Sucht und Männlichkeit - Bundesamt für Gesundheit - admin.ch
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negativem Stress <strong>und</strong> Frustration erneut mit dem Rau<strong>ch</strong>en, während<br />
Männer dies bei festli<strong>ch</strong>en Anlässen taten (20, 39) . Güttinger et al. (18) weisen<br />
na<strong>ch</strong>, dass eine s<strong>ch</strong>wa<strong>ch</strong>e Nikotinabhängigkeit <strong>und</strong> der Umstand,<br />
verheiratet zu sein, das abstinente Verhalten zusätzli<strong>ch</strong> positiv beeinflussten<br />
(38) . Weiter wurde festgestellt, dass der ärztli<strong>ch</strong>e Rat, mit Rau<strong>ch</strong>en aufzuhören,<br />
einen negativen Effekt auf einen mögli<strong>ch</strong>en Nikotinverzi<strong>ch</strong>t<br />
hatte. Ausserdem war das Bedürfnis na<strong>ch</strong> sozialer Unterstützung vor <strong>und</strong><br />
während der Entwöhnungsphase bei Männern ausgeprägter als bei Frauen<br />
(38) . Diese Unterstützung ist wi<strong>ch</strong>tig bei individuellen verhaltenstherapeutis<strong>ch</strong>en<br />
Ansätzen, die neben Verhaltensaspekten au<strong>ch</strong><br />
Problemlösungsstrategien umfassen. Die Erfolgsrate beträgt bei diesem<br />
Ansatz 4 bis 7 % <strong>und</strong> kann bis auf 19 % steigen, wenn zusätzli<strong>ch</strong><br />
Nikotinersatzpräparate eingesetzt werden (60) .<br />
8.5 Die Kurzintervention: Ein Weg <strong>für</strong> Männer<br />
Das Problem von Angebot <strong>und</strong> Na<strong>ch</strong>frage <strong>und</strong> die Frage na<strong>ch</strong> männergere<strong>ch</strong>ten<br />
Behandlungsmethoden stellen si<strong>ch</strong> folgendermassen: Die bisher<br />
am häufigsten verwendeten Konzepte postulieren, dass eine gelungene<br />
Therapie in erster Linie <strong>und</strong> gewissermassen unumgängli<strong>ch</strong> voraussetzt,<br />
die eigene Ohnma<strong>ch</strong>t bei der Abhängigkeit anzuerkennen sowie den<br />
Kontrollverlust zu akzeptieren <strong>und</strong> si<strong>ch</strong> einzugestehen, dass das Produkt<br />
Ma<strong>ch</strong>t über die eigene Person hat. Dieses gr<strong>und</strong>legende Postulat bedeutet<br />
wahrs<strong>ch</strong>einli<strong>ch</strong> <strong>für</strong> viele Männer ein Hindernis bei Behandlungsbeginn.<br />
Den Kontrollverlust einzugestehen bedeutet <strong>für</strong> sie au<strong>ch</strong> den Verlust eines<br />
wesentli<strong>ch</strong>en sozial konstruierten Merkmals, das einen Mann definiert:<br />
die Ma<strong>ch</strong>t. Dies unterstrei<strong>ch</strong>t au<strong>ch</strong> Klingemann in seinem Beri<strong>ch</strong>t (27) .<br />
Der Wille zu beherrs<strong>ch</strong>en <strong>und</strong> zu ents<strong>ch</strong>eiden, ist ein besonders präsentes<br />
Merkmal des sozialen Männerbildes. In der Realität wüns<strong>ch</strong>t si<strong>ch</strong> eine<br />
Mehrheit der Männer, frei über das eigene Verhalten ents<strong>ch</strong>eiden zu können.<br />
Deshalb ist es wi<strong>ch</strong>tig, mit ihnen an ihrer Motivation <strong>und</strong> der individuellen<br />
Ents<strong>ch</strong>eidung <strong>für</strong> eine Behandlung zu arbeiten (3) . Dabei sollte<br />
von ärztli<strong>ch</strong>er Seite ni<strong>ch</strong>t zuviel Druck ausgeübt werden, da dies die<br />
Ents<strong>ch</strong>eidung kontraproduktiv beeinflussen könnte.<br />
In diesem Sinn s<strong>ch</strong>eint die Theorie der Stufen der Veränderung (45) , die<br />
einen nuancierten Ansatz je na<strong>ch</strong> Stadium der Wahrnehmung der persönli<strong>ch</strong>en<br />
Realität <strong>und</strong> Problematik vors<strong>ch</strong>lägt, ein sehr interessanter<br />
Ansatz zu sein, der besonders bei Männern angewendet werden sollte.<br />
Ausserdem postuliert dieser Ansatz, dass eine Person ni<strong>ch</strong>t unbedingt<br />
beim ersten Versu<strong>ch</strong> aus der Abhängigkeit aussteigt, sondern oft erst na<strong>ch</strong><br />
wiederholten Anläufen. Ein s<strong>ch</strong>rittweiser Ausstieg aus der Krankheit<br />
ermögli<strong>ch</strong>t es au<strong>ch</strong>, den Betroffenen die S<strong>ch</strong>uldgefühle zu nehmen, wenn<br />
sie na<strong>ch</strong> einer Abstinenzphase wieder zu konsumieren beginnen (29) .<br />
Die Ansätze der so genannten Kurzinterventionen <strong>und</strong> der motivierenden<br />
Gesprä<strong>ch</strong>sführung (37) greifen dieses Konzept wieder auf <strong>und</strong> integrieren es<br />
SUCHT UND MÄNNLICHKEIT: Gr<strong>und</strong>lagen <strong>und</strong> Empfehlungen<br />
Jemanden zum Rau<strong>ch</strong>stopp<br />
auffordern ist keine erfolgrei<strong>ch</strong>e<br />
Methode<br />
Erneut die Frage der Beherrs<strong>ch</strong>ung,<br />
der Ma<strong>ch</strong>t…<br />
Das Individuum dort „abholen“,<br />
wo es steht