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DER_SPIEGEL_30.12.21

n Politik und Gesellschaft stehen die Zeichen zum Jahresbeginn 2022 auf Neuanfang, und fürviele gilt das auch im eigenen Leben. Ein Team um Titelautorin Susanne Beyer hat sich mit den Mecha- nismen des Neustarts beschäftigt, mit den Risiken, Dramen, Schwierigkeiten, aber auch den Chan- cen. Die Redakteurinnen und Redakteure beschreiben jene kulturellen Einflüsse, die den Blick auf Anfänge prägen, und stellen Menschen vor, die den Neuanfang wagten und es nicht bereuen. Und Barbara Hardinghaus traf auf der kanarischen Insel La Palma drei Frauen aus Deutschland, die sich dort unabhängig voneinander ein neues Leben aufgebaut hatten – dann brach der Vulkan aus.

n Politik und Gesellschaft stehen die Zeichen zum Jahresbeginn 2022 auf Neuanfang, und fürviele
gilt das auch im eigenen Leben. Ein Team um Titelautorin Susanne Beyer hat sich mit den Mecha-
nismen des Neustarts beschäftigt, mit den Risiken, Dramen, Schwierigkeiten, aber auch den Chan-
cen. Die Redakteurinnen und Redakteure beschreiben jene kulturellen Einflüsse, die den Blick auf
Anfänge prägen, und stellen Menschen vor, die den Neuanfang wagten und es nicht bereuen. Und
Barbara Hardinghaus traf auf der kanarischen Insel La Palma drei Frauen aus Deutschland, die sich
dort unabhängig voneinander ein neues Leben aufgebaut hatten – dann brach der Vulkan aus.

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TITEL

Gordon Welters / DER SPIEGEL

Katrin Bernat, 42

»Ich habe Corona als Zeichen gesehen.« Das sagt die ehemalige Buchhalterin über

ihre Entscheidung, sich ihren Jugendtraum zu erfüllen: Sie hat aus ihrer Leidenschaft

für Pferde einen neuen Beruf gemacht.

kommt der Impuls zum Neuanfang von innen,

weil ein Mensch sich entweder danach sehnt,

ein anderer zu werden, oder endlich derjenige,

der er immer schon sein wollte. Bei Katrin

Bernat wurde der Anstoß von außen verstärkt

durch einen inneren Wunsch.

Endlich den Beruf wechseln. Endlich die

interessante Frau sein. Endlich abnehmen.

Endlich aufhören zu rauchen. Endlich mit

dem Sport anfangen. Endlich den Tanzkurs

machen. Endlich den Motorradführerschein.

Endlich dorthin ziehen, wo man immer schon

leben wollte. Endlich den verlorenen Freund

um Verzeihung bitten. Endlich der intriganten

Kollegin sagen, dass man sieht, was sie tut.

Endlich Mutter werden. Sich endlich von dem

Gedanken verabschieden, dass Mutterschaft

zu einem glücklichen Leben dazugehört. Endlich

die Lebenslüge loswerden.

Silvester ist so eine Zäsur von außen, die

diese Sehnsüchte befördert. Das Wort »endlich«

gehört zu Silvester wie die perlenden

Getränke. Sehr oft bleibt es dann beim Träumen,

man sieht sich vor dem inneren Auge

an der Seite eines neuen Partners, in einem

schöneren Körper, mit einem aufgefrischten

Ich. Schon solche Traumgebilde können die

Psyche entlasten und die Lage, wie sie nun

mal ist, stabilisieren. Sehr bald mit dem neuen

Leben anfangen zu wollen, nur noch nicht

jetzt, kann auch heißen, es praktisch nie zu

tun – und trotzdem ganz gut durchs eigene

Leben zu kommen.

Doch dieses ewige Leben im Konjunktiv,

dieses Hätte-könnte-würde kann auch so bedrängend

werden, dass es zum Absprung ins

Ungewisse kommt. Der Sozialpsychologe

Harald Welzer rät in einem Bestseller dieses

Bücherherbstes, den Mut dafür aufzubringen.

Am Anfang der Coronakrise hatte Welzer

einen Herzinfarkt. Er überlebte ihn knapp.

Es war Zufall, dass mit dem Herzinfarkt

seine eigene kleine Welt stillstand, während

Nr. 1 / 30.12.2021

DER SPIEGEL

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