E<strong>in</strong> Naturgesetz ist dagegen e<strong>in</strong>e von <strong>der</strong> Vernunft entdeckte Vorschrift o<strong>der</strong> allgeme<strong>in</strong>eRegel, <strong>die</strong> dem Menschen erlaubt, se<strong>in</strong> Leben zu sichern, o<strong>der</strong> negativ formuliert, ihmverbietet, se<strong>in</strong> Leben zu zerstören. Während also das Naturrecht e<strong>in</strong>e Freiheit formuliert,formuliert das Naturgesetz e<strong>in</strong>e Verpflichtung.Das Recht im Naturzustand garantiert dem Menschen alles, was se<strong>in</strong> Überleben sichert.Er hat e<strong>in</strong> Recht auf alles, sogar auf den Körper des An<strong>der</strong>en, sagt Hobbes. Mit <strong>die</strong>semRecht, das <strong>die</strong> Freiheit des Menschen zum Ausdruck br<strong>in</strong>gt, kommt er aber gleichsamnicht so beson<strong>der</strong>s weit. Er wird stets vorzeitig sterben. Daraus entspr<strong>in</strong>gt dann das ersteNaturgesetz, <strong>die</strong> erste Verpflichtung, nämlich dass <strong>der</strong> Mensch nach Frieden strebensollte, soweit er <strong>die</strong> Hoffnung hat, ihn zu erlangen und zu halten. Das ist das ersteNaturgesetz. Muss er aber <strong>die</strong>ser Hoffnung entsagen, tritt wie<strong>der</strong> das Naturrecht <strong>in</strong> Kraftund er kann alle Hilfen und Vorteile des Krieges suchen und von ihnen Gebrauch machen.(Sie sehen den kalkulativen Charakter.)Von <strong>die</strong>sem ersten Naturgesetz, das dem Menschen dazu verpflichtet, nach Frieden zustreben, wird das zweite abgeleitet, nämlich dann, wenn auch <strong>die</strong> an<strong>der</strong>en Menschendazu bereit s<strong>in</strong>d, auf se<strong>in</strong> Recht auf Alles zu verzichten und mit so viel Freiheit gegen denan<strong>der</strong>en zufrieden zu se<strong>in</strong>, wie er an<strong>der</strong>en gegen sich selbst zugestehen würde. Dennsolange man an se<strong>in</strong>em Recht auf Alles festhält, wird <strong>der</strong> Kriegszustand fortgesetztwerden.Hier muss noch etwas an<strong>der</strong>es berücksichtigt werden. In dem Augenblick, wo <strong>die</strong>Menschen ihrem Recht auf Alles entsagen bzw. - wie wir sehen werden - <strong>die</strong>ses Recht ane<strong>in</strong>e bestimmte Institution übertragen, entsteht gleichsam e<strong>in</strong> neues Recht, nämlich dasRecht auf Eigentum. In dem Moment, wo ich davon absehe, dass mir Alles gehört, kannmir Etwas gehören. Nun gehe ich davon aus, dass ich Etwas dem An<strong>der</strong>en nicht mehrstreitig mache, wie <strong>der</strong> davon absehen kann, es mir streitig zu machen.Die Entsagung des Rechts auf Alles bedarf aber e<strong>in</strong>er ausdrücklichen Erklärung. DieseErklärung, so Hobbes, muss <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em willentlichen und h<strong>in</strong>reichenden Zeichen o<strong>der</strong> <strong>in</strong>mehreren Zeichen bestehen. An <strong>die</strong>ser Stelle kommt <strong>der</strong> Vertrag <strong>in</strong>s Spiel, denn: „Diegegenseitige Übertragung von Rechten nennen <strong>die</strong> Menschen Vertrag.“ E<strong>in</strong> Vertrag alsomuss den Kriegszustand von jedem mit jedem beenden. Mit ihm entsteht dann natürlichauch das Recht auf Eigentum bzw. überhaupt Eigentum. Doch mit dem Vertrag tretenneue Schwierigkeiten auf. Denn sogleich kann <strong>die</strong> Frage gestellt werden, was hält <strong>die</strong>Menschen dazu an, den Vertrag e<strong>in</strong>zuhalten.Hobbes me<strong>in</strong>t, dass <strong>die</strong> Vernunft nicht nur zwei Naturgesetze kennt, son<strong>der</strong>n nochsiebzehn weitere, d.h. <strong>in</strong>sgesamt neunzehn. Wir brauchen nun nicht alle weiteren48
