s<strong>in</strong>d, dass ich e<strong>in</strong>en Vortrag halte, dass ist doch bestimmt wahr. Ne<strong>in</strong>, auch daran kannman zweifeln, denn wir träumen oft genug auf e<strong>in</strong>e solche Weise, dass wir wirklichme<strong>in</strong>en, dass Geträumte sei absolut real. Ja, zuweilen träumen wir sogar, dass wirträumen, so dass das Argument, wir könnten ja jetzt sagen, dass wir manchmal träumen,<strong>in</strong> Wahrheit ke<strong>in</strong>es ist.Wie kommt Descartes da heraus? (Das Thema ist ja sehr <strong>in</strong>teressant, kann jetzt aber nichtweiter durchgespielt werden.) Er sagt, dass es <strong>in</strong> Träumen doch allgeme<strong>in</strong>e Sachverhaltegibt, <strong>die</strong> davon unabhängig s<strong>in</strong>d, ob wir sie träumen - <strong>die</strong> also allgeme<strong>in</strong>e Geltungbeanspruchen können - ganz gleich, ob wir wachen o<strong>der</strong> träumen. Was s<strong>in</strong>d das fürallgeme<strong>in</strong>e Geltungen? Dass zu e<strong>in</strong>em Körper gehört so etwas wie Ausdehnung, Qualität,Quantität und Raum und Zeit - das, was <strong>die</strong> <strong>Philosophie</strong> seit Aristoteles Kategorien nennt.Ich sage: da ist e<strong>in</strong>e Frau. Es kann se<strong>in</strong>, dass ich das träume: doch <strong>die</strong> Kategorie <strong>der</strong>Quantität „e<strong>in</strong>s“, <strong>die</strong> gilt ganz gleich, ob ich träume o<strong>der</strong> schlafe.So sagt Descartes, dass <strong>die</strong> Arithmetik, <strong>die</strong> Geometrie und an<strong>der</strong>e Wissenschaften <strong>die</strong>serArt, <strong>die</strong> nur von den allere<strong>in</strong>fachsten und allgeme<strong>in</strong>sten Gegenständen handeln und sichwenig darum kümmern, ob <strong>die</strong>se <strong>in</strong> <strong>der</strong> Wirklichkeit vorhanden s<strong>in</strong>d o<strong>der</strong> nicht, etwas vonzweifelsfreier Gewissheit haben: 2+3= 5 - das gilt ganz gleich, ob ich schlafe o<strong>der</strong> wache.Es ist nicht unwichtig, dass also <strong>die</strong> Mathematik den Traume<strong>in</strong>wand auflöst. 2+3=5 istwahr, ob geträumt o<strong>der</strong> nicht. Ich könnte also doch sagen: hier haben wir das Fundament,das Descartes ja sucht. Der Traum kann gegen <strong>die</strong> Mathematik nicht an. E<strong>in</strong> Dreieck hatdrei Ecken - auch im Traum.Doch - <strong>der</strong> Zweifelsgang ist noch nicht zu Ende - denn es gibt e<strong>in</strong>e Möglichkeit, selbst an<strong>der</strong> Mathematik zu zweifeln.Descartes spricht von e<strong>in</strong>er „alten Überzeugung“ (vetus op<strong>in</strong>io). Diese besagt: dass ese<strong>in</strong>en Gott gibt und dass <strong>die</strong>ser Gott so, wie Descartes sei, ihn geschaffen habe. Diesealte Überzeugung hat bei Descartes - wie wir sehen werden - e<strong>in</strong>e große Bedeutung. Hierführt er noch nicht aus, was genau er damit me<strong>in</strong>t. Doch was er aus <strong>die</strong>ser Überzeugungherleitet, ist nun, dass er <strong>die</strong>sem Gott zutraut, er könne all das, von dem wir ausgehen,dass es existiert, f<strong>in</strong>gieren. Es ist nun also nicht mehr <strong>der</strong> Traum, <strong>der</strong> uns zweifeln lässt,ob wir alle hier <strong>in</strong> <strong>die</strong>sem Hörsaal s<strong>in</strong>d. Nach Descartes könnte Gott es so machen, dasswir glauben, wir seien hier - <strong>in</strong> Wirklichkeit ist aber alles nur Sche<strong>in</strong>. Noch mehr traut er<strong>die</strong>sem Gott zu - nämlich dass er uns nur vorgaukelt, 2+3=5. In Wahrheit könnte das dochgar nicht stimmen.Descartes macht sich sogleich e<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>wand: Gott sei doch das summum bonum, dashöchste Gute. Daher würde er doch bestimmt se<strong>in</strong> Geschöpf, also den denkenden24
