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Einführung in die Philosophie der Neuzeit

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geben - es wird e<strong>in</strong>e geben so, wie es e<strong>in</strong>e ohne mich gegeben hat. Nehmen wir <strong>die</strong>senTisch hier - existiert er notwendig, können wir uns <strong>die</strong> Welt nicht ohne ihn vorstellen? Icherspare uns <strong>die</strong> Antwort. Das e<strong>in</strong>zige D<strong>in</strong>g, das notwendig aus sich selbst heraus existiert,hatte Sp<strong>in</strong>oza bereits <strong>in</strong> <strong>der</strong> ersten Def<strong>in</strong>ition genannt: „Unter Ursache se<strong>in</strong>er selbstverstehe ich das, dessen Wesen <strong>die</strong> Existenz e<strong>in</strong>schließt, o<strong>der</strong> das, dessen Natur nur alsexistierend begriffen werden kann.“ Gott o<strong>der</strong> <strong>die</strong> e<strong>in</strong>e Substanz o<strong>der</strong> <strong>die</strong> Natur könnennur als existierend begriffen werden, weil ihre Essenz notwendig <strong>die</strong> Existenz enthält. Dasbedeutet dann <strong>in</strong> Bezug auf <strong>die</strong> Def<strong>in</strong>ition <strong>der</strong> Freiheit, dass nur Gott bzw. <strong>die</strong> e<strong>in</strong>eSubstanz bzw. <strong>die</strong> Natur aus sich selbst existieren und durch sich selbst determ<strong>in</strong>ierthandeln. Nur <strong>die</strong> causa sui ist frei.Die zweite Hälfte <strong>der</strong> Def<strong>in</strong>ition me<strong>in</strong>t schließlich: „notwendig o<strong>der</strong> vielmehr gezwungenheißt e<strong>in</strong> D<strong>in</strong>g, das von e<strong>in</strong>em an<strong>der</strong>en D<strong>in</strong>g bestimmt wird, auf gewisse und bestimmteWeise zu existieren und zu wirken.“ Bezogen auf unser Bewegungs-Beispiel müssen wirdemnach sagen, dass <strong>die</strong> Bewegung - <strong>in</strong>sofern sie z.B. e<strong>in</strong>en Zweck verfolgt - nicht freigenannt werden kann. Denn <strong>der</strong> Zweck ist sche<strong>in</strong>bar das an<strong>der</strong>e D<strong>in</strong>g, das unsereHandlung determ<strong>in</strong>iert. Was bedeutet das aber für uns, <strong>die</strong> wir nicht - wie <strong>die</strong> causa sui -notwendig existieren? Stellen wir <strong>die</strong>se Frage für e<strong>in</strong>en Moment zurück und nehmen wirnoch <strong>die</strong> achte und letzte Def<strong>in</strong>ition zur Kenntnis.Sie lautet: „Unter Ewigkeit verstehe ich <strong>die</strong> Existenz selbst, <strong>in</strong>sofern sie aus <strong>der</strong> bloßenDef<strong>in</strong>ition des ewigen D<strong>in</strong>ges als notwendig folgend begriffen wird.“ E<strong>in</strong>e seltsameDef<strong>in</strong>ition, könnte man sagen. Doch auch dar<strong>in</strong> bef<strong>in</strong>det sich metaphysisches Dynamit. Diecausa sui enthält notwendig <strong>in</strong> ihrem Wesen <strong>die</strong> Existenz. Diese Notwendigkeit wirdbegriffen, sie ist gleichsam vernünftig. Die Existenz, <strong>die</strong> aus <strong>die</strong>ser Notwendigkeit folgt, istnun nichts an<strong>der</strong>es als <strong>die</strong> Ewigkeit. Das me<strong>in</strong>t: Gott als causa sui existiert ewig. Nun gut:e<strong>in</strong>e recht gewöhnliche Auffassung: aber: Gott ist als <strong>die</strong> e<strong>in</strong>e Substanz ja, wie wir hörten,nichts an<strong>der</strong>es als <strong>die</strong> Natur selbst. Das bedeutet dann aber, dass <strong>die</strong> Natur ewig existiert.Das wie<strong>der</strong>um ist jedoch ungewöhnlich, denn für e<strong>in</strong> christliches Gottesverständnis gilt,dass Gott <strong>die</strong> Natur geschaffen hat. Das Geschaffene (ens creatum) ist aber nicht ewig.E<strong>in</strong>e nicht ewige Natur ist für Sp<strong>in</strong>oza aber undenkbar. Das hat <strong>die</strong> größtenKonsequenzen.Das waren <strong>die</strong> ersten acht Def<strong>in</strong>itionen <strong>der</strong> „Ethik“. Gehen wir zurück zur Def<strong>in</strong>ition <strong>der</strong>Freiheit. Frei ist e<strong>in</strong>zig <strong>die</strong> göttliche Substanz, alles an<strong>der</strong>e ist notwendig und gezwungen.Damit bestreitet Sp<strong>in</strong>oza ganz offen <strong>die</strong> Freiheit des Menschen. Das zeigt auch <strong>der</strong> 48.Lehrsatz des zweiten Teils <strong>der</strong> Ethik. Er lautet: „Es gibt im Geist (<strong>in</strong> mente) ke<strong>in</strong>enabsoluten o<strong>der</strong> freien Willen; son<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Geist wird <strong>die</strong>ses o<strong>der</strong> jenes zu wollen von e<strong>in</strong>erUrsache bestimmt, <strong>die</strong> auch wie<strong>der</strong> von e<strong>in</strong>er an<strong>der</strong>en bestimmt worden ist, und <strong>die</strong>sewie<strong>der</strong> von e<strong>in</strong>er an<strong>der</strong>en, und so fort <strong>in</strong>s Unendliche.“ Der freie Wille, sollte es e<strong>in</strong>en59

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