Grundwissen Kultur- und Medienwissenschaft III. - Index of - Eötvös ...
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Wolfgang Gast − Knut Hickethier − Burkhard Volmers<br />
Verknüpft damit fand eine Aufwertung des dichterischen Wortes statt. Die Rezeption<br />
des Geniekultes, mehr noch die Kanonisierung von Autoren wie Goethe <strong>und</strong> Schiller<br />
<strong>und</strong> später auch anderer als „Klassiker” <strong>und</strong> die Verklärung des Dichters generell grenzten<br />
das dichterische Wort gegenüber der Wortproduktion von minder eingeschätzten Schriftstellern<br />
deutlich ab.<br />
Die Ausweitung des literarischen Marktes in der zweiten Hälfte des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts<br />
(Ausbau des Feuilletons <strong>und</strong> der Presse allgemein, der Kolportage <strong>und</strong> der Buchreihenproduktion<br />
usw.) führte nicht nur zu einer Verbesserung der sozialen Situation des<br />
Autors, sondern auch zur Verrechtlichung des Eigentumsanspruchs der Autoren im<br />
Urheberrecht. Die Transformation literarischer Werke in andere Medien wurde durch die<br />
Etablierung neuer medialer Vermittlungsformen (z.B. des Fortsetzungsabdrucks in der<br />
Zeitung) in ein neues Licht gerückt. In der Theaterpraxis verschärfte sich unter den veränderten<br />
Bedingungen auch die Kritik an der Dramatisierung. Ging man bis dahin in der<br />
Inszenierungspraxis relativ unbekümmert mit den dramatischen Texten um, veränderte<br />
man beliebig <strong>und</strong> nach Bedarf die literarischen Spielvorlagen, so ist Ende des<br />
19. Jahrh<strong>und</strong>erts eine Aufwertung des Autors festzustellen. Mit der historisierenden,<br />
am Wortlaut der dramatischen Texte akribisch festhaltenden Spielweise der Meininger-<br />
Bühne setzte sich dann auch an anderen Bühnen eine neue Wertschätzung des Dramas als<br />
einer in sich bereits vollkommenen <strong>und</strong> nicht veränderbaren künstlerischen Leistung<br />
durch. Die Kritik des Theaterdirektors <strong>und</strong> Dramenautors Oskar Blumenthal 1896 an der<br />
Überzahl von Dramatisierungen <strong>und</strong> an der Dramatisierung generell als einer Form parasitärer<br />
Aneignung fremder künstlerischer Leistungen („Schmarotzertum”) steht stellvertretend<br />
für viele ähnliche Meinungen der Zeit <strong>und</strong> zeigt, wie verbreitet die Vorbehalte gegenüber<br />
nicht original für das Theater geschriebener Stücke in der alltäglichen Theaterproduktion<br />
waren. Hier wurden bereits die Kategorien entwickelt, die die Kritiker dann in<br />
der zeitgleichen bzw. wenig später einsetzenden Adaptionsdiskussion im Kin<strong>of</strong>ilm benutzten.<br />
St<strong>of</strong>fhunger der Kinos bewirkt erste Verfilmungen<br />
Das Kino machte die Adaption als Problem überhaupt erst virulent. Mit den dann in der<br />
Folgezeit entwickelten anderen technischen Medien wie Hörfunk <strong>und</strong> Fernsehen bildete<br />
sich ein immenser Bedarf nach St<strong>of</strong>fen aus, der bei allen modernen Massenmedien in<br />
ähnlicher Weise auftrat. Dieser „St<strong>of</strong>fhunger” ist Symptom für die Ungleichzeitigkeiten in<br />
der Entstehung der modernen Massenmedien. Denn anders als bei den in einem größeren<br />
historischen Zeitraum entstandenen Medien wie dem Theater, der Buchliteratur, auch der<br />
Presse, waren bei ihnen für ihre Entwicklung neben der technischen Erfindung spezifischer<br />
technischer Reproduktionsverfahren vor allem Aspekte der ökonomischen Verwertung<br />
<strong>und</strong> der politischen Indienstnahme ausschlaggebend. Kommunikationsbedürfnisse<br />
<strong>und</strong> -kompetenzen müssen bei ihnen erst organisiert <strong>und</strong> mobilisiert werden. Auf der<br />
einen Seite muß ein Publikum gewonnen werden, auf der anderen Produzenten, Autoren,<br />
Regisseure, Techniker usw.<br />
Die Literaturverfilmung ist jedoch nicht nur bei den auf das dichterische Kunstwerk<br />
eingeschworenen Kritikern ins Gerede gekommen, auch von den Cineasten wird die Adap-