Naturgesetze kennenzulernen, son<strong>der</strong>n nur noch das dritte, das <strong>die</strong> Gerechtigkeit betrifft.Dem Naturgesetz, dass wir verpflichtet s<strong>in</strong>d, e<strong>in</strong>em an<strong>der</strong>en das Recht zu übertragen, das<strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Anwendung den Frieden <strong>der</strong> Menschheit beh<strong>in</strong><strong>der</strong>t, folgt das, dass Verträge zuerfüllen s<strong>in</strong>d (pacta sunt servanda - e<strong>in</strong>e Formel, <strong>die</strong> aus dem römischen Recht stammt -Vertragstreue). Ohne <strong>die</strong>ses Naturgesetz seien Verträge, nach Hobbes, nur leere Worte.Das Naturgesetz aber besteht <strong>in</strong> <strong>der</strong> Gerechtigkeit? Was aber ist Gerechtigkeit hier?Hobbes def<strong>in</strong>iert: Ungerechtigkeit ist <strong>die</strong> Nichterfüllung von Verträgen, Gerechtigkeit ihreErfüllung. Das ist für Hobbes vollkommen ausreichend. Damit aber kommt e<strong>in</strong> gewissesProblem auf. Den Unterschied von Gerechtigkeit und Ungerechtigkeit kann es nur imGeme<strong>in</strong>wesen geben, d.h. im Zustand des Vertrags. Dieser aber muss e<strong>in</strong>gehaltenwerden. Er wird aber nicht e<strong>in</strong>gehalten, wenn e<strong>in</strong> Vertragspartner aus <strong>der</strong> Furcht vor <strong>der</strong>Nichterfüllung wie<strong>der</strong> den Kriegszustand vorzieht. D.h. dann aber, dass es e<strong>in</strong>e zw<strong>in</strong>gendeMacht geben muss, <strong>die</strong> den Menschen zur Erfüllung se<strong>in</strong>er Verträge anhält. Diesezw<strong>in</strong>gende Macht muss größer se<strong>in</strong> als <strong>der</strong> Vorteil, den <strong>die</strong> Menschen durch den Bruchihrer Verträge erwarten. Diese zw<strong>in</strong>gende Macht kann dann auch das Eigentum sicher,das <strong>die</strong> Menschen sich aneignen und sichern könne, wenn sie den Naturzustandverlassen.Diese zw<strong>in</strong>gende Macht ist nach Hobbes nun so zentral, dass er davon ausgeht, dass <strong>die</strong>Naturgesetze als solche nicht ausreichen würden, e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>mal entstandenes Geme<strong>in</strong>wesen<strong>in</strong> Bestand zu halten. Halten wir zunächst e<strong>in</strong>mal fest: das Geme<strong>in</strong>wesen, das mit demVertrag entstanden ist, hat ke<strong>in</strong>en an<strong>der</strong>en S<strong>in</strong>n und Zweck als den, den Menschengleichsam vor sich selbst zu sichern. Erst <strong>in</strong> <strong>die</strong>ser relativen Sicherheit kann er nämlich e<strong>in</strong>Leben führen, das nicht <strong>in</strong> ständigem Krieg besteht (obwohl freilich <strong>der</strong> Krieg als steteMöglichkeit h<strong>in</strong>ter dem Staat o<strong>der</strong> - man könnte auch sagen - unterhalb <strong>der</strong>gesellschaftlichen Oberfläche droht). Man hat das später als <strong>die</strong> Entstehung des„Liberalismus“ (Tönnies) <strong>in</strong>terpretiert. Warum? Weil Hobbes - so sagt man - den Staatdarauf reduziert, se<strong>in</strong>en Bürgern Sicherheit zu geben. Das ist <strong>in</strong> <strong>der</strong> Tat <strong>die</strong> e<strong>in</strong>zigeBedeutung, <strong>die</strong> <strong>der</strong> Staat hat.Nun aber zu <strong>der</strong> „zw<strong>in</strong>genden Macht“, <strong>die</strong> den Menschen dazu anhält, den Vertrage<strong>in</strong>zuhalten. Hobbes sagt zunächst: „Und Verträge ohne das Schwert s<strong>in</strong>d nur Worte undhaben überhaupt ke<strong>in</strong>e Kraft, e<strong>in</strong>en Menschen zu sichern.