Personenwagen-Lenkende und -Mitfahrende - BfU
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5. Implementierung von Sicherheits-<br />
technologien<br />
5.1 Ausgangslage<br />
In neuen Fahrzeugtechnologien <strong>und</strong> insbesondere<br />
in Fahrerassistenzsystemen liegen grosse Hoff-<br />
nungen, was die Erhöhung der Verkehrssicherheit<br />
anbelangt [234]. Eine von der Europäischen Kom-<br />
mission eingesetzte 40-köpfige Expertengruppe<br />
kam zu dem Ergebnis, dass «die intelligenten Fahr-<br />
zeugsicherheitssysteme das grösste Potenzial zur<br />
Lösung der Sicherheitsprobleme im Strassenverkehr<br />
bieten» [276]. Gewisse Fahrzeughersteller gehen<br />
sogar davon aus, dass bis 2020 in ihren Fahrzeu-<br />
gen keine Passagiere mehr sterben werden [121].<br />
Viele technologische Anwendungen können in der<br />
Tat als vielversprechend bezeichnet werden, da sie<br />
mehr Informationen erfassen, diese rascher <strong>und</strong><br />
zuverlässiger verarbeiten sowie gegebenenfalls<br />
schneller darauf reagieren als Fahrzeuglenkende es<br />
je könnten. In einer Studie der deutschen B<strong>und</strong>esanstalt<br />
für Straßenwesen (BASt) wurde auf der<br />
Basis von Potenzialabschätzungen ermittelt, dass<br />
durch die bereits auf dem Markt erhältlichen inklusive<br />
den sich in Entwicklung befindlichen Fahrerassistenzsystemen<br />
bis zu 70 % aller schweren PWunfälle<br />
verhindert werden können [234].<br />
In Anbetracht der zu erwartenden positiven Effekte<br />
für die Verkehrssicherheit ist eine rasche Implementierung<br />
intelligenter Fahrzeugtechnologien wünschenswert.<br />
Einer breiten oder sogar flächendeckenden,<br />
raschen Einführung stehen jedoch verschiedene<br />
Hemmfaktoren im Weg. So sind viele<br />
der fortschrittlichen Technologien noch mit relativ<br />
hohen Zusatzkosten verb<strong>und</strong>en. Dies führt in<br />
Kombination mit dem Mangel an Informationen<br />
über die möglichen Vorteile der Systeme zu einer<br />
geringen Produktnachfrage bei den Autokäufern<br />
[277]. Zudem stossen gewisse Systeme bei den<br />
Endverbrauchern auf eine bescheidene Akzeptanz.<br />
Von Experten wird bemängelt, dass die Haftungsfrage<br />
bei Schäden durch fehlerhafte Assistenzsysteme<br />
noch nicht geklärt sei [278] <strong>und</strong> dies die Entwicklung<br />
<strong>und</strong> Verbreitung hemme. Auch die Sicherheitswirkung<br />
einzelner Systeme wird von gewissen<br />
Experten mit Skepsis beurteilt. So wird beispielsweise<br />
befürchtet, dass im Vertrauen auf die<br />
Systeme risikoreicher gefahren wird, sodass der<br />
Sicherheitsgewinn wieder verloren geht oder dass<br />
die <strong>Lenkende</strong>n durch Assistenzsysteme überfordert<br />
oder im Gegenteil unterfordert werden, sodass sie<br />
in kritischen Fahrsituationen nicht die Geistesgegenwart<br />
haben, richtig zu reagieren. Zwar entkräften<br />
bisherige Erfahrungen viele Befürchtungen<br />
[223,277,279–281], dennoch kann die Gefahr<br />
einer negativen Verhaltensadaptation nicht für alle<br />
Systeme a priori widerlegt werden. Deshalb bedarf<br />
es auch Feldversuche im realen Strassenverkehr,<br />
bevor ein System gefördert werden kann.<br />
Aber selbst bei eindeutig nachgewiesenem Schutzpotenzial<br />
vergehen oft Jahrzehnte bis ein neues<br />
Sicherheitsprodukt in der grossen Mehrheit der<br />
Fahrzeuge zum Einsatz kommt [282]. Diese Tatsache<br />
unterstreicht die Notwendigkeit von strategischen<br />
Massnahmen zur aktiven Förderung der<br />
Verbreitung von Sicherheitstechnologien. Die der<br />
Markteinführung entgegenstehenden Hindernisse<br />
müssen beseitigt, die Produktnachfrage angeregt<br />
<strong>und</strong> ein Konsens zwischen den wichtigsten Akteuren<br />
aufgebaut werden. Eine rasche Masseneinführung<br />
intelligenter Fahrzeugsysteme kann sich nicht<br />
allein auf privatwirtschaftliche Initiative stützen<br />
[277]. Vor allem zu Beginn der Markteinführung<br />
müssen ausgereifte Technologien die volle<br />
Unterstützung des öffentlichen Sektors erhalten.<br />
bfu-Sicherheitsdossier Nr. 07 Massnahmenbereich: Fahrzeug (Autor: M. Cavegn) 187