als Geschichte erzählen - das gehört auch zur Natur. Daraus entspr<strong>in</strong>gt e<strong>in</strong>eIdentifizierung, <strong>die</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Philosophie</strong> e<strong>in</strong>e Revolution bedeutet hat: Deus sive natura - esgibt e<strong>in</strong>e Stelle im vierten Teil <strong>der</strong> Ethik, <strong>die</strong> lautet: „aeternum namque illud, & <strong>in</strong>f<strong>in</strong>itumEns, quod Deum, seu Naturam appellamus, eadem, qua existit, necessitate agit.“ „Jenesewige und endliche Seiende, das wir Gott o<strong>der</strong> Natur nennen, handelt vielmehr mit<strong>der</strong>selben Notwendigkeit, mit <strong>der</strong> es existiert.“ Gott ist als <strong>die</strong> e<strong>in</strong>e Substanz <strong>die</strong> Natur. Dasnennt man Pantheismus, notwendig aufgebaut auf e<strong>in</strong>em monistischen Denken.Ich werde nun noch <strong>die</strong> beiden letzten Def<strong>in</strong>itionen mit Ihnen durchsprechen, um dann zugewissen Konsequenzen <strong>die</strong>ses Denkens zu kommen, zu überraschendenKonsequenzen, <strong>die</strong> nachgerade e<strong>in</strong>en Skandal ausgelöst haben. Die siebente Def<strong>in</strong>itionlautet: „Frei heißt e<strong>in</strong> D<strong>in</strong>g, das nur aus <strong>der</strong> Notwendigkeit se<strong>in</strong>er eigenen Natur herausexistiert und nur durch sich selbst zum Handeln bestimmt (determ<strong>in</strong>atur) wird; notwendigo<strong>der</strong> vielmehr gezwungen heißt e<strong>in</strong> D<strong>in</strong>g, das von e<strong>in</strong>em an<strong>der</strong>en D<strong>in</strong>g bestimmt wird, aufgewisse und bestimmte Weise zu existieren und zu wirken.“ Hobbes hatte <strong>die</strong> Freiheit als<strong>die</strong> Möglichkeit aufgefasst, sich ungeh<strong>in</strong><strong>der</strong>t bewegen zu können. Freiheit istBewegungsfreiheit. Das kl<strong>in</strong>gt etwas reduziert, hat aber doch se<strong>in</strong>e eigene Stärke. Ichkann mich bewegen, wo und wie ich will. Nehmen wir das e<strong>in</strong>mal als e<strong>in</strong> Beispiel -vielleicht unabhängig davon, dass es von Hobbes stammt. Die Sp<strong>in</strong>ozanische Def<strong>in</strong>itionenthält <strong>die</strong>sen Gedanken von Hobbes, wenn sie sagt, dass <strong>der</strong> frei ist, <strong>der</strong> „nur durch sichselbst zum Handeln bestimmt“ wird. Ich möchte mich nun <strong>in</strong> <strong>die</strong>se Richtung bewegen undkann es. Ich kann den rechten Arm heben und kann es - ich b<strong>in</strong> frei. Doch - ist unsereBewegung im Raum wirklich nur „durch sich selbst bestimmt“? Bewegen wir uns im Raum,weil wir uns bewegen wollen? O<strong>der</strong> wollen wir uns bewegen, weil wir jenes o<strong>der</strong> <strong>die</strong>ses mit<strong>die</strong>ser Bewegung erreichen wollen? Vorläufig müssen wir wohl sagen: wir bewegen unsniemals e<strong>in</strong>fach nur, weil wir uns bewegen wollen, son<strong>der</strong>n weil wir mit unserer Bewegungetwas bezwecken wollen. Es gibt e<strong>in</strong>e Ursache für <strong>die</strong> Bewegung, <strong>die</strong> <strong>die</strong> Tradition seitAristoteles causa f<strong>in</strong>alis nennt. Es gibt e<strong>in</strong> Telos <strong>der</strong> Bewegung, e<strong>in</strong> Ziel o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>en