Descartes, nicht so sehr täuschen, dass <strong>die</strong> ganze Schöpfung nur e<strong>in</strong>e Fiktion sei. Gewiss- doch wenn er schon so gut ist, warum täuschen wir uns dann überhaupt? Dass wir unszuweilen täuschen, ist aber gewiss. Das ist e<strong>in</strong> schwieriges Problem, wie wir gleich sehenwerden.Zunächst aber etwas zu <strong>die</strong>sem Gottesverständnis. In <strong>der</strong> dritten Meditation, auf <strong>die</strong> wirgleich e<strong>in</strong>gehen werden, heißt es: „Unter dem Namen ,Gott“ verstehe ich e<strong>in</strong>e Substanz,<strong>die</strong> unendlich, unabhängig, allwissend und allmächtig ist - und von <strong>der</strong> ich selbstgeschaffen b<strong>in</strong>.“ E<strong>in</strong>e sehr wichtige Bestimmung. Diese stammt sozusagen aus demMittelalter. Es war Wilhelm von Ockham (1288-1347), e<strong>in</strong> Franziskaner-Philosoph, <strong>der</strong> <strong>in</strong>se<strong>in</strong>em Denken ernst macht mit <strong>der</strong> Idee e<strong>in</strong>es omnipotenten Gottes, e<strong>in</strong>es Gottes also,<strong>der</strong> kraft <strong>der</strong> Allmacht e<strong>in</strong>e creatio ex nihilo, e<strong>in</strong>e Schöpfung aus dem Nichts vollziehenkonnte. Dieser Gott ist so allmächtig, dass er auch <strong>die</strong> mathematischen Gesetzegeschaffen hat. Hat er <strong>die</strong>se aber geschaffen, so kann er sie auch verän<strong>der</strong>n, d.h. erkönnte sozusagen <strong>die</strong> alten mathematischen Gesetze durch neue ersetzen. Dass hat erdoch Konsequenzen, denn was gilt uns als gewisser, dass 1+1=2 ist? Deshalb sagtDescartes auch: „Freilich möchte es wohl manche geben, <strong>die</strong> lieber leugnen würden, dasse<strong>in</strong> so mächtiger Gott überhaupt existiert, als dass sie an <strong>die</strong> Ungewissheit aller an<strong>der</strong>enD<strong>in</strong>ge glaubten“. Will sagen: Lieber haben wir e<strong>in</strong>e an<strong>der</strong>e Idee von Gott, nämlich z.B.dass er nicht allmächtig ist, als dass wir akzeptieren könnten, selbst <strong>die</strong> Mathematik seiungewiss. (Gottesidee des „Voluntarismus“.) Descartes aber hat <strong>die</strong>se Idee von Gott,nämlich <strong>die</strong> <strong>der</strong> Allmacht. Doch - er sche<strong>in</strong>t zunächst <strong>die</strong> Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzung abzuwiegelnund sagt nur: mit denen, <strong>die</strong> also e<strong>in</strong>e an<strong>der</strong>e Vorstellung von Gott haben, wolle er nichtstreiten.Was für ihn aber übrig bleibt aus <strong>der</strong> Untersuchung, das ist <strong>die</strong> Gewissheit, dass er sichtäuschen kann, dass er also e<strong>in</strong> unvollkommenes, endliches Wesen ist. Nun könnte manzwar wie<strong>der</strong> zu den alten Me<strong>in</strong>ungen und Überzeugungen zurückkehren, doch Descarteswill bei se<strong>in</strong>em Zweifel bleiben. Ausdrücklich wird dabei festgestellt, dass das auch garnicht so gefährlich sei, weil es ja nicht ums Handeln (um <strong>die</strong> Praxis), son<strong>der</strong>n um dasErkennen (<strong>die</strong> Theorie) geht. (Es ist e<strong>in</strong> Gedanke des Descartes, dass das Wichtigste fürden Menschen das Handeln, <strong>die</strong> Praxis ist - nicht <strong>die</strong> Theorie.)Damit kehrt er zu se<strong>in</strong>em Gottesargument zurück, wobei er - se<strong>in</strong>er christlichenÜberzeugung entsprechend - Gott nun durch e<strong>in</strong>en genius malignus, e<strong>in</strong>en bösen Geist,ersetzt. Es könnte ja so se<strong>in</strong>en bösen Geist geben, <strong>der</strong> uns <strong>in</strong> allem re<strong>in</strong>legt, sogar <strong>in</strong>Bezug auf <strong>die</strong> mathematischen Gesetze re<strong>in</strong>legt. Es könnte doch se<strong>in</strong>, dass alles e<strong>in</strong>egeschaffene Fiktion ist. Das bedeutet dann aber, dass es zunächst e<strong>in</strong>mal nichts gibt,woran ich mich noch halten könnte. Alles ist nun ungewiss, alles ist unwahr.25
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demnach in der Materie das Denken,
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entwickeln. Ein Blinder kann sich k
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Für Hume steht aber zunächst etwa