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Umweltverbrechen multinationaler Konzerne - Greenpeace

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subsidiären Haftung des den Operator nicht hinreichend überwachenden Sponsorstaates<br />

kombinierte, ist insbesondere am Widerstand der USA gescheitert. Nach einem jüngsten<br />

amerikanischen Vorschlag sollen Staaten lediglich für den Fall haften, dass sie ihrer<br />

Verpflichtung „to provide for prompt and effective response action to environmental<br />

emergencies“ als Folge staatlicher und nichtsstaatlicher Aktivitäten in der Antarktis nicht<br />

nachkommen. Nach dem derzeitigen Stand der Beratungen ist ein Konsens über die<br />

Einführung einer unmittelbaren zivilrechtlichen Haftung für in der Antarktis angerichtete<br />

Umweltschäden damit leider nicht in Sicht.<br />

Jüngst hat eine gemeinsame Arbeitsgruppe der Parteien der beiden ECE-Übereinkommen<br />

über die grenzüberschreitenden Auswirkungen von Industrieunfällen und über den Schutz<br />

grenzüberschreitender Wasserläufe und Seen – veranlaßt durch den Zyanid-Unfall in Baia<br />

Mare, Rumänien – Beratungen über ein rechtlich bindendes Instrument über „civil liability<br />

for transboundary damage caused by hazardous activities, within the scope of both<br />

Conventions“ aufgenommen. Ein revidierter Entwurf vom 28.2.2002 275 sieht insbesondere<br />

eine durch finanzielle Sicherheiten abzudeckende Gefährdungshaftung des Betreibers,<br />

daneben aber auch eine Verschuldenshaftung sonstiger Verursacher und eine<br />

Schadensminderungspflicht der mit der Kontrolle der Industrieanlage betrauten Personen<br />

vor; hinsichtlich einer etwaigen Verantwortlichkeit der Staaten selbst wird lediglich auf das<br />

allgemeine Völkerrecht verwiesen.<br />

Insgesamt betrachtet bietet das vertragliche internationale Umwelthaftungsrecht heute nur<br />

für bestimmte Umweltbereiche Lösungen an. Sie setzen primär auf die zivilrechtliche<br />

Gefährdungshaftung, sehen aber in keinem Falle eine originäre Ausfallhaftung des<br />

Urheberstaates vor. Die Einrichtung von Haftungsfonds bildet bis heute die Ausnahme.<br />

Nimmt man hinzu, dass einige hier berichtete Haftungsübereinkommen völkerrechtlich noch<br />

nicht wirksam bzw. bislang nur von wenigen Staaten ratifiziert oder auch nur unterzeichnet<br />

worden sind, so ergibt sich insgesamt eine sehr unbefriedigende Bilanz der vertraglichen<br />

Umwelthaftungsregeln.<br />

Dass sich die bestehenden Vertragslücken auch nicht durch einen Rückgriff auf<br />

völkergewohnheitsrechtliche Haftungsregeln schließen lassen, überrascht angesichts der<br />

defizitären Vertragspraxis kaum. Immerhin hat die International Law Commission (ILC) der<br />

Vereinten Nationen im Jahr 2001 nach jahrzehntelangen Bemühungen ihre Draft Articles on<br />

Responsibility of States for Internationally wrongful Acts 276 in zweiter Lesung verabschieden<br />

können. Sie machen die Staaten für Schäden, die sie unter Verstoß gegen völkerrechtliche<br />

Normen herbeigeführt haben, verantwortlich und verpflichten sie ohne Nachweis eines<br />

Verschuldens zur Wiedergutmachung dieser Schäden. Die frühere Unterscheidung zwischen<br />

„international delicts“ und „international crimes“, zu denen auch der schwerwiegende Verstoß<br />

gegen essenzielle völkerrechtliche Verpflichtungen zur Bewahrung der menschlichen Umwelt<br />

zählten, findet sich in den Draft Rules der ILC von 2001 nicht mehr. Diese haben also keinen<br />

direkten Umweltbezug. Grundsätzlich steht aber fest, dass jeder Staat für Umweltschäden in<br />

einem anderen Staat einzustehen hat, die er durch völkerrechtliche Pflichtverstöße kausal<br />

herbeigeführt hat. Bislang brachten Staaten, die Opfer erheblicher grenzüberschreitender<br />

Umweltbeeinträchtigungen geworden waren, die betreffenden Urheberstaaten allerdings nur<br />

selten vor ein internationales Gericht.<br />

Stärkere Umweltrelevanz könnte dem langjährigen Kodifikationsvorhaben der ILC zur<br />

„International Liability for Injurious Consequences Arising out of Acts not Prohibited<br />

by International Law“ zukommen, das auf eine Gefährdungshaftung des Urheberstaates<br />

für erhebliche grenzüberschreitende Umweltschäden, die aus solchen riskanten Akten<br />

resultieren, abzuzielen scheint. Derzeit ist es allerdings noch nicht über den Entwurf eines<br />

ersten Abschnittes über Verpflichtungen der Staaten zur Vorbeugung gegen<br />

275 Draft Protocol on Liability and Compensation for Damage Resulting from the Transboundary<br />

Effects of Industrial Accidents on Transboundary Waters; UN Doc. ECOSOC MP.WAT/AC.3/2002/4.<br />

Beratungen hierüber werden im Mai 2002 stattfinden.<br />

276 UN Doc. A/CN.4/L.602/Rev. 1 vom 26.7.2001.<br />

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