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Einführung in die Philosophie der Neuzeit

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E<strong>in</strong>e Sicht, <strong>die</strong> ich persönlich favorisiere, <strong>die</strong> mit <strong>der</strong> Erf<strong>in</strong>dung des Buchdruckszusammenhängt, ist <strong>die</strong> Emanzipation <strong>der</strong> Naturwissenschaft zu e<strong>in</strong>em zwischen Theorieund Experiment sich entwickelndem Wissen. Was me<strong>in</strong>t das? Nehmen wir Aristoteles,<strong>die</strong>ser für das ganze Mittelalter wichtige Philosoph (nun könnte man schon sagen: ja aber,Platon war auch wichtig und Plot<strong>in</strong> etc. - jede Epoche ist vielfältiger als wir me<strong>in</strong>en).Aristoteles prägt e<strong>in</strong> gewisses Verständnis <strong>der</strong> θεωρία. Das Höchste, was <strong>der</strong> Philosophleisten kann, ist <strong>die</strong> Betrachtung des Göttlichen, das als das sich selber denkende Denkencharakterisiert wird. Das ist <strong>die</strong> Theorie - re<strong>in</strong>e Betrachtung des sich selber Denkens. Daskonnte sehr gut auf das Christentum übertragen werden. Der Philosoph des Mittelalters -nicht selten Mönch - betrachtet Gott und nichts an<strong>der</strong>es. Das neuzeitliche Verständnis <strong>der</strong>Theorie bezieht sich aber vor allem auf <strong>die</strong> Natur, wobei <strong>die</strong>se nun Gegenstand <strong>der</strong>Betrachtung wird. Da ist dann wichtig, dass jede Aussage über <strong>die</strong> Natur auf ihrenWahrheitsgehalt h<strong>in</strong> befragt wird. Nehmen wir das sogenannte geozentrische o<strong>der</strong>ptolemäische Weltbild, das für das ganze Mittelalter verb<strong>in</strong>dlich war. Claudius Ptolemäuslebte zwischen 100 und 160 nach Christi Geburt. Er war e<strong>in</strong> Mathematiker, <strong>der</strong> auf Grundvon bestimmten sehr groben Beobachtungen <strong>die</strong> Theorie aufstellte, wonach sich <strong>die</strong>Sonne wie auch an<strong>der</strong>e Planeten um <strong>die</strong> Erde bewegen. Dieses geozentrische Weltbildwurde durch Nicolaus Kopernikus (1473-1543) revolutioniert. Nicht <strong>die</strong> Erde bef<strong>in</strong>det sichim Mittelpunkt des Universums, son<strong>der</strong>n <strong>die</strong> Sonne. Doch Kopernikus hatte <strong>die</strong>se Theorie<strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Werk De revolutionibus orbium coelestium wie<strong>der</strong>um eben nur als e<strong>in</strong>emathematische Hypothese e<strong>in</strong>geführt. Damit konnte sich das Mittelalter, sprich: konntesich das Christentum und auch Rom durchaus arrangieren. Hier stand sozusagen e<strong>in</strong>eHypothese gegen das geozentrische Weltbild, nach dem <strong>die</strong> Erde das Zentrum desUniversums se<strong>in</strong> musste, weil es dem Willen Gottes entsprach. Das wurde aber <strong>in</strong> <strong>die</strong> Luftgesprengt, als e<strong>in</strong> gewisser Galileo Galilei (1564-1642) begann, <strong>die</strong> technischenInnovationen se<strong>in</strong>er Zeit, sprich: e<strong>in</strong> Teleskop (bzw. e<strong>in</strong> Mikroskop) <strong>in</strong> <strong>der</strong>Naturbetrachtung anzuwenden. Nun g<strong>in</strong>g es nicht mehr um Hypothesen, son<strong>der</strong>n um ihreVerifikation o<strong>der</strong> Falsifikation. Die Naturwissenschaft begann, experimentell gesichertesWissen zu for<strong>der</strong>n und e<strong>in</strong>zubr<strong>in</strong>gen. Das war e<strong>in</strong> ganz neues Verständnis von „Wissen“überhaupt. Auch <strong>die</strong> Philosophen des Mittelalters sprachen von e<strong>in</strong>em „Wissen“ und von<strong>der</strong> „Wahrheit“ - doch wie noch Aristoteles hätten sie nicht daran gedacht, dass nur das alswirkliches „Wissen“ gelten dürfe, was sich empirisch verifizieren ließe - e<strong>in</strong> Gedanke, <strong>der</strong>übrigens <strong>die</strong> <strong>Philosophie</strong> bis heute sehr wesentlich betrifft. Der Übergang vom Mittelalterzur <strong>Neuzeit</strong> hängt demnach u.a. auch mit <strong>der</strong> Bedeutung zusammen, <strong>die</strong> wir <strong>der</strong> Technikund dem naturwissenschaftlichen Begriff des „Wissens“ zuschreiben. Es leuchtet e<strong>in</strong>, dass<strong>die</strong>se Zuschreibung auch mit <strong>der</strong> Erf<strong>in</strong>dung des Buchdrucks zusammenhängt. Denn auch<strong>die</strong>se war ja nichts an<strong>der</strong>es als e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>novative Technologie.Noch e<strong>in</strong> Gedanke: wenn wir sagen können, <strong>die</strong> Technik ist an <strong>der</strong> Epochenschwelle vomMittelalter zur <strong>Neuzeit</strong> von entscheiden<strong>der</strong> Bedeutung, dann könnte dagegen e<strong>in</strong>gewendet3

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