85
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Eine Sicht, die ich persönlich fav
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letzthinnigen Prüfung dessen, was
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auf die Staatsform als solche, auf
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See ,Land‘ rufen; Cartesius ist e
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Descartes natürlich nicht so. Bei
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Ich möchte bevor ich zu dem Aufbau
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als Grundsätze. Wieder geht es als
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Doch - der Zweifelsgang ist noch ni
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zwischen den beiden endlichen Subst
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und unrichtig halten - das ist eben
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Dritte VorlesungIn der letzten Woch
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Descartes, nicht so sehr täuschen,
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Es gibt einen bösen Geist, der mic
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für „subjektiv“ halten, das ha
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Im Folgenden beschäftigt sich Desc
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