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Einführung in die Philosophie der Neuzeit

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auf <strong>die</strong> Staatsform als solche, auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en das Italienische mit dem Subjekt <strong>der</strong> Macht,dem Fürsten selbst. Freilich, man muss dabei sehr vorsichtig se<strong>in</strong>. So gab es im Mittelalterden sogenannten „Fürstenspiegel“, Ermahnungsschriften, <strong>die</strong> sich an konkrete Herrscherwendeten. Machiavellis Text steht <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er gewissen H<strong>in</strong>sicht <strong>in</strong> <strong>die</strong>ser Tradition. Dochse<strong>in</strong>e Radikalität <strong>der</strong> Ausschaltung des Christlichen bildet e<strong>in</strong>e unübersehbare Differenz zuihr.Die Frage ist nun, ob wir nicht auf Seiten <strong>der</strong> Religion e<strong>in</strong>e ähnliche Bewegung wie <strong>die</strong>f<strong>in</strong>den können, <strong>die</strong> wir <strong>in</strong> <strong>der</strong> Politischen <strong>Philosophie</strong> f<strong>in</strong>den. Verblieb <strong>die</strong> Religionsozusagen im Mittelalter o<strong>der</strong> hat sie sich durch e<strong>in</strong>e eigene Innovation demEpochenwechsel angepasst? Da gibt es nun tatsächlich e<strong>in</strong> Phänomen, das genanntwerden muss: <strong>die</strong> Reformation, Mart<strong>in</strong> Luthers tiefe Wirkung auf das Christentum.Natürlich kann ich Ihnen hier nicht e<strong>in</strong>en echten Überblick über <strong>die</strong> Geschichte <strong>der</strong>Reformation o<strong>der</strong> des Protestantismus geben - das kann ich auch gar nicht. Ich möchtemich nur auf e<strong>in</strong> allgeme<strong>in</strong> bekanntes Faktum beziehen. Bei Luther f<strong>in</strong>det sich e<strong>in</strong>eHerausstellung <strong>der</strong> vier Sola-Formulierungen. Den reformierten Christ gibt es solascriptura, sola Christus, sola gratia und sola fide, d.h. alle<strong>in</strong> auf <strong>der</strong> Grundlage <strong>der</strong> Schrift,auf Grund von Christus, auf Grund <strong>der</strong> Gnade und auf Grund des Glaubens. Was <strong>in</strong> <strong>die</strong>serAufzählung nicht vorkommt, ist <strong>die</strong> Kirche. Für das protestantische Christentum spielt <strong>die</strong>Kirche e<strong>in</strong>e untergeordnete Rolle. Das hat e<strong>in</strong>en tiefen E<strong>in</strong>schnitt <strong>in</strong> <strong>der</strong> Auffassung desVerhältnisses zwischen Gott und Mensch h<strong>in</strong>terlassen. Während <strong>die</strong> katholische Kirchedaran festhält, dass sie Stellvertreter ist und das <strong>die</strong> Geistlichen <strong>die</strong> Vermittler s<strong>in</strong>dzwischen Gott und Mensch, sieht <strong>der</strong> Protestantismus e<strong>in</strong>e Unmittelbarkeit, <strong>in</strong> <strong>der</strong> nunje<strong>der</strong> e<strong>in</strong>zelne Mensch sich im Verhältnis zu Gott bef<strong>in</strong>det. Das <strong>in</strong>tensiviert den Blick auf<strong>die</strong> Individualität des E<strong>in</strong>zelnen, auf se<strong>in</strong> e<strong>in</strong>zigartiges Gewissen, für das ke<strong>in</strong>e Institutionzuständig ist, das von ke<strong>in</strong>er Institution vertreten wird. Sie wissen vielleicht, dass MaxWeber <strong>die</strong> Entstehung des Kapitalismus <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Spielart des Protestantismus (1904), imCalv<strong>in</strong>ismus gesehen hat. Dabei spielt e<strong>in</strong>e spezifische Fassung des Verständnisses des„Berufes“ und <strong>der</strong> Identifikation mit ihr e<strong>in</strong>e Rolle. Ich unterlasse, das jetzt weiterauszuführen.Fassen wir e<strong>in</strong>mal alle Merkmale des Epochenwandels vom Mittelalter zur <strong>Neuzeit</strong>zusammen. Ich hatte von <strong>der</strong> Entdeckung Amerikas gesprochen, von <strong>der</strong> Erf<strong>in</strong>dung desBuchdrucks bzw. <strong>der</strong> umfassenden Entwicklung neuer Technologien, von ihrem E<strong>in</strong>schlagauf das Verständnis von Theorie, von Wissen schlechth<strong>in</strong>, vom e<strong>in</strong>em Wandel <strong>in</strong> <strong>der</strong>Auffassung <strong>der</strong> politischen Sphäre bzw. des politischen Subjekts sowie von e<strong>in</strong>em Wandelim Bereich <strong>der</strong> Religion selbst, d.h. im Protestantismus, <strong>in</strong> dem <strong>die</strong> Rolle <strong>der</strong> Kirchereduziert wird. Das ist <strong>die</strong> Landschaft, <strong>in</strong> <strong>der</strong> sich das Mittelalter <strong>in</strong> <strong>die</strong> <strong>Neuzeit</strong> wälzt, <strong>in</strong> <strong>der</strong>etwas zu Ende geht, anhält, um <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Neuzeit</strong> gewandelt neu zu ersche<strong>in</strong>en (o<strong>der</strong> - wie imFalle des Christentums - vielleicht ganz zu verschw<strong>in</strong>den - was allerd<strong>in</strong>gs e<strong>in</strong> langer7

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