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Einführung in die Philosophie der Neuzeit

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e<strong>in</strong> Ungeheuer, das von Gott kontrolliert wird? Am bekanntesten wahrsche<strong>in</strong>lich ist CarlSchmitts Buch „Der Leviathan <strong>in</strong> <strong>der</strong> Staatslehre des Thomas Hobbes. S<strong>in</strong>n undFehlschlag e<strong>in</strong>es politischen Symbols“ von 1938, e<strong>in</strong> Buch, das wie<strong>der</strong>um m<strong>in</strong>destens sorätselhaft ist wie Hobbes‘ Titelwahl.Ich lasse <strong>die</strong>ses Rätsel ungelöst und komme zur E<strong>in</strong>leitung <strong>in</strong> das Werk, <strong>in</strong> <strong>der</strong> es amBeg<strong>in</strong>n heißt: „Die Natur (<strong>die</strong> Kunstfertigkeit, vermittelst welcher Gott <strong>die</strong> Welt erschaffenhat und regiert), wird durch <strong>die</strong> Kunstfertigkeit (art) des Menschen, wie <strong>in</strong> vielen an<strong>der</strong>enD<strong>in</strong>gen, so auch hier<strong>in</strong> nachgeahmt, daß sie e<strong>in</strong> künstliches Tier erschaffen kann. Denn daja das Leben nur e<strong>in</strong>e Bewegung von Glie<strong>der</strong>n ist, <strong>der</strong>en Beg<strong>in</strong>n <strong>in</strong> irgende<strong>in</strong>em Hauptteilliegt, warum können wir dann nicht sagen, daß alle Automaten (Masch<strong>in</strong>en (eng<strong>in</strong>es), <strong>die</strong>sich durch Fe<strong>der</strong>n und Rä<strong>der</strong> bewegen, wie es e<strong>in</strong>e Uhr tut) e<strong>in</strong> künstliches Leben haben?Denn was ist das Herz an<strong>der</strong>es als e<strong>in</strong>e Fe<strong>der</strong>, was s<strong>in</strong>d <strong>die</strong> Nerven an<strong>der</strong>es als lauterStränge und <strong>die</strong> Gelenke an<strong>der</strong>es als lauter Rä<strong>der</strong>, <strong>die</strong> dem ganzen Körper Bewegungverleihen, wie es vom Konstrukteur beabsichtigt wurde? Die Kunstfertigkeit geht nochweiter, <strong>in</strong>dem sie jenes vernunftbegabte und höchst vortreffliche Werk <strong>der</strong> Natur, denMenschen, nachahmt. Denn durch Kunstfertigkeit wird jener große Leviathan,Geme<strong>in</strong>wesen o<strong>der</strong> Staat genannt (civitas), erschaffen, <strong>der</strong> nur e<strong>in</strong> künstlicher Mensch ist(wenn auch von größere Statur und Kraft als <strong>der</strong> natürliche Mensch, für dessen Schutzund Verteidigung er beabsichtigt wurde) und <strong>in</strong> dem <strong>die</strong> Souveränität e<strong>in</strong>e künstliche Seeleist“ etc. Ich bleibe zunächst e<strong>in</strong>mal hier und <strong>in</strong>terpretiere das Zitierte. Wir werden sehen,dass das mitunter zu Descartes führt - und zugleich von ihm weg.Was soll das, dass Hobbes hier vom artificial animal, vom artificial life, von eng<strong>in</strong>esspricht? Ist das e<strong>in</strong>e Metapher? Ne<strong>in</strong>. Ich hatte bereits ausgeführt, dass Descartes zweiSubstanzen unterscheidet: <strong>die</strong> res cogitans und <strong>die</strong> res extensa. Das ist <strong>die</strong>Unterscheidung zwischen Seele und Körper, zwischen Idee und Materie. Die Materie istfür Descartes a priori Ausdehnung. Sie besteht aus Korpuskeln, aus kle<strong>in</strong>en Teilchen, sieist also teilbar, wobei Descartes sich von den Atomisten unterscheidet, da es nach ihmke<strong>in</strong> Unteilbares kle<strong>in</strong>stes Teilchen gibt. Alles was ausgedehnt ist, ist weiter teilbar. Das isthier aber nicht wichtig. Wichtig ist vielmehr, dass <strong>die</strong> so ausgedehnte Natur o<strong>der</strong> Materievor dem H<strong>in</strong>tergrund <strong>der</strong> vorh<strong>in</strong> bereits erwähnten Auffassung <strong>der</strong> Kausalität re<strong>in</strong>mechanisch verstanden wird. Alles, was <strong>in</strong> <strong>der</strong> Natur geschieht, ist mechanischer Natur, istMechanismus. Mechanismus heißt dann zugleich auch: im Wesentlichen berechenbar. Ichzitierte bereits, dass Descartes den Menschen als „maître et possesseur de la nature“bezeichnet. Das kann er nur se<strong>in</strong>, weil <strong>die</strong> Natur e<strong>in</strong> berechenbarer Mechanismus ist.Hobbes schließt sich <strong>die</strong>ser Auffassung <strong>in</strong>sofern an, als er an<strong>der</strong>s als Descartes <strong>die</strong>an<strong>der</strong>e Substanz, <strong>die</strong> res cogitans, durchstreicht. Mit an<strong>der</strong>en Worten: für Hobbes gibt esnur Materie, Hobbes ist e<strong>in</strong> Materialist. Das Ganze des Seienden ist für Hobbes - Materie.Das bedeutet, dass es über <strong>die</strong> <strong>in</strong> sich mechanisch organisierte Natur h<strong>in</strong>aus gar nichts39

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