DER_SPIEGEL_30.12.21
n Politik und Gesellschaft stehen die Zeichen zum Jahresbeginn 2022 auf Neuanfang, und fürviele gilt das auch im eigenen Leben. Ein Team um Titelautorin Susanne Beyer hat sich mit den Mecha- nismen des Neustarts beschäftigt, mit den Risiken, Dramen, Schwierigkeiten, aber auch den Chan- cen. Die Redakteurinnen und Redakteure beschreiben jene kulturellen Einflüsse, die den Blick auf Anfänge prägen, und stellen Menschen vor, die den Neuanfang wagten und es nicht bereuen. Und Barbara Hardinghaus traf auf der kanarischen Insel La Palma drei Frauen aus Deutschland, die sich dort unabhängig voneinander ein neues Leben aufgebaut hatten – dann brach der Vulkan aus.
n Politik und Gesellschaft stehen die Zeichen zum Jahresbeginn 2022 auf Neuanfang, und fürviele
gilt das auch im eigenen Leben. Ein Team um Titelautorin Susanne Beyer hat sich mit den Mecha-
nismen des Neustarts beschäftigt, mit den Risiken, Dramen, Schwierigkeiten, aber auch den Chan-
cen. Die Redakteurinnen und Redakteure beschreiben jene kulturellen Einflüsse, die den Blick auf
Anfänge prägen, und stellen Menschen vor, die den Neuanfang wagten und es nicht bereuen. Und
Barbara Hardinghaus traf auf der kanarischen Insel La Palma drei Frauen aus Deutschland, die sich
dort unabhängig voneinander ein neues Leben aufgebaut hatten – dann brach der Vulkan aus.
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KULTUR
SPIEGEL TV Programm
Schlittenhundeführer Josie
TERRA X
SAMSTAG, 1. 1., 19.15 – 20.15, ZDF
Nordamerikas versteckte
Paradiese
Für Naturliebhaberinnen und -liebhaber
zählen die unberührten Landschaften
Nordamerikas zu den schönsten der
Erde. Die »Terra X«-Dokumentation entführt
in abgelegene, menschenleere und
wilde Gegenden in Kanada und den USA.
Vom hohen Norden des nordamerikanischen
Kontinents bis weit in den wilden
Westen, den entlegenen Osten und tief in
den Süden. Nördlich des Polarkreises
führt Schlittenhundeführer Paul Josie als
Mitglied der Vuntut Gwitchin First Nation
ein Leben in klirrender Kälte. Die Biologin
und Pferdeschützerin Celeste Carlisle
erforscht wilde Mustangs in Nordkalifornien,
und an der Ostküste bei Maine
widmet sich ein Forscherteam riesigen
Buckelwalen. Die Autorinnen unternehmen
eine Reise zu den unterschiedlichen
Landschaften. Die 60-minütige »Terra
X«-Folge lädt zum Träumen ein und stellt
Sehnsuchtsorte und besondere Menschen
vor, die sich mit großer Begeisterung
für »Nordamerikas versteckte Paradiese«
einsetzen.
Notfallsanitäter im Einsatz
SPIEGEL TV
SPIEGEL TV
MONTAG, 3. 1., 23.25 – 0.00 Uhr, RTL
Helfen an vorderster Front –
die Retter der Main-Metropole
Drogensüchtige auf Entzug, einsame
Rentner, gestürzte Kleinkinder
und entlaufende Heimbewohner –
die Not fallsanitäter des Frankfurter
Arbeiter-Samariter-Bundes sind
nicht erst seit Corona im Dauerstress.
Jeder Einsatz bedeutet für sie ein
neues Schicksal.
SPIEGEL TV WISSEN
SONNTAG, 2. 1., 20.15 – 21.45 Uhr, SKY
Die Flugzeugverschrotter
Was passiert mit Flugzeugen, die in den
Ruhestand gehen? Fast jeder zehnte
Flieger landet bei den Luftfahrtspezialisten
von eCube Solutions in Wales.
