Sucht und Männlichkeit - Bundesamt für Gesundheit - admin.ch
Sucht und Männlichkeit - Bundesamt für Gesundheit - admin.ch
Sucht und Männlichkeit - Bundesamt für Gesundheit - admin.ch
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
4. Kindheit <strong>und</strong> Jugend: Das Individuum<br />
<strong>und</strong> die Bedeutung der Gruppe<br />
4.1 Die Stellung der Familie <strong>und</strong> die Rolle der Eltern<br />
in der frühen Kindheit<br />
Der Einfluss des familiären Umfelds ist sowohl dur<strong>ch</strong> das Konsumverhalten<br />
der Eltern bestimmt als au<strong>ch</strong> dur<strong>ch</strong> die Bindung der Eltern zu ihren<br />
Kindern. Je na<strong>ch</strong> Qualität dieser Bindung nehmen die Kinder das elterli<strong>ch</strong>e<br />
Konsumverhalten an oder ni<strong>ch</strong>t (20) . Wenn Eltern psy<strong>ch</strong>oaktive Produkte<br />
konsumieren, beeinflusst dies signifikant den Cannabiskonsum ihrer<br />
Kinder. Wenn Eltern keine psy<strong>ch</strong>oaktiven Substanzen konsumieren, folgt<br />
daraus jedo<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t automatis<strong>ch</strong>, dass si<strong>ch</strong> ihre Kinder abstinent verhalten.<br />
Nahezu alle Studien, die den familiären Einfluss als Vorhersagefaktor <strong>für</strong><br />
den späteren Substanzkonsum bei Kindern aufzeigen, sind in Nordamerika<br />
dur<strong>ch</strong>geführt worden. Die soziokulturellen Verhältnisse dort sind ni<strong>ch</strong>t vollumfängli<strong>ch</strong><br />
mit den unseren verglei<strong>ch</strong>bar. Au<strong>ch</strong> der Beri<strong>ch</strong>t „Männer <strong>und</strong><br />
<strong>Su<strong>ch</strong>t</strong>“ (14) weist darauf hin, dass in Europa bisher nur eine entspre<strong>ch</strong>ende<br />
Studie dur<strong>ch</strong>geführt wurde (25) . Bei Männern sind zwei ents<strong>ch</strong>eidende<br />
Faktoren (die in geringerem Mass au<strong>ch</strong> bei Frauen eine Rolle spielen) die<br />
Konsumgewohnheiten der Eltern sowie das elterli<strong>ch</strong>e Beziehungs- <strong>und</strong><br />
Erziehungsverhalten. So haben männli<strong>ch</strong>e Drogenkonsumenten überdur<strong>ch</strong>s<strong>ch</strong>nittli<strong>ch</strong><br />
häufig einen Elternteil mit einem Drogenproblem, wobei<br />
die Probleme der Mutter den Konsum auss<strong>ch</strong>laggebend beeinflussen.<br />
Männer, die spät eine Abhängigkeit entwickeln, sind häufiger in getrennten<br />
oder ges<strong>ch</strong>iedenen Familien aufgewa<strong>ch</strong>sen. Der familiäre Zusammenhalt<br />
stellt zudem einen S<strong>ch</strong>utzfaktor dar, da Kinder, die in einer Familie mit<br />
starkem Zusammenhalt aufgewa<strong>ch</strong>sen sind, signifikant weniger<br />
Drogenprobleme haben als andere Kinder. Empiris<strong>ch</strong>-epidemiologis<strong>ch</strong>e<br />
Studien (44) zeigen, dass die Mögli<strong>ch</strong>keit, si<strong>ch</strong> den Eltern anvertrauen zu können,<br />
einen S<strong>ch</strong>utz gegen den Konsum psy<strong>ch</strong>oaktiver Substanzen darstellt.<br />
Dieser ist bei Jungen weit stärker zu erkennen als bei Mäd<strong>ch</strong>en.<br />
Die befragten Experten era<strong>ch</strong>ten au<strong>ch</strong> die Rolle des Vaters als wi<strong>ch</strong>tigen Faktor<br />
in Phasen umfassender Veränderung, wie sie die Pubertät darstellt. Sehr oft wird<br />
der Vater als s<strong>ch</strong>einbar abwesend wahrgenommen, d. h. als passiver Zeuge bei<br />
der Erziehung des Kindes. Daraus ergibt si<strong>ch</strong> zusammen mit dem Fehlen einer<br />
männli<strong>ch</strong>en Bezugsperson ein zerbre<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>es Vaterbild. Diese Jungen wissen<br />
ni<strong>ch</strong>t wirkli<strong>ch</strong>, was es bedeutet, ein Mann zu sein.<br />
Die Fors<strong>ch</strong>ergruppe des ISGF (14) , die si<strong>ch</strong> auf die Studie von Küfner (25)<br />
stützt, stellt fest, dass „Männer ohne Drogenkonsum (...) verglei<strong>ch</strong>sweise in<br />
der Kindheit eine sehr viel stärkere familiäre Kohäsion erlebt (haben).<br />
Kindheitstraumata wie körperli<strong>ch</strong>er Missbrau<strong>ch</strong>, sexueller Missbrau<strong>ch</strong> 1 ,<br />
emotionaler Missbrau<strong>ch</strong> , emotionale Verna<strong>ch</strong>lässigung <strong>und</strong> körperli<strong>ch</strong>e<br />
Verna<strong>ch</strong>lässigung traten bei allen untersu<strong>ch</strong>ten Männern sehr häufig auf,<br />
jedo<strong>ch</strong> bei Drogenkonsumenten signifikant häufiger als bei den Männern<br />
1 Für die Definition von „emotionalem Missbrau<strong>ch</strong>“ siehe: http://en.wikipedia.org/wiki/Emotional_abuse<br />
Teil II Altersgruppen, Konsumverhalten, Konsumrisiken <strong>und</strong> -folgen<br />
Familiärer Zusammenhalt <strong>und</strong> Dialog<br />
als S<strong>ch</strong>utzfaktoren <strong>für</strong> Jungen<br />
Sexuellen <strong>und</strong> körperli<strong>ch</strong>en<br />
Missbrau<strong>ch</strong> gibt es au<strong>ch</strong> bei Jungen<br />
31