_PRESTIGE_Mallorca_2_2015
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CULTURE<br />
STREIFZUG DURCH DIE<br />
KULTURGESCHICHTE<br />
DINGE<br />
Unsere gesamte Zivilisation scheint auf<br />
der Praktik des Sammelns zu fussen.<br />
Matthias Benjamin Grupp<br />
Haben Sie sich auch schon einmal<br />
überlegt, was Sie vielleicht<br />
einmal als Kind sammelten oder<br />
wer in Ihrer Umgebung diese<br />
Leidenschaft eifrig betreibt?<br />
Oder sammeln Sie etwas mehr oder weniger bewusst<br />
wie ich? Bewusst sammle ich als Historiker<br />
Quellen und damit Fakten, um eine Geschichte<br />
rekonstruieren zu können. Eher unbewusst und<br />
vielmehr einer nicht alltäglichen Sammelpassion<br />
gehe ich privat nach. Vor einigen Jahren schenkte<br />
mir eine Freundin aus Barcelona eine edle Flasche<br />
Essig. Weil das Objekt etwas von wunderbaren<br />
Erinnerungen transportierte, stellte ich sie im Herzen<br />
meines Zuhauses in meiner Küche aus. Bis<br />
heute steht sie da, un ge öffnet und thronend und<br />
darf sich meiner besonderen Zuwendung erfreuen,<br />
wenn ich sie abstaube. In der Zwischenzeit hat sich<br />
um die Königin meiner Sammlung ein ganzer Hof<br />
von Essigsorten in den unterschiedlichsten Flaschenformen<br />
und Farben aus den verschiedensten<br />
Ländern geschart. Irgendwie schlummerte diese<br />
Leidenschaft schon in meiner Kindheit in mir.<br />
Mein Grossvater nannte mich nämlich liebevoll<br />
«Saladio», wenn ich spitzbübisch vor dem Essen<br />
vom Salat, den meine Grossmutter zubereitet<br />
hatte, naschte.<br />
Bestimmt wissen auch Sie eine solche Geschichte<br />
zum Phänomen des Sammelns zu erzählen, denn<br />
wir alle bewahren, sammeln oder horten etwas.<br />
Man möchte also annehmen, dass unser Alltag,<br />
ja sogar unsere Zivilisation auf der Praktik des<br />
Sammelns basiert. Lassen Sie uns also in die Vergangenheit<br />
reisen und uns auf die Suche nach<br />
dem Phänomen des Sammelns machen, um Persönlichkeiten<br />
und Zeiten zu begegnen, die sich der<br />
Welt der Dinge verschrieben.<br />
Der römische Jäger<br />
In allen Epochen der Kulturgeschichte findet sich<br />
das Phänomen des Sammelns. Bekannt sind unsere<br />
Vorfahren als Sammler und Jäger, die ihres<br />
Überlebens willen Nahrungsmittel lagerten. Der<br />
bekannteste überlieferte Sammler in der Antike ist<br />
von Bedeutung, da seine Machenschaften jedem<br />
Kunsthistoriker und Archäologen die Haare zu<br />
Berge stehen lassen. Die Rede ist von Gaius Verres<br />
(115 v. Chr.–43 v. Chr.), der sich als Statthalter<br />
der Provinz Sizilien an Kunstschätzen bereichert<br />
und die dortige Bevölkerung drangsaliert haben<br />
soll. Über seine frevlerischen Taten berichtet uns<br />
der berühmteste Redner Roms, Marcus Tullius<br />
Cicero (106 v. Chr.– 43 v. Chr.), in seinen «Orationes<br />
in Verrem» (Reden gegen Verres). Cicero selbst<br />
The Luxury Way of Life | 33