“ Warum? ließe sich fragen. Hatdenn <strong>die</strong> Vernunft nicht ergeben, dass <strong>der</strong> Mensch sich an den Naturgesetzen orientieren,sich mit ihnen verpflichten kann? Für Hobbes s<strong>in</strong>d <strong>die</strong> Affekte des Menschen später als <strong>die</strong>Vernunft. „Parteilichkeit, Hochmut, Rachedurst und <strong>der</strong>gleichen“ ru<strong>in</strong>ieren <strong>die</strong> Vernunft.Zwar rechnet <strong>die</strong> Vernunft und sie rechnet für sich selbst, doch <strong>die</strong> Gemütsbewegungens<strong>in</strong>d stärker.49
- Seite 1 und 2: Einführung in die Philosophie der
- Seite 3 und 4: Eine Sicht, die ich persönlich fav
- Seite 5 und 6: letzthinnigen Prüfung dessen, was
- Seite 7 und 8: auf die Staatsform als solche, auf
- Seite 9 und 10: See ,Land‘ rufen; Cartesius ist e
- Seite 11 und 12: Descartes natürlich nicht so. Bei
- Seite 13 und 14: Ich möchte bevor ich zu dem Aufbau
- Seite 15 und 16: als Grundsätze. Wieder geht es als
- Seite 17 und 18: Doch - der Zweifelsgang ist noch ni
- Seite 19 und 20: zwischen den beiden endlichen Subst
- Seite 21 und 22: und unrichtig halten - das ist eben
- Seite 23 und 24: Dritte VorlesungIn der letzten Woch
- Seite 25 und 26: Descartes, nicht so sehr täuschen,
- Seite 27 und 28: Es gibt einen bösen Geist, der mic
- Seite 29 und 30: für „subjektiv“ halten, das ha
- Seite 31 und 32: Im Folgenden beschäftigt sich Desc
- Seite 33 und 34: In Bezug auf die Kausalität führt
- Seite 35 und 36: Vierte VorlesungAm Beginn dieser Vo
- Seite 37 und 38: Methode bezeichnet, für die die Ma
- Seite 39 und 40: ein Ungeheuer, das von Gott kontrol
- Seite 41 und 42: sage Kennzeichnen, wenn wir für un
- Seite 43 und 44: Aus dieser Situation entsteht eine
- Seite 45 und 46: ei Machiavelli - in der Staatsgrün
- Seite 47: Ich habe dabei zunächst darauf hin
- Seite 51 und 52: die Abwesenheit von Krieg (wie Hobb
- Seite 53 und 54: Deo. Sie lautet: „1. Per causam s
- Seite 55 und 56: finden ist. Wir werden sehen, dass
- Seite 57 und 58: Sechste VorlesungHegel schreibt üb
- Seite 59 und 60: geben - es wird eine geben so, wie
- Seite 61 und 62: Damit ist gemeint, dass wir uns not
- Seite 63 und 64: Erkenntnis zugänglich ist, keine Z
- Seite 65 und 66: glauben, er könnte das auch noch a
- Seite 67 und 68: Siebente Vorlesung„Verflucht sei
- Seite 69 und 70: Also die „Monadologie“. Da ist
- Seite 71 und 72: umstellen noch sich eine innere Bew
- Seite 73 und 74: Das Seltsame ist ein wenig, dass Le
- Seite 75 und 76: eginnt: „Das Gedächtnis liefert
- Seite 77 und 78: offenbar auch kein Fenster haben ka
- Seite 79 und 80: Die Kritik an den Cartesianern ist
- Seite 81 und 82: Die Differenz zum Tier ist also nic
- Seite 83 und 84: Mathematik, was wenig überzeugt (d
- Seite 85 und 86: Böse möglich, wenn doch Gott notw
- Seite 87 und 88: Hegel schreibt in seiner Vorrede zu
- Seite 89 und 90: Körper keinen Unterschied zu geben
- Seite 91 und 92: Gegenstand nähern will. Das ist fr
- Seite 93 und 94: demnach in der Materie das Denken,
- Seite 95 und 96: den dogmatischen Schlummer unterbra
- Seite 97 und 98: entwickeln. Ein Blinder kann sich k
- Seite 99 und 100:
Für Hume steht aber zunächst etwa