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_PRESTIGE_Mallorca_2_2015

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DRIVE STYLE<br />

Marinisierte Automobilmotoren<br />

«Die Geschwindigkeitsanforderungen sind allerdings in den weitesten Grenzen<br />

verschieden. Das kleine 6-Meter-Autoboot für bescheidenste Ansprüche<br />

besitzt oft nur einen 5 bis 6 PS leistenden Zweitaktmotor, welches einer<br />

Geschwindigkeit von ungefähr 10 bis 12 Kilometer pro Stunde entspricht. Das<br />

Luxusautoschnellboot in Wellenbinderform leistet mit einem 60-PS-Motor<br />

etwa 35 km / h; welche Geschwindigkeit sich mit einem 100-PS-Motor auf<br />

45 km / h erhöht. In den Vereinigten Staaten bringen die meisten Yachtwerften<br />

Serien von Autoschnellbooten heraus, die normal mit 150 bis 250 PS<br />

leistenden, leichten Spezialbootsmotoren ausgerüstet sind, die somit wohl<br />

aohne Frage als Übergangstyp zum Rennboot angesehen werden können.<br />

(…) Das Autoboot ist, wie bereits der Name sagt, ein Selbstfahrer; denn vom<br />

Steuersitz sind alle Elemente des Motors aus bedienbar, bzw. kontrollierbar.<br />

Es ist am günstigsten mit zwei Personen belastet, die dritte und vierte Person<br />

machen sich schon etwas geschwindigkeitsvermindernd bemerkbar. Typisch<br />

für Autoboote ist die Aufstellung des Motors unter dem langen Vordeck,<br />

dessen nach achtern abschliessende Schottwand etwas hinter halber Länge<br />

mittschiffs steht. Für die Gewichtsverteilung ist diese Motoraufstellung sehr<br />

günstig, da hierbei der Gesamtschwerpunkt der Motoranlage, des Rumpfes,<br />

des Brennstoffbehälters und der Besatzung von zwei Mann genau im Verdrängungsschwerpunkt<br />

liegt.»<br />

Der verbale Begriff Autoboot entwickelte sich einerseits durch die an<br />

den Automobilbau angelehnte Gestaltung der Armaturenbretter mit entsprechender<br />

Instrumentierung und anderseits durch den Einbau von Automobillenkrädern.<br />

Hauptgrund war jedoch die Verwendung von – gegenüber<br />

konventionellen Schiffsmotoren leichteren und drehfreudigeren – Automobilmotoren,<br />

die für den neuen Einsatzzweck marinisiert wurden: Kühlwasser<br />

wurde hierzu aussenbords über ein gefiltertes Seeventil angesaugt, während<br />

die Abgassammelleiste in doppelwandiger Ausführung eine Wasserumspülung<br />

aufwies, die über einen Abgasschlauch wieder nach Aussenbord führte. Die<br />

Leistung reduzierte sich automatisch, da die Motorkraft durch den Propeller<br />

permanent abgefordert wird.<br />

Werkseitig angeboten wurden diese seetauglichen Aggregate unter anderen<br />

von Selve (Dreiliter-Kompressor mit 70 PS), Maybach, Mercedes-Benz,<br />

Brennabor, BMW und Horch, die alle ihre eigene Geschichte zu diesem<br />

Geschäftsfeld hatten. Maybach beispielsweise kam erstmals ab 1915 mit der<br />

Schifffahrt in Berührung. In den 1920er-Jahren wurden die für Omnibusse<br />

Autoboot der Schweizer Werft Faul in Horgen:<br />

eine 21 km/h schnelle «Backdeck Runabout» mit<br />

20-PS-Kermath-Vierzylinder von 1926.<br />

entwickelten Sechszylindermotoren nun – in beschrieben<br />

modifizierter Boots ausführung – auch in<br />

Barkassen, Motorbooten und sonstigen kleinen<br />

Wasserfahrzeugen eingesetzt. Motorisiert mit<br />

dem 100 PS starken, auf 1000 / min untersetzten<br />

Maybach-Motor Typ S5 waren Geschwindigkeiten<br />

von knapp 30 km / h möglich. Die jeweils 560 kg<br />

schweren Aggregate S5, S6 und S7 unterschieden<br />

sich bei gleichem Hubraum von 6995 cm³ hauptsächlich<br />

durch gestaffelte Motor- bzw. Wellendrehzahlen,<br />

je nach Untersetzung des Wendegetriebes.<br />

Die Bandbreite der Einsatzmöglichkeiten des Maybach<br />

S5 reichte von Feuerlöschbooten bis hin<br />

zu Motoryachten und mittelgrossen Autobooten.<br />

Sogar der mächtige VL-Zwölfzylinder, mit dem<br />

auch das Luftschiff «Graf Zeppelin» angetrieben<br />

wurde, kam auf den Privatyachten New Yorker<br />

Millionäre zum Einsatz, um möglichst rasch und<br />

bequem zu ihren Landsitzen zu kommen.<br />

Andere Länder, andere Sitten<br />

In westeuropäischen Metropolen mit Meer- oder<br />

Seeanschluss, beispielsweise Berlin, wurden an<br />

den Villen mit Uferlage in jener Zeit spezielle Wassergaragen<br />

errichtet – zehn Meter lang, aber nur<br />

zwei Meter breit. Die Proportionen entsprachen<br />

dem damals gängigen Bootstypus – schlank, elegant,<br />

offen und aus Holz oder Stahl gefertigt. Die<br />

typische Rumpfform der Autoboote war entweder<br />

ein Rundspant, ein Wellenbinder (für eher rauere<br />

Gewässer und zum Teil mit Flugzeugmotoren<br />

ausgestattet) oder der V-Spant für höhere Geschwindigkeiten.<br />

Ihre Gesamtverdrängung betrug<br />

teilweise über zwei Tonnen. Ausgestattet wurden<br />

diese schnellen Boote mit Motoren verschiedenster<br />

Stärken, sodass Geschwindigkeiten von 12 bis<br />

über 50 km / h erreicht werden konnten, wobei die<br />

stärksten Boote schon in den Bereich der Schnellboote<br />

reichten. Autoboote mit einer festen Kajüte,<br />

die bei schlechtem Wetter Schutz boten und<br />

gegebenenfalls auch zur Übernachtung dienten,<br />

wurden als Limousinen bezeichnet, während<br />

solche, die über eine grosse wegklappbare Persenning<br />

verfügten, als Kabriolett galten. Typisch war<br />

immer die weiter hinten angeordnete Kabine – der<br />

Motor sass ja vorne.<br />

Wenngleich Autoboote oft auch als Berliner Zigarren<br />

bezeichnet wurden, so war die Verbreitung<br />

dieses Bootstyps keineswegs auf die Gewässer<br />

rund um die deutsche Hauptstadt beschränkt.<br />

Auch auf dem Rhein, der Elbe, auf dem Bodensee<br />

sowie in allen schweizerischen Gewässern (dort<br />

auch mit Motoren von Hispano-Suiza, Kermath<br />

The Luxury Way of Life | 121

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