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CULTURE<br />

STREIFZUG DURCH DIE<br />

KULTURGESCHICHTE<br />

DINGE<br />

Unsere gesamte Zivilisation scheint auf<br />

der Praktik des Sammelns zu fussen.<br />

Matthias Benjamin Grupp<br />

Haben Sie sich auch schon einmal<br />

überlegt, was Sie vielleicht<br />

einmal als Kind sammelten oder<br />

wer in Ihrer Umgebung diese<br />

Leidenschaft eifrig betreibt?<br />

Oder sammeln Sie etwas mehr oder weniger bewusst<br />

wie ich? Bewusst sammle ich als Historiker<br />

Quellen und damit Fakten, um eine Geschichte<br />

rekonstruieren zu können. Eher unbewusst und<br />

vielmehr einer nicht alltäglichen Sammelpassion<br />

gehe ich privat nach. Vor einigen Jahren schenkte<br />

mir eine Freundin aus Barcelona eine edle Flasche<br />

Essig. Weil das Objekt etwas von wunderbaren<br />

Erinnerungen transportierte, stellte ich sie im Herzen<br />

meines Zuhauses in meiner Küche aus. Bis<br />

heute steht sie da, un ge öffnet und thronend und<br />

darf sich meiner besonderen Zuwendung erfreuen,<br />

wenn ich sie abstaube. In der Zwischenzeit hat sich<br />

um die Königin meiner Sammlung ein ganzer Hof<br />

von Essigsorten in den unterschiedlichsten Flaschenformen<br />

und Farben aus den verschiedensten<br />

Ländern geschart. Irgendwie schlummerte diese<br />

Leidenschaft schon in meiner Kindheit in mir.<br />

Mein Grossvater nannte mich nämlich liebevoll<br />

«Saladio», wenn ich spitzbübisch vor dem Essen<br />

vom Salat, den meine Grossmutter zubereitet<br />

hatte, naschte.<br />

Bestimmt wissen auch Sie eine solche Geschichte<br />

zum Phänomen des Sammelns zu erzählen, denn<br />

wir alle bewahren, sammeln oder horten etwas.<br />

Man möchte also annehmen, dass unser Alltag,<br />

ja sogar unsere Zivilisation auf der Praktik des<br />

Sammelns basiert. Lassen Sie uns also in die Vergangenheit<br />

reisen und uns auf die Suche nach<br />

dem Phänomen des Sammelns machen, um Persönlichkeiten<br />

und Zeiten zu begegnen, die sich der<br />

Welt der Dinge verschrieben.<br />

Der römische Jäger<br />

In allen Epochen der Kulturgeschichte findet sich<br />

das Phänomen des Sammelns. Bekannt sind unsere<br />

Vorfahren als Sammler und Jäger, die ihres<br />

Überlebens willen Nahrungsmittel lagerten. Der<br />

bekannteste überlieferte Sammler in der Antike ist<br />

von Bedeutung, da seine Machenschaften jedem<br />

Kunsthistoriker und Archäologen die Haare zu<br />

Berge stehen lassen. Die Rede ist von Gaius Verres<br />

(115 v. Chr.–43 v. Chr.), der sich als Statthalter<br />

der Provinz Sizilien an Kunstschätzen bereichert<br />

und die dortige Bevölkerung drangsaliert haben<br />

soll. Über seine frevlerischen Taten berichtet uns<br />

der berühmteste Redner Roms, Marcus Tullius<br />

Cicero (106 v. Chr.– 43 v. Chr.), in seinen «Orationes<br />

in Verrem» (Reden gegen Verres). Cicero selbst<br />

The Luxury Way of Life | 33

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