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Grundwissen Kultur- und Medienwissenschaft III. - Index of - Eötvös ...

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Bild <strong>und</strong> Bildlichkeit 73<br />

dass es sich hier um einen direkten ,Abdruck’ der Realität handle, hier also nichts<br />

,manipuliert’ werden könne. Andererseits zielen die Techniken der Bildbearbeitung<br />

darauf ab, sich selbst in den Bildern unerkennbar zu machen <strong>und</strong> damit die Täuschungen<br />

zu begünstigen. Waren die frühen Fotomontagen <strong>und</strong> Bildfälschungen (Herausschneiden<br />

von Personen, Einmontieren nicht dazugehörender Gesichter usw.) für ein<br />

medienkompetentes Auge gut sichtbar, so sind durch die Digitalisierung der Bildproduktion<br />

<strong>und</strong> -bearbeitung diese Veränderungen heute nicht mehr leicht erkennbar.<br />

Wenn in Robert Zemeckis amerikanischem Spielfilm „Forrest Gump” (USA 1994) der<br />

Schauspieler Tom Hanks mit dem amerikanischen Präsidenten John F. Kennedy spricht<br />

<strong>und</strong> dieser direkt auf Hanks antwortet, ist die Bildmanipulation nicht s<strong>of</strong>ort wahrnehmbar.<br />

Sie kann nur aus dem Kontext eines Medienwissens, dass beide zu verschiedenen Zeiten<br />

gelebt haben, erkannt werden. Vom „Ende des Dokumentarischen”, einem „Ende der Authentizität”<br />

bzw. einem „Ende der Historizität” aufgr<strong>und</strong> der digitalen Bildtechniken zu<br />

sprechen, ist unangemessen.<br />

Bei den Kategorien des Dokumentarischen <strong>und</strong> des Authentischen handelt es sich um<br />

Zuschreibungen, die in einem größeren Diskurszusammenhang stehen <strong>und</strong> nicht von<br />

technischen Veränderungen der Bildproduktion abhängen. Als ,authentisch’ gilt etwas,<br />

was ,echt’, ,ursprünglich’ ist, was ,belegt’ oder durch eine ,Autorität’ eines Geistlichen<br />

bzw. Experten bestätigt wurde. Im Umgang mit Texten wurde für ,authentisch’<br />

erklärt, was mit Hilfe philologischer Methoden bestätigt wurde. Das Echtheits-Zertifikat<br />

war also Ergebnis einer methodischen Untersuchung. Als authentisch gilt auch <strong>of</strong>t, was<br />

sich in einem Medium der spezifischen Medialität bedient, so z.B. wenn ein Theaterregisseur<br />

unwidersprochen für das Theater behauptet: „Das Authentische ist die Gegenwart der<br />

lebendigen Spieler, Tänzer, Sänger vor lebendigen Zuschauern” (C. Peymann).<br />

Für den dokumentarischen Film hat Manfred Hattendorf ,Authentizität’ als das Ergebnis<br />

spezifischer Strategien der Gestaltung, also als ein Formproblem definiert.<br />

,Authentisierung’ des Gezeigten sei ein Vorgang, der auf unterschiedliche Strategien zurückzuführen<br />

sei, z.B. durch die Thematisierung der Rolle des Filmemachers im Prozess<br />

der Aufnahme, durch die Thematisierung von angeblich spezifisch authentischen Mitteln<br />

usw. Authentizität ist das Ergebnis eines kommunikativen Prozesses. Authentizität <strong>und</strong><br />

Inszenierung sind in ihrem Wechselspiel <strong>und</strong> in ihrer Synthese Produkte der kommunikativen<br />

Vereinbarungen zwischen Produzent <strong>und</strong> Rezipient. Sie sind historisch sich verändernde<br />

Prinzipien, die jeweils konkret bestimmt werden müssen.<br />

Der Begriff der Simulation im Zusammenhang der Medien geht auf medientheoretische<br />

Überlegungen im Kontext der 1970er <strong>und</strong> 80er Jahre, vor allem auf Thesen von Jean<br />

Baudrillard (1978), zurück. Die Simulationsthese geht letztlich davon aus, dass die Realität<br />

durch eine Welt referenzloser oder zumindest sich wiederum nur auf die Zeichen<br />

der Medien selbst beziehender Zeichen verstellt sei. Die Medien seien, vereinfacht gesagt,<br />

letztlich nur Instrumente der Lüge <strong>und</strong> der Täuschung. Im ,Simulakrum’ (Trugbild,<br />

Blendwerk, Schein) <strong>und</strong> in der ,Simulation’ (Vortäuschung, Verstellung, Heuchelei) werden<br />

medienspezifische* Eigenschaften gesehen. Der Verdacht wird gestützt durch die Erfahrung,<br />

dass wir bei dem in den Medien Gezeigten, nicht über eine vormediale Erfahrung<br />

dessen, was gezeigt wird, verfügen. Anders gesagt: Wenn wir Bilder von einem Krieg am

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