Zweck.Die Voraussetzung e<strong>in</strong>er solchen Ursache br<strong>in</strong>gt es aber mit sich, dass <strong>der</strong> erste Teil <strong>der</strong>Def<strong>in</strong>ition dann aber bereits komplexer wird als sie vorher erschien. Wenn das frei ist, wasnur durch sich selbst zum Handeln determ<strong>in</strong>iert wird, dann wäre e<strong>in</strong> Handeln, das e<strong>in</strong>emZiel gilt, schon nicht mehr frei. Denn es hätte e<strong>in</strong>e Ursache, <strong>die</strong> nicht <strong>in</strong> sich selbst liegt.Beispiel: ich stu<strong>die</strong>re, um reich zu werden. Der versprochene Reichtum liegt mitnichten <strong>in</strong><strong>der</strong> Handlung des Stu<strong>die</strong>rens. Doch zur Def<strong>in</strong>ition <strong>der</strong> Freiheit gehört noch <strong>die</strong> erste Hälftedes Satzes, <strong>die</strong> ich bisher nicht bedacht habe: „Frei heißt e<strong>in</strong> D<strong>in</strong>g, das nur aus <strong>der</strong>Notwendigkeit se<strong>in</strong>er eigenen Natur heraus existiert.“ Was ist das für e<strong>in</strong> D<strong>in</strong>g? WelchesD<strong>in</strong>g existiert nur aus <strong>der</strong> Notwendigkeit se<strong>in</strong>er eigenen Natur? Existiere ich z.B.notwendig, weil ich <strong>der</strong> b<strong>in</strong>, <strong>der</strong> ich b<strong>in</strong>? Kann man sich ke<strong>in</strong>e Welt ohne PT vorstellen? Ist<strong>die</strong> Welt ohne PT unmöglich? Offenbar nicht. Es kann e<strong>in</strong>e Welt durchaus auch ohne mich58
geben - es wird e<strong>in</strong>e geben so, wie es e<strong>in</strong>e ohne mich gegeben hat. Nehmen wir <strong>die</strong>senTisch hier - existiert er notwendig, können wir uns <strong>die</strong> Welt nicht ohne ihn vorstellen? Icherspare uns <strong>die</strong> Antwort. Das e<strong>in</strong>zige D<strong>in</strong>g, das notwendig aus sich selbst heraus existiert,hatte Sp<strong>in</strong>oza bereits <strong>in</strong> <strong>der</strong> ersten Def<strong>in</strong>ition genannt: „Unter Ursache se<strong>in</strong>er selbstverstehe ich das, dessen Wesen <strong>die</strong> Existenz e<strong>in</strong>schließt, o<strong>der</strong> das, dessen Natur nur alsexistierend begriffen werden kann.“ Gott o<strong>der</strong> <strong>die</strong> e<strong>in</strong>e Substanz o<strong>der</strong> <strong>die</strong> Natur könnennur als existierend begriffen werden, weil ihre Essenz notwendig <strong>die</strong> Existenz enthält. Dasbedeutet dann <strong>in</strong> Bezug auf <strong>die</strong> Def<strong>in</strong>ition <strong>der</strong> Freiheit, dass nur Gott bzw. <strong>die</strong> e<strong>in</strong>eSubstanz bzw. <strong>die</strong> Natur aus sich selbst existieren und durch sich selbst determ<strong>in</strong>ierthandeln. Nur <strong>die</strong> causa sui ist frei.Die zweite Hälfte <strong>der</strong> Def<strong>in</strong>ition me<strong>in</strong>t schließlich: „notwendig o<strong>der</strong> vielmehr gezwungenheißt e<strong>in</strong> D<strong>in</strong>g, das von e<strong>in</strong>em an<strong>der</strong>en D<strong>in</strong>g bestimmt wird, auf gewisse und bestimmteWeise zu existieren und zu wirken.