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Einführung in die Philosophie der Neuzeit

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Die Differenz zum Tier ist also nicht <strong>die</strong> Seele, son<strong>der</strong>n <strong>die</strong> vernünftige Seele bzw. <strong>der</strong>Seelenteil, <strong>der</strong> <strong>die</strong> Vernunft ist. Die Vernunft nun muss sich organisieren. Wie tut sie das?Sie stützt sich, sagt Leibniz, auf zwei großen Pr<strong>in</strong>zipien (grands pr<strong>in</strong>cipes). Das erstesolche große Pr<strong>in</strong>zip ist <strong>der</strong> Satz vom Wi<strong>der</strong>spruch, <strong>der</strong> e<strong>in</strong>erseits den Wi<strong>der</strong>spruchausschließt, an<strong>der</strong>erseits sagt, dass das wahr ist, was zum Falschen im Wi<strong>der</strong>spruchsteht. Der Satz: <strong>die</strong> Maus ist e<strong>in</strong>e Katze ist falsch, weil er e<strong>in</strong>en Wi<strong>der</strong>spruch enthält. DieMaus ist grau, das kann man <strong>in</strong> negative Urteile überführen: <strong>die</strong> Maus ist nicht rot. DieserSatz ist wahr, weil er dem Falschen, <strong>die</strong> Maus ist rot, wi<strong>der</strong>spricht.Das zweite große Pr<strong>in</strong>zip ist nun <strong>der</strong> Satz vom zureichenden Grunde, kraft dessen, wie esim Satz 32 heißt, „wir erwägen, daß ke<strong>in</strong>e Tatsache als wahr o<strong>der</strong> existierend gelten kannund ke<strong>in</strong>e Aussage als richtig, ohne daß es e<strong>in</strong>en zureichenden Grund dafür gibt, daß esso und nicht an<strong>der</strong>s ist, obwohl uns <strong>die</strong>se Gründe meistens nicht bekannt se<strong>in</strong> mögen“.Was me<strong>in</strong>t das? Was ist e<strong>in</strong> zureichen<strong>der</strong> Grund? Das ist gar nicht so e<strong>in</strong>fach zu sagen.Wenn es regnet, so wissen wir heute, dass nicht <strong>die</strong> Götter es regnen lassen (was ja auche<strong>in</strong> Grund se<strong>in</strong> kann), son<strong>der</strong>n dass es hier um e<strong>in</strong> physikalisches Phänomen geht, mitdem wir erklären können, dass es <strong>die</strong>se und jene Ursachen gibt für den Regen. Das giltnun für - sagen wir - Alles <strong>in</strong> <strong>der</strong> Welt.Nun muss aber noch besser verstanden werden, was zureichend heißt. Natürlich gibt esz.B. für me<strong>in</strong> Leben e<strong>in</strong>en notwendigen Grund - sagen wir, dass ich e<strong>in</strong>en Körper habe,<strong>der</strong> noch von e<strong>in</strong>em Herzschlag bewegt wird. Doch das ist nicht <strong>der</strong> zureichende Grund,<strong>der</strong> erklären kann, warum genau ich lebe (vorausgesetzt, das ist überhaupt möglich, wasaber Leibniz behauptet - ohne dass es notwendig faktisch se<strong>in</strong> muss, denn er sagt ja,dass wir <strong>die</strong> Gründe meistens nicht kennen). Solch e<strong>in</strong> zureichen<strong>der</strong> Grund könnte schonse<strong>in</strong>, dass man sagt, dass es da e<strong>in</strong> Mann und e<strong>in</strong>e Frau gab, <strong>die</strong> mich gezeugt haben(das kann man jetzt unendlich verfe<strong>in</strong>ern).Bei <strong>die</strong>sem Beispiel b<strong>in</strong> ich allerd<strong>in</strong>gs nun schon etwas vorgeprescht. Das zeigt <strong>der</strong>nächste Satz 33: „Es gibt auch zwei Arten von Wahrheiten, <strong>die</strong> des Vernunftgebrauchs und<strong>die</strong> <strong>der</strong> Tatsachen. Die Wahrheiten des Vernunftgebrauchs s<strong>in</strong>d notwendig und ihrGegenteil unmöglich.“ Das kann man auf den Satz des Wi<strong>der</strong>spruchs o<strong>der</strong> deszureichenden Grundes selbst beziehen. Was <strong>die</strong>se beiden großen Pr<strong>in</strong>zipien sagen, istnotwendig war. Dasselbe könnte man von Gottes Existenz sagen. Dass es Gott gibt, istnotwendig war, weil sich das Gegenteil nicht denken lässt. Denn nach Leibniz ist Gott dasens necessarium - erster und letzter Grund von Allem. Er muss existieren, weil sonst nochnicht e<strong>in</strong>mal <strong>die</strong> ewigen Wahrheiten existieren könnten, abgesehen von <strong>der</strong> Welt und d.h.den Monaden selbst. Dass <strong>der</strong> Satz für <strong>die</strong>se notwendigen Vernunftwahrheiten gilt, ist klar.81

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