Grundwissen Kultur- und Medienwissenschaft III. - Index of - Eötvös ...
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Literaturverfilmungen als ein <strong>Kultur</strong>phänomen<br />
tion eher abschätzig beurteilt. Ihnen gilt sie als Ausdruck einer schlechten Filmkultur, als<br />
Symptom einer von Staat <strong>und</strong> Fernsehen beherrschten <strong>und</strong> dirigierten Kin<strong>of</strong>ilmproduktion,<br />
als letztlich nicht zu sich selbst gekommener Film. Ist den einen die Unversehrtheit<br />
der als Vorlage benutzten Literatur wichtigstes Kriterium, ist den anderen gerade die Bezugnahme<br />
auf einen literarischen Text ein Zeichen des Niedergangs.<br />
Trotz dieser Vorbehalte nimmt die Literaturverfilmung einen herausgehobenen Platz<br />
in der Fernsehunterhaltung ein. Man mag es beklagen, daß viele die wichtigen <strong>und</strong> bedeutenden<br />
literarischen Werke sowohl der Vergangenheit als auch der Gegenwart nicht zuerst<br />
als Buch lesen, sondern auf dem Bildschirm sehen. Doch wenn es die Verfilmung nicht<br />
gäbe, kämen die meisten von ihnen überhaupt nicht in Kontakt mit den in diesen Werken<br />
enthaltenen literarischen Aussagen. Sicher ist jeder Zuschauer einer Adaption enttäuscht,<br />
wenn er das Buch bereits kennt, muß es in der Regel sein, weil er sein selbstgeformtes<br />
Bild des literarisch vermittelten Geschehens im Film nicht wiederentdeckt. Aber wie viele<br />
Millionen Fernsehzuschauer kennen den adaptierten Roman, <strong>und</strong> wie vielen von denen,<br />
die ihn irgendwann gelesen haben, ist er mehr als nur verschwommene Erinnerung längst<br />
vergangener Lektüre?<br />
Das Verhältnis von Literatur <strong>und</strong> Verfilmung<br />
Eine Literaturverfilmung ist immer in erster Linie ein Film <strong>und</strong> etwas anderes als<br />
das als Vorlage benutzte literarische Werk. Für den Leser des Romans kann deshalb<br />
die Verfilmung nur eine mögliche Interpretation dieses Romans von vielen sein, die er<br />
mit seiner eigenen Sicht oder auch mit anderen filmischen Interpretationen vergleichen<br />
kann. Dem literarischen Werk gegenüber verhalten sich Verfilmungen damit zugleich<br />
wiedergebend <strong>und</strong> interpretierend, in jeder Verfilmung artikulieren sich Standpunkte <strong>und</strong><br />
Anschauungen über das benutzte Werk <strong>und</strong> zugleich über die jeweilige Gegenwart des<br />
Interpretierenden. Diese vielfä1tigen Bezüge machen Verfilmungen immer wieder zum<br />
erklärten Gegenstand wissenschaftlicher <strong>und</strong> pädagogischer Reflexion, zu einem Fokus,<br />
an dem meist auch etwas über das Verhältnis von tradierter <strong>Kultur</strong> <strong>und</strong> neuen Medien<br />
gesagt <strong>und</strong> an dem Stellung bezogen wird.<br />
Ist das kritische Interesse an Verfilmungen älterer Werke aus der historischen Differenz<br />
zwischen der Entstehungszeit <strong>und</strong> der Zeit der Verfilmung bzw. der Verfilmungsrezeption<br />
erklärbar, rührt auch ein Großteil der immer wieder kritisch eingewendeten Probleme<br />
wie z.B. der Werktreue aus dieser historischen Differenz, so müssen bei der Verfilmung<br />
von Gegenwartsliteratur in der Diskussion andere Momente hervorgehoben werden.<br />
Die literarischen Werke, die hier adaptiert werden, sind alle unter dem Eindruck oder<br />
doch zumindest in Kenntnis des Films <strong>und</strong> teilweise des Fernsehens entstanden. Filmische<br />
Formen des Erzählens sind den Autoren, auch wenn sie sie im betreffenden Werk nicht<br />
angewendet haben, präsent. Gerade bei den zeitgenössischen Fernsehverfilmungen von<br />
Werken lebender Autoren stellt sich dazu immer auch das Problem, daß diese ebensogut<br />
auch direkt für das Fernsehen hätten schreiben können. Verfilmungen von Gegenwartsliteratur<br />
beziehen sich also auf den gleichen kulturellen Kontext wie die Werke selbst. Der<br />
historische Vermittlungsaspekt reduziert sich also, die medialen Transformationsprobleme<br />
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