_PRESTIGE_Mallorca_2_2015
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TRAVEL<br />
Palmen oder ausgedehnte Eukalyptuswälder ins<br />
Bild; ausserdem zwei Bar- und Restaurantwagen<br />
mit unverschämt bequemen Sesseln von barocken<br />
Ausmassen. Schliesslich ein Party Coach,<br />
in dem am Abend Live-Musik geboten wird und<br />
an den sich die Küche anschliesst, in der Küchenchef<br />
Juan und seine Assistentin all die kleinen<br />
Köstlichkeiten zaubern, die uns die Fahrt versüssen.<br />
Nachts steht der El Transcantábrico in Bahnhöfen,<br />
sodass ungestörte Nachtruhe garantiert<br />
ist.<br />
Ein typischer Tag im El Transcantábrico beginnt<br />
pünktlich um 8 Uhr mit dem «Glöckchen», das uns<br />
sanft aus süssen Träumen reisst. Nach einer<br />
Dusche wartet im Restaurant schon das Frühstücksbuffet<br />
auf uns, erweitert um täglich wechselnde<br />
regionale Spezialitäten. Um 9.45 Uhr heisst<br />
es: alle Mann von Bord. Reiseleiterin Rosa sorgt<br />
mit ihrem resoluten Charme und in drei Sprachen<br />
dafür, dass alle pünktlich im Bus sitzen. Neben<br />
geführten Rundgängen bleibt dabei immer auch<br />
genügend Zeit für Erkundungstouren auf eigene<br />
Faust. Gegen 14 Uhr ist es Zeit für ein ausgedehntes<br />
Mittagessen – in Spanien die wichtigste<br />
Mahlzeit des Tages. Weniger als vier Gänge stehen<br />
dabei nie auf der Karte, dazu fliessen erlesene<br />
spanische Weine und lokale Spirituosen wie der<br />
Orujo, eine Art kräftiger Grappa, in Strömen.<br />
Schon am dritten Tag wollen die Knöpfe am Sakko<br />
nicht mehr recht schliessen. Unseren Mitreisenden<br />
geht es nicht anders. Trotzdem geniessen wir jede<br />
Minute. Apropos Sakko: Der Dresscode an Bord<br />
ist ausgesprochen leger. Weder Krawatte, Anzug<br />
oder Abendkleid sind nötig.<br />
Als böten die «offiziellen» Mahlzeiten nicht schon<br />
genug Gelegenheit zur Völlerei, gehören zusätzlich<br />
noch diverse Verkostungen zum Programm –<br />
etwa eine Probe von lokalen Käsespezialitäten wie<br />
des kräftigen Cabrales begleitet von traditionellem<br />
asturischem Cidre oder der Besuch auf einem Weingut, ebenfalls inklusive<br />
Probe und Tapas, versteht sich.<br />
Nach dem Mittagessen – also praktisch nie vor 16 Uhr – rollt unser Zug mit<br />
gemächlichen 50– 70 Stundenkilometern dann jeweils seinem nächsten Ziel<br />
entgegen. Genügend Zeit also für eine ausgedehnte Siesta. Vor dem Dinner,<br />
das gegen 21 Uhr serviert wird, steht ein weiterer kleiner Ausflug auf dem<br />
Programm, der meist mit einem Predinner Drink endet. Nach dem Abendessen<br />
ist Partytime.<br />
Santiago de Compostela<br />
Neben Touristenmagneten wie Bilbao, San Sebastián oder Santander werden<br />
vom El Transcantábrico auch weniger bekannte, aber nicht minder lohnende<br />
Ziele wie Asturiens Hauptstadt Oviedo, Gijón oder Avilés angesteuert. Aber<br />
auch das Hinterland kommt nicht zu kurz: Ein absoluter Höhepunkt der Reise<br />
ist am 5. Tag zum Beispiel die Fahrt durch die rund 20 Kilometer lange<br />
Schlucht des Rio Deva mit ihren teilweise bis zu 600 Meter hoch aufragenden<br />
Felstürmen.<br />
Mittlerweile ist die kunterbunte Truppe an Bord fast schon ein wenig zur<br />
Familie zusammengewachsen. Bei Lunch oder Dinner werden die Eindrücke<br />
des Tages ausgetauscht, nach dem Essen geniesst man zusammen<br />
noch eine Tasse Kaffee oder ein Gläschen Wein in einer nahegelegenen<br />
Bodega – schliesslich sind es von den meisten Übernacht-Bahnhöfen nur<br />
wenige Schritte ins Ortszentrum. Die Woche an Bord vergeht so fast wie im<br />
Flug, und als wir uns langsam dem Endpunkt unserer Reise in Ferrol nähern,<br />
macht sich Wehmut breit. Adressen werden getauscht, gegenseitige Besuche<br />
vereinbart. Dann bringt uns Benito per Bus auf der letzten Etappe<br />
direkt ins Zentrum von Santiago de Compostela mit seiner alles überragenden<br />
Kathedrale, wo die Reise im El Transcantábrico nach einer Stadtführung<br />
endet. Wir machen uns danach gemeinsam mit Kees und Berry in<br />
den Gassen der Altstadt aber erst mal auf die Suche nach einem guten<br />
Restaurant. Schliesslich geht es stramm auf 14 Uhr zu, und unser Magen<br />
ist mittlerweile an regelmässige Mehrgangmenüs zu dieser Zeit gewöhnt.<br />
Ausserdem geniessen Galiziens Gewässer den Ruf, das beste Meeresgetier<br />
Europas zu beherbergen. Bei «mariscos» und Wein lassen wir die vergangene<br />
Woche dann noch einmal Revue passieren. Unser Abschied vor dem<br />
«Parador Nacional de los Reyes Católicos» ist herzlich, die Augen werden<br />
feucht – nicht nur wegen des Regens, der an diesem Nachmittag in Santiago<br />
fällt. Der Besuchstermin bei Kees und Berry in Andalusien steht. Wir haben<br />
neue Freunde gefunden. Danke El Transcantábrico!<br />
74 | <strong>PRESTIGE</strong>