Personenwagen-Lenkende und -Mitfahrende - BfU
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gebracht (eine stärkere als für den Tag bzw. über-<br />
haupt eine, wenn am Tag keine störende Kurzsich-<br />
tigkeit vorliegt). Es ist zu überlegen, ob der obliga-<br />
torische Sehtest zur Erlangung des Lernfahrauswei-<br />
ses nicht Abklärungen über das Vorhandensein<br />
einer Nachtmyopie enthalten sollte. Nachtmyopie<br />
lässt sich – im Unterschied zum Dämmerungssehvermögen<br />
– aber nicht ohne Weiteres testen, sondern<br />
bedarf einer komplexen Untersuchung.<br />
Es ist zu prüfen, ob ein zweistufiges Verfahren,<br />
d. h. ein einfacher, kostengünstiger Sehtest für alle<br />
<strong>und</strong> eine aufwändigere augenärztliche Untersuchung<br />
bei Nichterfüllendes Sehtests, sinnvoll wäre.<br />
Ein solches Vorgehen beinhaltet die dritte Führerscheinrichtlinie12<br />
.<br />
Bei deutlichem Nichterfüllen der Anforderungen an<br />
das Dämmerungssehvermögen kann ein Nachtfahrverbot<br />
ausgesprochen werden (in Deutschland<br />
wird im Führerausweis eine Fahrbeschränkung<br />
aus medizinischen Gründen eingetragen mit dem<br />
Zusatz «nur bei Tageslicht»). Bei leichten Einschränkungen<br />
müssten die Betroffenen zumindest<br />
über ihre Einschränkungen informiert <strong>und</strong> auf die<br />
damit einhergehende Gefährdung aufmerksam<br />
gemacht werden.<br />
Bezüglich des Hörens existiert in der VZV (Art. 7,<br />
Anhang 1 VZV) für PW-<strong>Lenkende</strong> lediglich die Einschränkung,<br />
dass gehörlose Einäugige vom Fahren<br />
ausgeschlossen sind. Somit werden alle Hörbeeinträchtigungen<br />
unterhalb der Schwelle der Gehörlosigkeit<br />
vom Gesetzgeber als unproblematisch eingestuft.<br />
Da die Zahl der Menschen mit Hörproblemen<br />
stetig zunimmt (auch die Anzahl jüngerer<br />
Menschen) <strong>und</strong> die Datenlage zur Unfallerhöhung<br />
⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯<br />
12 Richtlinie 2006/126/EG des europäischen Parlaments <strong>und</strong><br />
des Rates vom 20. Dezember 2006 über den Führerschein,<br />
Anhang III, Ziffer 6<br />
bei Hörbeeinträchtigungen ungenügend ist, be-<br />
steht Forschungsbedarf.<br />
Weitere medizinische Mindestanforderungen<br />
werden im Gesetz nicht präzise formuliert. Im Ge-<br />
such zur Erlangung des Lernfahrausweises (An-<br />
hang 4 VZV) wird der Ges<strong>und</strong>heitsstatus sehr ober-<br />
flächlich erfragt (Selbstauskunft). Die Zulassungs-<br />
behörde prüft, ob die Voraussetzungen für den<br />
Erwerb eines Lernfahrausweises erfüllt sind<br />
(Art. 11b VZV). Bei Zweifel an der körperlichen,<br />
charakterlichen oder psychischen Eignung durch<br />
die Zulassungsbehörde muss sich der Gesuchsteller<br />
einer Spezialuntersuchung unterziehen. Die Anforderungen<br />
der Spezialuntersuchung sind nicht präzise<br />
formuliert. In Bezug auf das Herz <strong>und</strong> die Gefässe<br />
oder die Bauch- <strong>und</strong> Stoffwechselorgane<br />
dürfen gemäss Anhang 1 VZV z. B. «keine hochgradigen<br />
Kreislaufstörungen» bzw. «keine schweren<br />
Stoffwechselstörungen» vorliegen. Aufgr<strong>und</strong><br />
welcher Kriterien beispielsweise jemand mit einer<br />
Herzrhythmusstörung oder einer Zuckerkrankheit<br />
noch fahren darf (oder nicht), wird nicht definiert.<br />
Zu bemängeln ist insbesondere auch die unzureichende<br />
Präzisierung in Bezug auf die Anforderungen<br />
an das Nervensystem. Kognitive Minimalanforderungen<br />
(z. B. für Personen mit einer beginnenden<br />
Demenz) oder charakterliche Anforderungen<br />
werden nicht aufgeführt. In Bezug auf charakterliche<br />
Minimalanforderungen fehlt gemäss geltendem<br />
Recht die Gr<strong>und</strong>lage auf Verordnungsebene,<br />
charakterliche Minimalanforderungen definieren<br />
zu können (Art. 25, Absatz 3 lit. a SVG sieht<br />
lediglich vor, dass der B<strong>und</strong>esrat nach Anhören der<br />
Kantone Vorschriften über minimale körperliche<br />
<strong>und</strong> psychische13 Leistungsanforderungen aufstellt).<br />
⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯<br />
13 Unter psychischen Anforderungen versteht der Gesetzgeber<br />
im engeren Sinn kognitive Anforderungen. Denkbar wäre,<br />
dass rein begrifflich unter psychischen Anforderungen auch<br />
charakterliche subsummiert werden könnten – die Auslegung<br />
ist jedoch nicht in diesem Sinn.<br />
120 Massnahmenbereich: Mensch (Autoren: E. Walter, M. Cavegn) bfu-Sicherheitsdossier Nr. 07