zu philosophieren, so muß man zuerst Sp<strong>in</strong>ozist se<strong>in</strong>.“ kann nachgerade wörtlich auf <strong>die</strong>gerade genannten drei bezogen werden. In ihrer Jugend waren sie alle Sp<strong>in</strong>ozisten.Kommen wir abschließend noch e<strong>in</strong>mal auf Sp<strong>in</strong>oza selbst zurück. Es gibt ke<strong>in</strong>e Freiheit <strong>in</strong><strong>der</strong> göttlichen Substanz - außer eben dass <strong>die</strong>se ihrer eigenen Notwendigkeit unterliegtund <strong>in</strong>sofern als frei bezeichnet werden kann. Was kann dann aber <strong>der</strong> Mensch tun? Ist esnicht e<strong>in</strong>e schreckliche Missachtung des Menschen, ihn im Pr<strong>in</strong>zip auf <strong>die</strong> D<strong>in</strong>glichkeite<strong>in</strong>er Qualle zu reduzieren? Auch e<strong>in</strong>e Qualle bewegt sich ihrer Determ<strong>in</strong>ation gemäßgenauso wie <strong>der</strong> Mensch.Wer über <strong>die</strong>ses Problem etwas bei Sp<strong>in</strong>oza erfahren will, muss den fünften Teil über <strong>die</strong>menschliche Freiheit lesen. Nicht dass er hier etwa dann doch irgende<strong>in</strong>e bisherverschwiegene Freiheit vorstellt. Aber er nennt doch e<strong>in</strong>en Weg, den wir beschreitenkönnen, um uns von <strong>der</strong> Qualle zu unterscheiden - bzw. wir unterscheiden uns immerschon von den Quallen. Die Propositio 24 des fünften Teils lautet: „Je mehr wir <strong>die</strong>E<strong>in</strong>zeld<strong>in</strong>ge erkennen, um so mehr erkennen wir Gott.“ Wir können Gott erkennen, weil wir- an<strong>der</strong>s als <strong>die</strong> Tiere - über e<strong>in</strong>en Verstand verfügen, <strong>der</strong> es uns ermöglicht, <strong>die</strong> Welt bzw.<strong>die</strong> Natur zu erforschen. Die Qualle ist <strong>in</strong> <strong>die</strong>ser H<strong>in</strong>sicht e<strong>in</strong> schönes Beispiel. Sie kannnämlich nicht sich selbst o<strong>der</strong> uns erkennen. Wir können aber sie (und uns) erkennen.Und <strong>in</strong> ihr zeigt sich e<strong>in</strong>e Vollkommenheit, <strong>die</strong> nur von e<strong>in</strong>em liebenden Gott stammenkann.Und <strong>in</strong> <strong>der</strong> Tat ist das Vermögen, das uns <strong>die</strong> Natur bzw. Gott erkennen lässt, für Sp<strong>in</strong>ozanicht mehr bloß e<strong>in</strong>e technische Anwendung. Sp<strong>in</strong>oza unterscheidet im 40. Lehrsatz deszweiten Teils <strong>der</strong> Ethik (<strong>in</strong> <strong>der</strong> 2. Anmerkung), drei Gattungen <strong>der</strong> Erkenntnis. Die erstenennt Sp<strong>in</strong>oza Me<strong>in</strong>ung o<strong>der</strong> Phantasievorstellung. Die zweite besteht dar<strong>in</strong>, dass wirAllgeme<strong>in</strong>begriffe mit adäquaten Ideen von Gegenständen verb<strong>in</strong>den können. Ich habeden Allgeme<strong>in</strong>begriff Vogel, den ich mit e<strong>in</strong>er adäquaten Idee des Vogels verb<strong>in</strong>den kann.Das nennt Sp<strong>in</strong>oza ratio, Vernunfterkenntnis. Die dritte Form <strong>der</strong> Erkenntnis aber heißt<strong>in</strong>tuitio, Intuition. Ich will das nicht weiter ausführen, ich will aber nur betonen, dassSp<strong>in</strong>ozas Gottes-Erkenntnis nicht mehr im bloßen Rechnen besteht.Vielmehr spricht er von e<strong>in</strong>em spezifischen Affekt und zwar <strong>der</strong> Liebe. Es gibt e<strong>in</strong>en armorDei <strong>in</strong>tellectualis, e<strong>in</strong>e verstandesmäßige Liebe Gottes, an <strong>der</strong> wir - ihn erkennend -teilhaben können. Wir lieben, <strong>in</strong>dem wir erkennen. Das ist vielleicht ke<strong>in</strong>e Freiheit, abermöglicherweise mehr als das. Jacobi berichtet von e<strong>in</strong>em Gespräch mit Less<strong>in</strong>g, wiegesagt, <strong>die</strong>sem großen Dichter. Dar<strong>in</strong> geht es um Sp<strong>in</strong>oza und se<strong>in</strong>em Gedanken, dasswir nicht frei seien. Less<strong>in</strong>g soll da gesagt haben: „Ich merke, Sie hätten gern Ihren Willenfrei. Ich begehre ke<strong>in</strong>en freien Willen.“ Für Less<strong>in</strong>g war Sp<strong>in</strong>ozas Denken das Beste, zudem wir kommen können.66
