(ob Gott existiert und ob er e<strong>in</strong> Betrüger se<strong>in</strong> kann), glaube ich nicht, dass ich über irgendetwas an<strong>der</strong>es völlig gewiss se<strong>in</strong> kann.“Das ist es also, was ich vorh<strong>in</strong> me<strong>in</strong>te, als ich davon sprach, dass <strong>die</strong> Wahrheit beiDescartes von e<strong>in</strong>er klaren und deutlichen Erkenntnis abhängt, dass sie dar<strong>in</strong> besteht.Von Gewissheit, me<strong>in</strong>t Descartes, könne man erst sprechen, wenn <strong>die</strong> Existenz Gotteserwiesen ist. Das ist e<strong>in</strong> seltsamer Gedanken, <strong>der</strong> zunächst ke<strong>in</strong>eswegs e<strong>in</strong>leuchten will.Was kann damit geme<strong>in</strong>t se<strong>in</strong>? Das kann nur mit dem ontologischen Status <strong>der</strong> Satzes Ichdenke, also b<strong>in</strong> ich, zusammenhängen. Was me<strong>in</strong>t ontologischer Status? Ontologie ist <strong>die</strong>Lehre vom Se<strong>in</strong>. Die prima philosophia ist Metaphysik und als solche eben auchOntologie. Die Ontologie fragt: was ist das Seiende bzw. das Seiende als solches, was istdas höchste Seiende. D.h. <strong>in</strong> <strong>der</strong> Ontologie geht es um das, was ist, was - wenn Sie sowollen - existiert, was es überhaupt heißt, dass etwas existiert und dass etwas nichtexistiert.Gewissheit über das Seiende, über das Se<strong>in</strong> zu bekommen, hängt demnach bei Descartesdamit zusammen, zu wissen, dass Existenz geschieht, dass ich wirklich existiere. Sagtdass denn nicht <strong>der</strong> erste Satz: ich denke, also b<strong>in</strong> ich? Ich habe darauf h<strong>in</strong>gewiesen,dass <strong>die</strong>ser Satz gleichsam eher methodische Bedeutung h<strong>in</strong>sichtlich <strong>der</strong> Erkenntnis hat.Es geht um e<strong>in</strong>e absolut sichere Erkenntnis, <strong>die</strong> aber offenbar nicht auf <strong>die</strong> Existenz desErkannten angewiesen ist. Was soll das wie<strong>der</strong>um bedeuten? Sie sehen, Descartes istnicht ganz so e<strong>in</strong>fach, wie man manchmal me<strong>in</strong>en möchte. (Man hat relativ schnellgefragt, warum Descartes eigentlich <strong>die</strong> dritte Meditation, den Gottesbeweis noch braucht.Das soll aber nun klar werden.)Am Beg<strong>in</strong>n <strong>der</strong> dritten Meditation teilt Descartes se<strong>in</strong>e Gedanken <strong>in</strong> drei Klassen e<strong>in</strong>. Diee<strong>in</strong>en nennt er Vorstellungen (ideae - <strong>die</strong> stets auf e<strong>in</strong> Bild (imago) bezogen s<strong>in</strong>d), <strong>die</strong>nächsten Willensakte o<strong>der</strong> Affekte (voluntates sive affectus) und <strong>die</strong> dritten Urteile(iudicia). Nun sagt Descartes, dass <strong>die</strong> <strong>die</strong> beiden ersten Klassen eigentlich nichtverifizierbar s<strong>in</strong>d, will sagen, ich kann mir ja Alles vorstellen und ich kann Alles begehren -ich kann mir e<strong>in</strong> E<strong>in</strong>horn vorstellen o<strong>der</strong> Aphrodite begehren - das kann nicht wahr undnicht falsch se<strong>in</strong>. Wahr und falsch können <strong>die</strong> Vorstellungen erst werden, wenn ich sie aufetwas außer mir beziehe, wenn ich mich vom Denken weg <strong>in</strong> <strong>die</strong> Welt bewege, wenn ichme<strong>in</strong>e, dass ich e<strong>in</strong> E<strong>in</strong>horn wirklich gesehen habe, dass E<strong>in</strong>hörner wirklich existieren.Das ist Aufgabe des Urteils. Ich sage: das gibt es, das gibt es nicht. Jetzt ist es möglich,sich zu irren. Bliebe ich nur <strong>in</strong> me<strong>in</strong>en Gedanken, bliebe ich nur im Denken, könnte ichniemals irren.30