Hier werden die ausgemusterten Maschinen
fachgerecht in ihre Einzelteile
zerlegt, recycelt oder für den Weiterverkauf
aufbereitet. Die termingerechte
Ausschlachtung – immer ein Wettlauf
gegen die Zeit.
eCube-Solutions-Mitarbeiter in Wales
SPIEGEL TV
SPIEGEL TV
Stunden festgelegt. Yanagihara hat höflich
noch mal Tee nachgeschenkt, allerdings nicht
für sich selbst, das ist ein Hinweis.
Doch das Gespräch kann nicht enden,
ohne mit ihr über Homosexualität zu sprechen.
Über männliche Homosexualität. Es
gibt kaum weibliche Figuren in ihren Büchern
und fast keine heterosexuellen Paare. Selbstverständlich
ist ihr das bewusst, doch sie ist
eben auch Journalistin und retourniert erst
mal mit einer Gegenfrage: Ob ich denn glauben
würde, dass Jude, der Schmerzensmann
aus »Ein wenig Leben«, und sein engster
Freund Willem ein schwules Paar seien?
Sie sei sich da nicht so sicher. Sind Jude und
Willem schwul, nur weil sie eine liebevolle
romantische Beziehung haben? Diese Frage
sei hiermit an alle Fans des Romans weiterge
geben.
Und was die wenigen Frauenfiguren in
ihren Büchern angeht, hat sie eine Antwort
parat, von der sie selbst sagt, dass sie etwas
oberflächlich klinge: »Es interessiert mich,
Menschen zu erforschen, die anders sind als
ich, die andere Erfahrungen machen. Und ich
weiß, wie es ist, eine Frau zu sein.«
Ein Thema offen zu lassen, das steht ihr
als Schriftstellerin zu. Um sich mitzuteilen,
schreibt sie ja ihre Romane – und das tut sie
auf eigenwillige Weise: Eine an Serien geschulte
Dramaturgie mit bildstarken Schilderungen
und Cliffhangern unterbricht sie durch
essayistische Passagen. Leid und Schönheit
sind bei ihr oft ins Melodramatische übersteigert.
Ein Brief kann in ihrem Roman schon
mal 130 Seiten dick sein; historische Zusammenhänge
fiktionalisiert und verwischt sie
gern. Manchmal zieht sich das, doch ihre Fabulierkunst
kann auch so ins Fliegen kommen,
dass es einen mitreißt; und sie hat keine Angst
vor ganz großen Gefühlen. Die Frau, die zwischen
den bunten Kissen auf ihrem Sofa sitzt,
ist wirklich eine zeitgenössische Schriftstellerin:
Ihre Bücher sind wie Schwämme für die
Strömungen der Gegenwart.
Als das Gespräch schon fast sein Ende erreicht
hat, gibt Yanagihara noch einen Schlüssel
preis. Scham, sagt sie, sei das Thema, das
sie vielleicht am stärksten beschäftige. Viele
ihrer Figuren sind von diesem Gefühl beherrscht.
Jude in »Ein wenig Leben«, der sich
furchtbar schämt, für die Misshandlung, die
er erleben musste. Und auch in »Zum Paradies«
schämen sich die Männer: dafür, dass
sie noch nicht verheiratet sind; dass sie auf
Hawaii aufwuchsen, fern von den Codes der
Stadt New York; dass sie sich geirrt haben,
als Wissenschaftler etwas Richtiges wollten
und das Falsche taten.
Und während des Small Talks zum Abschied
blitzt der Gedanke auf, dass die Mail
der Agentin, »no shoes«, höflich gemeint war
und helfen sollte, einen peinlichen Moment
zu vermeiden. Keine Scham entstehen zu
lassen zwischen der Schriftstellerin, die
hawaiianische Traditionen pflegt, und der
Journalistin aus Europa, die mit ihren Schuhen
Straßendreck hineingetragen hätte. n
124 DER SPIEGEL Nr. 1 / 30.12.2021