Umweltverbrechen multinationaler Konzerne - Greenpeace
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Annex 1<br />
Zum gegenwärtigen Stand des internationalen Haftungsrechts<br />
Prof. Dr. Ulrich Beyerlin, Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht<br />
und Völkerrecht, Heidelberg<br />
Mit der stetig wachsenden Zahl völkerrechtlicher Übereinkommen, die den Staaten<br />
zunehmend stärker ausdifferenzierte Umweltschutzverpflichtungen auferlegen, hält die<br />
Herausbildung effizienter Durchsetzungsmechanismen nicht annähernd Schritt. Die Folge ist<br />
ein beträchtliches Defizit an Rechtsbefolgung.<br />
Ein kaum entbehrliches Mittel zur Durchsetzung international verbindlicher Umweltnormen<br />
ist zweifellos die internationale Umwelthaftung, mit der auf die Verursachung<br />
grenzüberschreitender Umweltschäden reagiert und zugleich ein Anreiz zu<br />
umweltkonformem Verhalten geschaffen wird. Ihr kommt damit auch eine wichtige<br />
präventive Funktion zu. Ein umfassendes, rechtlich wie praktisch wirksames internationales<br />
Umwelthaftungsrecht hat sich gleichwohl bis heute nicht zu entwickeln vermocht. Wie sich<br />
zeigen wird, bilden entsprechende vertragliche Haftungsregeln nach wie vor die Ausnahme.<br />
Es fehlt auch immer noch an hinreichend gesicherten konkreten gewohnheitsrechtlichen<br />
Haftungsnormen; denn die Staaten scheuen sich, für die Folgen der von ihnen zu<br />
verantwortenden grenzüberschreitenden Umweltbeeinträchtigungen einzustehen.<br />
Nicht umsonst lassen sich heute staatliche wie private Akteure sehr viel eher auf<br />
Verpflichtungen zur Prävention und Minderung von Umweltschäden ein, weil diese die<br />
staatliche Souveränität weniger tangieren als Pflichten zur Wiedergutmachung dieser<br />
Schäden. Vertragliche Regelungen dieser Art finden sich heute in zahlreichen<br />
internationalen Gewässerschutzvereinbarungen wie etwa das Versprechen, sich in<br />
kritischen Situationen gegenseitig Hilfe zu leisten, sowie vor allem gemeinsame Notfallpläne<br />
aufzustellen und internationale Warn- und Alarmdienste einzurichten. 257<br />
Der Kategorie der Schadensprävention zuzurechnen ist auch das ECE-Übereinkommen<br />
über die grenzüberschreitenden Auswirkungen von Industrieunfällen vom 17.3.1992,<br />
in dem sich die Staaten u.a. gegenseitig ihre „emergency preparedness“ und angemessene<br />
Schritte zur Minimierung der Unfallfolgen zusichern.<br />
In eben diese Richtung weisen auch zwei jüngste verhaltenssteuernde Instrumente des<br />
internationalen „soft law“, nämlich die OECD Guidelines for Multinational Enterprises 258 ,<br />
mit der multinationale Unternehmen dazu angehalten werden, die Umweltverträglichkeit<br />
ihrer Entscheidungen zu gewährleisten und „contingency plans for preventing, mitigating,<br />
and controlling serious environmental and health damage from their operations, including<br />
accidents and emergencies“ bereitzuhalten.<br />
Desgleichen ist zu nennen der von UN-Generalsekretär Annan an alle verantwortlichen<br />
sozialen Akteure adressierte UN Global Compact-Plan 259 , der neun Prinzipien aufstellt,<br />
von denen eines das „world business“ zur Ergreifung von „initiatives to promote greater<br />
environmental responsibility“ auffordert, ohne diese allerdings näher zu spezifizieren.<br />
257 Examples of this are the ECE Convention on the Protection and Use of Transboundary<br />
Watercourses and International Lakes of 17.3.1993, the UN Convention on the Law of the Non-<br />
Navigational Uses of International Watercourses of 21.5.1997 and the new Rhine Protection<br />
Convention of 12.4.1999. The Agreement on the Cooperation for the Sustainable Development of the<br />
Mekong River Basin of 5.4.1995 is the only instrument obliging basin states to identify the cause and<br />
extent of substantial damage to waters and to determine the responsibility of the state causing the<br />
damage, in conformity with the principles of international law relating to state responsibility.<br />
258 Doc. DAFFE/IME/WPG(2000)15/Final of 31.10.2001.<br />
259 Cf. the report of the Secretary-General of 17.1.2001, (30.4.2002).<br />
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