Sucht und Männlichkeit - Bundesamt für Gesundheit - admin.ch
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Männer migrieren häufig als erstes Mitglied einer Familie in ein fremdes<br />
Land. Sie beklagen si<strong>ch</strong> gemäss einer niederländis<strong>ch</strong>en Studie oft über<br />
emotionale <strong>und</strong> sexuelle Entfremdung gegenüber den später na<strong>ch</strong>gereisten<br />
Ehefrauen (7) . Au<strong>ch</strong> droht Männern, die unter teilweise sehr einges<strong>ch</strong>ränkten<br />
Bedingungen <strong>für</strong> ihre Familie im Herkunftsland gearbeitet<br />
haben <strong>und</strong> im Aufnahmeland in einfa<strong>ch</strong>en Verhältnissen leben, ein<br />
Gesi<strong>ch</strong>tsverlust, wenn Ehefrau <strong>und</strong> Kinder na<strong>ch</strong>reisen, die si<strong>ch</strong> eine s<strong>ch</strong>önere<br />
Wohnsituation ausgemalt haben (4) .<br />
Männli<strong>ch</strong>e Migranten erleiden in der Folge des Migrationsprozesses oftmals<br />
einen Statusverlust, da sie berufli<strong>ch</strong> eine s<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>tere Position einnehmen<br />
müssen <strong>und</strong> innerhalb der Familie eine weniger ausgeprägte<br />
Ma<strong>ch</strong>tposition einnehmen können als in ihrem Herkunftsland (2) .<br />
Bei weibli<strong>ch</strong>en Migrantinnen hingegen kommen beispielsweise gesells<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e<br />
Bena<strong>ch</strong>teiligungen, wie niedrigerer sozioökonomis<strong>ch</strong>er Status<br />
<strong>und</strong> finanzielle Abhängigkeit sowie Prostitution <strong>und</strong> Frauenhandel häufiger<br />
vor (22) . Gemäss einem Beri<strong>ch</strong>t des BAG (16) ist der Ges<strong>und</strong>heitszustand<br />
von Migrantinnen deutli<strong>ch</strong> s<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>ter als derjenige von Migranten.<br />
6.4 Migration, Ges<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>t <strong>und</strong> <strong>Su<strong>ch</strong>t</strong><br />
Na<strong>ch</strong>dem nun einerseits die Migrationsthematik in Zusammenhang mit<br />
Ges<strong>und</strong>heit bzw. <strong>Su<strong>ch</strong>t</strong> <strong>und</strong> andererseits in Zusammenhang mit<br />
Ges<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>t betra<strong>ch</strong>tet worden ist, soll nun der Frage na<strong>ch</strong>gegangen<br />
werden, ob si<strong>ch</strong> Migranten in Bezug auf die <strong>Su<strong>ch</strong>t</strong>problematik von<br />
Migrantinnen unters<strong>ch</strong>ieden <strong>und</strong> ob Männer dur<strong>ch</strong> den Migrationskontext<br />
mehr gefährdet werden als Frauen. Da jegli<strong>ch</strong>e Studien zur<br />
Thematik fehlen, beruhen die folgenden Ausführungen auf Aussagen von<br />
Experten <strong>und</strong> Expertinnen.<br />
In einem Interview in der Zeits<strong>ch</strong>rift „Standpunkte“ äusserte si<strong>ch</strong> Herr<br />
Luigi Bertoli, der auf „Migration, <strong>Su<strong>ch</strong>t</strong> <strong>und</strong> Familie“ spezialisierte stellvertretende<br />
Leiter des Drop-In Biel, zur spezifis<strong>ch</strong>en Problematik von<br />
männli<strong>ch</strong>en Migranten im Zusammenhang mit <strong>Su<strong>ch</strong>t</strong>. Er stellt fest, dass bei<br />
der Migration in man<strong>ch</strong>en Familien ein Rollenwe<strong>ch</strong>sel stattfindet, wobei die<br />
Frauen an Status gewinnen <strong>und</strong> teilweise erwerbstätig werden, während die<br />
Männer eher an Status einbüssen <strong>und</strong> oft eine Arbeit verri<strong>ch</strong>ten müssen, die sie<br />
in ihrer Würde verletzt. Er sieht hier eine mögli<strong>ch</strong>e Ursa<strong>ch</strong>e <strong>für</strong> einen erhöhten<br />
Substanzmissbrau<strong>ch</strong> bei Männern mit Migrationshintergr<strong>und</strong> (2) .<br />
Herr Umberto Castra, Leiter des Projektes „Migration <strong>und</strong> <strong>Su<strong>ch</strong>t</strong>“ vom<br />
Contact Netz Bern, era<strong>ch</strong>tet die Frage na<strong>ch</strong> ges<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>terspezifis<strong>ch</strong>en Aspekten<br />
im Zusammenhang mit Migration <strong>und</strong> <strong>Su<strong>ch</strong>t</strong> als äusserst interessant. Er geht<br />
davon aus, dass si<strong>ch</strong> Männer von Frauen mit Migrationshintergr<strong>und</strong> in Bezug<br />
auf die <strong>Su<strong>ch</strong>t</strong>problematik unters<strong>ch</strong>eiden. Da diese spezifis<strong>ch</strong>e Thematik no<strong>ch</strong><br />
kaum untersu<strong>ch</strong>t ist, sieht Herr Castra einen dringenden Fors<strong>ch</strong>ungsbedarf<br />
(U. Castra, persönli<strong>ch</strong>e Mitteilung vom 10.08.2005).<br />
Teil II Altersgruppen, Konsumverhalten, Konsumrisiken <strong>und</strong> -folgen<br />
Statusverlust<br />
Ma<strong>ch</strong>tverlust in der Familie<br />
Der Ges<strong>und</strong>heitszustand von<br />
Migrantinnen ist s<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>ter als der<br />
von Migranten<br />
Verlust des (berufli<strong>ch</strong>en) Status <strong>und</strong><br />
der zentralen Rolle in der Familie =<br />
eine mögli<strong>ch</strong>e Ursa<strong>ch</strong>e <strong>für</strong> den<br />
Missbrau<strong>ch</strong> von psy<strong>ch</strong>oaktiven<br />
Substanzen<br />
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