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Grundwissen Kultur- und Medienwissenschaft III. - Index of - Eötvös ...

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Ray Gillon<br />

wendung in fremdsprachigen Versionen festgelegt. Zum Beispiel hatten wir in Jurassic<br />

Park „Thinking Machines Computers”. „Thinking Machines” ist ein Firmenname, <strong>und</strong> es<br />

gab die Vereinbarung, daß dieser Name in allen Fassungen verwendet werden sollte. Man<br />

durfte also nicht „denkende Maschinen” oder irgendwas auf russisch schreiben. Oder<br />

nehmen wir an, Richard Nixon soll in einem Film vorkommen. Da sollte man zuerst mit<br />

dem Agenten Richard Nixons sprechen <strong>und</strong> einen Vertrag unterschreiben, sonst kann das<br />

viele Schwierigkeiten bringen. Auch dann, wenn dieser Umstand eine positive Werbung<br />

für ihn bedeutet.<br />

Okay. Jetzt sind wir also endlich im Synchronstudio <strong>und</strong> haben schon wieder viele<br />

Möglichkeiten, Fehler zu machen. Nehmen wir den Satz: „I like green apples.” Er verändert<br />

seine Bedeutung, je nachdem welches Wort betont wird. Da sieht dann „Ich mag grüne<br />

Äpfel”, aber wir haben die Bedeutung verloren. Dazu kommt noch die Interpretation.<br />

Der Satz „Ich mag grüne Äpfel” kann ganz traurig gesagt werden oder in blinder Wut.<br />

Man kann ihn so sagen, daß daraus klar hervorgeht, man ist verrückt ... Und nicht zuletzt<br />

ist auch die Lautstärke wichtig. Ein Satz kann geflüstert werden oder geschrien. Und so<br />

weiter. Der Drehbuchautor kann das zwar alles ins Drehbuch hineingeschrieben haben,<br />

aber letztendlich fällt die Entscheidung bei der Dreharbeit, mit der er nichts mehr zu tun<br />

hat.<br />

Dann stellt sich auch die Frage: Soll man die Sprecher zusammen oder getrennt aufnehmen?<br />

Dabei kommt es auf den Zeitaufwand an, auf das Budget. Darauf, wie die<br />

Schauspieler zusammenarbeiten können. Und so weiter.<br />

Auch der Tonmeister ist <strong>of</strong>t vor große Probleme gestellt. Manchmal hat er nicht einmal<br />

Zeit, den Originalfilm zu sehen, <strong>und</strong> mischt einfach das, was er bekommen hat, ohne<br />

zu wissen, ob das auch der Originalfassung entspricht.<br />

Bei der Synchronisation von JFK in Madrid zum Beispiel war der ganze So<strong>und</strong> bereits<br />

auf einem Band vorgemischt. Da war keine Flexibilität mehr möglich. Und das, obwohl<br />

gerade bei diesem Film die Tonmischung eine wesentliche dramaturgische Rolle spielt.<br />

Bei dieser spanischen Fassung von JFK ist übrigens noch etwas sehr Lächerliches passiert:<br />

JFK spricht vom Fernsehschirm. Er beginnt auf spanisch, <strong>und</strong> dann erst folgt der<br />

Anfang der authentischen Rede auf englisch. Da das aber eine Simultanübersetzung suggerieren<br />

hätte sollen, fragt man sich, ob der Dolmetscher vielleicht telepathische Fähigkeiten<br />

hatte.<br />

Andererseits habe ich ebenfalls in Spanien den Tonmeister Ricardo Casals kennengelernt,<br />

der sicher zu den besten seines Fachs gehört, <strong>und</strong> zwar was den künstlerischen <strong>und</strong><br />

den technischen Aspekt anbelangt. Zur Zeit macht er gerade Die letzte Versuchung Christi.<br />

Dieser Mann schaut sich den Originalfilm genau an, bevor er zu arbeiten beginnt. Und<br />

wenn ihm etwas nicht klar ist, ruft er sogar in Amerika an. So sollte es immer sein. Das ist<br />

aber auch eine Frage der Zeit <strong>und</strong> des Geldes.<br />

Natürlich gibt es beim Synchronisieren Unterschiede zwischen den verschiedenen<br />

Ländern. Über Frankreich kann ich mich normalerweise nicht beklagen, da geht das im<br />

allgemeinen mehr oder weniger gut. In Italien dagegen ist fast immer alles asynchron.<br />

Niemand bemerkt das, denn alle sind es so gewohnt. Ich h<strong>of</strong>fe, der Aurelio ist schon weg,<br />

sonst würde er mich umbringen. Mit Berlin haben wir ein kleines Problem, obwohl dort

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