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Einführung in die Philosophie der Neuzeit

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demnach <strong>in</strong> <strong>der</strong> Materie das Denken, ohne allerd<strong>in</strong>gs dass La Mettrie schon <strong>in</strong> <strong>der</strong> Lagewäre, zu sagen, wie das möglich se<strong>in</strong> könnte. Was er allerd<strong>in</strong>gs bei <strong>der</strong> Beantwortung <strong>der</strong>Frage, wie das Denken genau aus <strong>der</strong> Materie stammen könnte, entschieden ausschließt,das ist <strong>die</strong> Hilfe e<strong>in</strong>er übers<strong>in</strong>nlichen Instanz.Der Geisteshaltung La Mettries gemäß hat er ebensowenig im S<strong>in</strong>n, sich anirgendwelchen Spekulationen über das Immaterielle wie auch über <strong>die</strong> Materie selbst zubeteiligen, obwohl er sich selbst als „Materialisten“ (137) kennzeichnet. „Im übrigen“, sagter, sei es „für unsere Ruhe gleichgültig, ob <strong>die</strong> Materie ewig o<strong>der</strong> ob sie geschaffenworden“ sei, „ob es e<strong>in</strong>en Gott gibt o<strong>der</strong> ke<strong>in</strong>en gibt“. Und er fügt h<strong>in</strong>zu: „WelcheVerrücktheit, sich damit abzuquälen, was man unmöglich erkennen kann und was unsnicht glücklicher machen würde, würden wir es bewerkstelligen.“ (87) Damit kommt etwas<strong>in</strong>s Spiel, das nun <strong>die</strong> <strong>Philosophie</strong> immer mehr auszeichnen wird. Der Status <strong>der</strong>Metaphysik selbst gerät <strong>in</strong> den Blick. Soll und kann <strong>die</strong> <strong>Philosophie</strong> überhaupt Metaphysikse<strong>in</strong>, wenn sie notwendig mit unbeantwortbaren Fragen zusammenhängt? Wir werden dasgleich noch bei David Hume sehen.Der mo<strong>der</strong>ne Materialismus fragt nicht mehr nach e<strong>in</strong>er Materia prima, er fragt auch nichtmehr nach dem Unterschied zwischen materia und forma, er glaubt auch erst Recht nichtmehr an Formen, <strong>die</strong> unabhängig von <strong>der</strong> Materie bestehen. Alles ist Materie <strong>in</strong> demS<strong>in</strong>ne, dass alles Natur ist o<strong>der</strong> besser, dass <strong>die</strong> Natur e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>heit bildet, <strong>in</strong> <strong>der</strong> es ke<strong>in</strong>enRaum für das Übernatürliche gibt.Der Angriff auf das metaphysische Fragen als solches macht aus La Mettrie ke<strong>in</strong>eswegse<strong>in</strong>en Unmenschen, <strong>der</strong> womöglich <strong>die</strong> re<strong>in</strong>e Wollust zum Pr<strong>in</strong>zip des Lebens erklärenwürde. Das ist e<strong>in</strong> typisches Zerrbild des Anti-Metaphysikers bis heute. An e<strong>in</strong>er Stelleheißt es: „Da schließlich <strong>der</strong> Materialist (also er selbst) - was immer ihm se<strong>in</strong>e eigeneEitelkeit e<strong>in</strong>flüstert - überzeugt ist, daß er nur e<strong>in</strong>e Masch<strong>in</strong>e o<strong>der</strong> e<strong>in</strong> Tier ist, wird erse<strong>in</strong>esgleichen bestimmt nicht schlecht behandeln; denn über <strong>die</strong> Natur <strong>die</strong>serHandlungen ist er zu gut unterrichtet und, dem Naturgesetz folgend, das allen Lebewesengegeben ist, will er - kurz gesagt - ke<strong>in</strong>em das antun, was er nicht will, daß man es ihmantut.“ (137) Das ist <strong>die</strong> regula aurea, <strong>die</strong> goldene Regel, <strong>die</strong> es <strong>in</strong> be<strong>in</strong>ahe allen Kulturengibt. Sie ist <strong>der</strong> Grund je<strong>der</strong> Ethik. Kant hat sie natürlich enorm übertroffen mit se<strong>in</strong>emKategorischen Imperativ.Die Stimmung <strong>der</strong> <strong>Philosophie</strong> La Mettries ist jedenfalls heiter, ich würde sagen,epikuräisch heiter. Diesbezüglich kann man mit <strong>die</strong>sem Zitat enden: „Ne<strong>in</strong>, <strong>die</strong> Materie hatnur <strong>in</strong> den geme<strong>in</strong>en Augen jener etwas Verächtliches, <strong>die</strong> sie <strong>in</strong> ihren glänzendstenWerken verkennen; und <strong>die</strong> Natur ist ke<strong>in</strong>eswegs e<strong>in</strong>e beschränkte Werkmeister<strong>in</strong>. Siebr<strong>in</strong>gt Millionen von Menschen mit mehr Leichtigkeit und Freude hervor, als es e<strong>in</strong>em93

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