Siebente Vorlesung„Verflucht sei er bei Tag, und verflucht sei er bei Nacht. Verflucht sei er, wenn er sichh<strong>in</strong>legt, und verflucht sei er, wenn er aufsteht. Der Herr möge se<strong>in</strong>en Namen unter demHimmel tilgen“, lautet Sp<strong>in</strong>ozas Verfluchung, ausgesprochen von <strong>der</strong> AmsterdamerSynagoge im Jahre 1656. Natürlich wurde <strong>die</strong>ser Fluch ohne Kenntnis <strong>der</strong> noch nichtverfassten „Ethik“ ausgesprochen. Sp<strong>in</strong>oza sche<strong>in</strong>t demnach schon früh se<strong>in</strong>enfreis<strong>in</strong>nigen Charakter angedeutet zu haben. Er war e<strong>in</strong> Unzeitgemäßer, dessen Denkendann später - vor allem im sogenannten Deutschen Idealismus - Karriere gemacht hat.Ungewöhnlich, dass er e<strong>in</strong>e Substanz dachte, dass er sie mit Gott identifizierte, dassdadurch e<strong>in</strong>e Identität von Gott und Natur entsteht, e<strong>in</strong>e <strong>Philosophie</strong> des Pan-theismus,dass er <strong>die</strong>ses Denken ganz mit <strong>der</strong> Methode des mos geometricus ausführte, dass er <strong>die</strong>Kausalität so streng dachte, dass nur noch <strong>die</strong> Substanz selbst frei war, aber nichts mehr<strong>in</strong> ihr - also dass <strong>der</strong> Mensch wie <strong>die</strong> Natur e<strong>in</strong>er totalen Determ<strong>in</strong>ation unterliegen -, dasser aber dennoch dachte, dass <strong>der</strong> Mensch se<strong>in</strong> Glück f<strong>in</strong>den konnte und zwar im amor Dei<strong>in</strong>tellectualis, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Erkenntnis <strong>der</strong> Substanz, d.h. e<strong>in</strong>er Erkenntnis Gottes, <strong>die</strong> <strong>in</strong>tuitivund nicht rational vollzogen wurde - das und noch mehr hat immer wie<strong>der</strong> späterePhilosophen angezogen (Schopenhauer - <strong>der</strong> Monismus des Willens, das hat Sch. selbstnicht so gesehen, er hat Sp<strong>in</strong>oza wegen se<strong>in</strong>er Überw<strong>in</strong>dung Descartes‘ geschätzt).Heute kommen wir zu e<strong>in</strong>em an<strong>der</strong>en Philosophen, zu Gottfried Wilhelm Leibniz, geboren1646 <strong>in</strong> Leipzig, gestorben 1716 <strong>in</strong> Hannover. Sp<strong>in</strong>oza wurde 1632 geboren, d.h. Leibnizund Sp<strong>in</strong>oza teilen <strong>die</strong>selbe Generation. Leibniz war nicht nur Philosoph, son<strong>der</strong>n, wie wirheute sagen, Universalgelehrter. Bekannt ist z.B., dass er zu den Erf<strong>in</strong><strong>der</strong>n <strong>der</strong>Infenitesimalrechnung gehört. Was ist das? E<strong>in</strong>e mathematische Technik <strong>der</strong> Analysis(o<strong>der</strong> Nichtstandardanalysis), mit Integralen und Differentialen zu rechnen. Es geht um <strong>die</strong>mathematische Erfassung unendlich kle<strong>in</strong>er Intervalle. Wie auch immer: Leibniz stritt sich<strong>in</strong> se<strong>in</strong>en letzten Lebensjahren mit ke<strong>in</strong>em ger<strong>in</strong>geren als Issac Newton, wer denn nun <strong>die</strong>Infenitesimalrechnung gefunden hatte. (Newton wahrsche<strong>in</strong>lich früher, aber er hatte späterdarüber veröffentlicht - welch