“ Bezogen auf unser Bewegungs-Beispiel müssen wirdemnach sagen, dass <strong>die</strong> Bewegung - <strong>in</strong>sofern sie z.B. e<strong>in</strong>en Zweck verfolgt - nicht freigenannt werden kann. Denn <strong>der</strong> Zweck ist sche<strong>in</strong>bar das an<strong>der</strong>e D<strong>in</strong>g, das unsereHandlung determ<strong>in</strong>iert. Was bedeutet das aber für uns, <strong>die</strong> wir nicht - wie <strong>die</strong> causa sui -notwendig existieren? Stellen wir <strong>die</strong>se Frage für e<strong>in</strong>en Moment zurück und nehmen wirnoch <strong>die</strong> achte und letzte Def<strong>in</strong>ition zur Kenntnis.Sie lautet: „Unter Ewigkeit verstehe ich <strong>die</strong> Existenz selbst, <strong>in</strong>sofern sie aus <strong>der</strong> bloßenDef<strong>in</strong>ition des ewigen D<strong>in</strong>ges als notwendig folgend begriffen wird.“ E<strong>in</strong>e seltsameDef<strong>in</strong>ition, könnte man sagen. Doch auch dar<strong>in</strong> bef<strong>in</strong>det sich metaphysisches Dynamit. Diecausa sui enthält notwendig <strong>in</strong> ihrem Wesen <strong>die</strong> Existenz. Diese Notwendigkeit wirdbegriffen, sie ist gleichsam vernünftig. Die Existenz, <strong>die</strong> aus <strong>die</strong>ser Notwendigkeit folgt, istnun nichts an<strong>der</strong>es als <strong>die</strong> Ewigkeit. Das me<strong>in</strong>t: Gott als causa sui existiert ewig. Nun gut:e<strong>in</strong>e recht gewöhnliche Auffassung: aber: Gott ist als <strong>die</strong> e<strong>in</strong>e Substanz ja, wie wir hörten,nichts an<strong>der</strong>es als <strong>die</strong> Natur selbst. Das bedeutet dann aber, dass <strong>die</strong> Natur ewig existiert.Das wie<strong>der</strong>um ist jedoch ungewöhnlich, denn für e<strong>in</strong> christliches Gottesverständnis gilt,dass Gott <strong>die</strong> Natur geschaffen hat. Das Geschaffene (ens creatum) ist aber nicht ewig.E<strong>in</strong>e nicht ewige Natur ist für Sp<strong>in</strong>oza aber undenkbar. Das hat <strong>die</strong> größtenKonsequenzen.Das waren <strong>die</strong> ersten acht Def<strong>in</strong>itionen <strong>der</strong> „Ethik“. Gehen wir zurück zur Def<strong>in</strong>ition <strong>der</strong>Freiheit. Frei ist e<strong>in</strong>zig <strong>die</strong> göttliche Substanz, alles an<strong>der</strong>e ist notwendig und gezwungen.Damit bestreitet Sp<strong>in</strong>oza ganz offen <strong>die</strong> Freiheit des Menschen. Das zeigt auch <strong>der</strong> 48.Lehrsatz des zweiten Teils <strong>der</strong> Ethik. Er lautet: „Es gibt im Geist (<strong>in</strong> mente) ke<strong>in</strong>enabsoluten o<strong>der</strong> freien Willen; son<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Geist wird <strong>die</strong>ses o<strong>der</strong> jenes zu wollen von e<strong>in</strong>erUrsache bestimmt, <strong>die</strong> auch wie<strong>der</strong> von e<strong>in</strong>er an<strong>der</strong>en bestimmt worden ist, und <strong>die</strong>sewie<strong>der</strong> von e<strong>in</strong>er an<strong>der</strong>en, und so fort <strong>in</strong>s Unendliche.“ Der freie Wille, sollte es e<strong>in</strong>en59
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Einführung in die Philosophie der
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Eine Sicht, die ich persönlich fav
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letzthinnigen Prüfung dessen, was
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