Im Folgenden beschäftigt sich Descartes mit dem Charakter <strong>der</strong> Vorstellungen. Woherstammen sie (<strong>die</strong> ich alle <strong>in</strong> mir vorf<strong>in</strong>de)? Er unterscheidet vorläufig drei Ursprünge: <strong>die</strong>e<strong>in</strong>en s<strong>in</strong>d angeboren (e<strong>in</strong>geboren), <strong>die</strong> zweiten erworben, <strong>die</strong> dritten von mir selbstgemacht. Was „D<strong>in</strong>g“ o<strong>der</strong> „Wahrheit“ o<strong>der</strong> „Denken“ heißt, sagt Descartes, das f<strong>in</strong>de ichoffenbar <strong>in</strong> me<strong>in</strong>er „Natur“, d.h. das habe ich nicht selbst gemacht, son<strong>der</strong>n ist mir alsMensch angeboren (das teilen alle Menschen); was e<strong>in</strong> Geräusch ist, was <strong>die</strong> Sonne istund Wärme, das weiß ich von „Außen“ her, d.h. e<strong>in</strong> Wissen davon habe ich erworben; wase<strong>in</strong> E<strong>in</strong>horn ist, das habe ich selbst ausgedacht.Ich habe also Vorstellungen. Doch - fragt Descartes implizit - können mir <strong>die</strong>seVorstellungen mit Gewissheit zeigen, sozusagen beweisen, dass <strong>die</strong> Welt, <strong>in</strong> <strong>der</strong> ichsche<strong>in</strong>bar existiere, selber existiert? Ich weiß zwar mit Gewissheit, dass ich denke, dassich e<strong>in</strong> denkendes D<strong>in</strong>g (res cogitans) b<strong>in</strong>, weiß ich aber dadurch, dass das Ganzeschlechth<strong>in</strong> existiert? - E<strong>in</strong>e seltsame Frage, könnte man sagen. Wie sollte denn dasmöglich se<strong>in</strong>, dass ich weiß, dass ich denkend existiere - als Denken - und dennochkönnte das Ganze, <strong>in</strong> dem ich b<strong>in</strong>, nicht se<strong>in</strong>? Zunächst e<strong>in</strong>mal: hat Descartes e<strong>in</strong>enAnlass, da überhaupt noch e<strong>in</strong>mal den Zweifel zu wie<strong>der</strong>holen, ihn noch e<strong>in</strong>mal spielen zulassen - wenn auch nicht explizit. Er gibt e<strong>in</strong> Beispiel, das für <strong>die</strong> <strong>Neuzeit</strong> sprechend: „Sof<strong>in</strong>de ich <strong>in</strong> mir zwei verschiedene Vorstellungen von <strong>der</strong> Sonne: Die e<strong>in</strong>e gleichsam ausden S<strong>in</strong>nen geschöpft, und <strong>die</strong>se mag am ehesten zu denen zu zählen se<strong>in</strong>, <strong>die</strong> ich fürerworben halte; sie läßt mir <strong>die</strong> Sonne sehr kle<strong>in</strong> ersche<strong>in</strong>en. Die an<strong>der</strong>e h<strong>in</strong>gegen denBerechnungen <strong>der</strong> Astronomie entnommen, d.h. gewissen mir angeborenen Begriffenabgewonnen (Mathematik) o<strong>der</strong> <strong>in</strong> irgend e<strong>in</strong>er an<strong>der</strong>en Weise von mir zustande gebracht;sie zeigt mir <strong>die</strong> Sonne e<strong>in</strong>igemale größer als <strong>die</strong> Erde. In <strong>der</strong> Tat, beide können nicht<strong>der</strong>selben außer mir existierenden Sonne ähnlich se<strong>in</strong>, und <strong>die</strong> Vernunft (ratio) überzeugtmich, daß ihr <strong>die</strong> am unähnlichsten ist, <strong>die</strong> ihr doch am unmittelbarsten entsprungen zuse<strong>in</strong> sche<strong>in</strong>t.“ Nämlich <strong>die</strong> aus den bloßen S<strong>in</strong>nen, aus den S<strong>in</strong>nen, <strong>die</strong> nicht auf <strong>die</strong>Mathematik sich begründen, <strong>die</strong> nicht <strong>die</strong> technischen Möglichkeiten <strong>der</strong> Mathematiknutzen: <strong>die</strong>se s<strong>in</strong>nliche Auffassung <strong>der</strong> Sonne ist falsch.Die Konsequenz, <strong>die</strong> Descartes aus solchen Überlegungen zieht, ist <strong>die</strong>, dass es ke<strong>in</strong>enzuverlässigen Grund, ke<strong>in</strong>e Gewissheit (ex certo aliquo iudicio) gibt, <strong>die</strong> darauf schließenlässt, es existiere e<strong>in</strong>e Welt außerhalb me<strong>in</strong>es Denkens. Sie sehen: es geht um <strong>die</strong> Fragenach <strong>der</strong> Gewissheit. Descartes könnte zwar sagen: schön und gut - ich habe da soVorstellungen, <strong>die</strong> ich wohl erworben habe, aber <strong>die</strong> können mir nicht mit Gewissheitbeweisen, dass sie auf e<strong>in</strong> Seiendes verweisen, das außerhalb me<strong>in</strong>er existiert. D.h. ichweiß noch nicht mit Gewissheit, ob es <strong>die</strong> Welt gibt, ob es Ausdehnung gibt, d.h. auch, obes mich als Körper gibt.31
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entwickeln. Ein Blinder kann sich k
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Für Hume steht aber zunächst etwa