e<strong>in</strong> dämlicher Streit). Leibniz war auch e<strong>in</strong> Erf<strong>in</strong><strong>der</strong>, er erfande<strong>in</strong>e Rechenmasch<strong>in</strong>e o<strong>der</strong> Masch<strong>in</strong>en zur W<strong>in</strong>dnutzung bei <strong>der</strong> Grubenentwässerung imOberharzer Bergbau. Es gibt von ihm Pläne für e<strong>in</strong> U-Boot. Ich hatte schon daraufh<strong>in</strong>gewiesen, dass er <strong>die</strong> Mathematik bereitstellte, mit <strong>der</strong> man das Pr<strong>in</strong>zip <strong>der</strong>Lebensversicherung entwickeln konnte. Wenn wir das alles <strong>in</strong> Betracht ziehen, ist Leibnizvielleicht <strong>der</strong> Denker <strong>der</strong> <strong>Neuzeit</strong> - denn er verb<strong>in</strong>det metaphysische Absichten se<strong>in</strong>er<strong>Philosophie</strong> mit ganz handfesten technischen Anwendungen.Lassen Sie mich e<strong>in</strong> wenig dabei bleiben. Was treibt e<strong>in</strong>en Philosophen an, Pläne für e<strong>in</strong>Unterseeboot zu entwickeln? O<strong>der</strong> was treibt e<strong>in</strong>en Unterseebootentwickler dazu, zu67
- Seite 1 und 2:
Einführung in die Philosophie der
- Seite 3 und 4:
Eine Sicht, die ich persönlich fav
- Seite 5 und 6:
letzthinnigen Prüfung dessen, was
- Seite 7 und 8:
auf die Staatsform als solche, auf
- Seite 9 und 10:
See ,Land‘ rufen; Cartesius ist e
- Seite 11 und 12:
Descartes natürlich nicht so. Bei
- Seite 13 und 14:
Ich möchte bevor ich zu dem Aufbau
- Seite 15 und 16: als Grundsätze. Wieder geht es als
- Seite 17 und 18: Doch - der Zweifelsgang ist noch ni
- Seite 19 und 20: zwischen den beiden endlichen Subst
- Seite 21 und 22: und unrichtig halten - das ist eben
- Seite 23 und 24: Dritte VorlesungIn der letzten Woch
- Seite 25 und 26: Descartes, nicht so sehr täuschen,
- Seite 27 und 28: Es gibt einen bösen Geist, der mic
- Seite 29 und 30: für „subjektiv“ halten, das ha
- Seite 31 und 32: Im Folgenden beschäftigt sich Desc
- Seite 33 und 34: In Bezug auf die Kausalität führt
- Seite 35 und 36: Vierte VorlesungAm Beginn dieser Vo
- Seite 37 und 38: Methode bezeichnet, für die die Ma
- Seite 39 und 40: ein Ungeheuer, das von Gott kontrol
- Seite 41 und 42: sage Kennzeichnen, wenn wir für un
- Seite 43 und 44: Aus dieser Situation entsteht eine
- Seite 45 und 46: ei Machiavelli - in der Staatsgrün
- Seite 47 und 48: Ich habe dabei zunächst darauf hin
- Seite 49 und 50: Naturgesetze kennenzulernen, sonder
- Seite 51 und 52: die Abwesenheit von Krieg (wie Hobb
- Seite 53 und 54: Deo. Sie lautet: „1. Per causam s
- Seite 55 und 56: finden ist. Wir werden sehen, dass
- Seite 57 und 58: Sechste VorlesungHegel schreibt üb
- Seite 59 und 60: geben - es wird eine geben so, wie
- Seite 61 und 62: Damit ist gemeint, dass wir uns not
- Seite 63 und 64: Erkenntnis zugänglich ist, keine Z
- Seite 65: glauben, er könnte das auch noch a
- Seite 69 und 70: Also die „Monadologie“. Da ist
- Seite 71 und 72: umstellen noch sich eine innere Bew
- Seite 73 und 74: Das Seltsame ist ein wenig, dass Le
- Seite 75 und 76: eginnt: „Das Gedächtnis liefert
- Seite 77 und 78: offenbar auch kein Fenster haben ka
- Seite 79 und 80: Die Kritik an den Cartesianern ist
- Seite 81 und 82: Die Differenz zum Tier ist also nic
- Seite 83 und 84: Mathematik, was wenig überzeugt (d
- Seite 85 und 86: Böse möglich, wenn doch Gott notw
- Seite 87 und 88: Hegel schreibt in seiner Vorrede zu
- Seite 89 und 90: Körper keinen Unterschied zu geben
- Seite 91 und 92: Gegenstand nähern will. Das ist fr
- Seite 93 und 94: demnach in der Materie das Denken,
- Seite 95 und 96: den dogmatischen Schlummer unterbra
- Seite 97 und 98: entwickeln. Ein Blinder kann sich k
- Seite 99 und 100: Für Hume steht aber zunächst etwa