Grundwissen Kultur- und Medienwissenschaft III. - Index of - Eötvös ...
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Knut Hickethier<br />
Im Vergleich zur Schrift ist das Bild nicht-linear, es ist vom Prinzip her nicht<br />
sukzessiv angeordnet, auch wenn die Augen des Betrachters das Bild ,abfahren’, so erfolgt<br />
dies nicht wie bei der Schrift zeilenartig, sondern attraktionsorientiert. Das Bild<br />
hat also einen stärker ganzheitlich wirkenden Charakter, der Gleichzeitigkeit (<strong>und</strong><br />
damit auch Nichtzeitlichkeit) vermittelt. Bilder können dennoch in einzelne Elemente<br />
aufgeteilt werden, die unterschiedlich strukturiert sein können: Es können große, gezeichnete,<br />
gemalte Zeichen sein, Farbflachen oder kleinteilige Bildpunkte. [...]<br />
6.5 Täuschungen <strong>und</strong> Simulationen<br />
In den Mediendebatten spielen die Begriffe ,Authentizität’, ,Simulation’ <strong>und</strong><br />
,Täuschung’ immer wieder eine Rolle, wobei damit Unterschiedliches gemeint wird. In<br />
der letzten Zeit hat Christina von Braun noch den Begriff des „Schwindels” eingeführt.<br />
Täuschungen werden eigentümlicherweise fast ausschließlich an den Bildern, nicht aber<br />
an Tönen diskutiert. Das Problem der Imitation (als Stimmenimitation) stellt sich als ein<br />
besonderes medientheoretisches Problem nicht in gleicher Weise. Bei der Täuschung geht<br />
es im Gr<strong>und</strong>e immer um das Verhältnis von Zeichen <strong>und</strong> Realität bzw. von Medien<br />
<strong>und</strong> Wirklichkeit. Die Zunahme der Theorie-Debatten, die sich mit Täuschungen beschäftigen,<br />
zeigt, dass das Verhältnis von Realität <strong>und</strong> Zeichen <strong>of</strong>fenbar komplex <strong>und</strong><br />
widersprüchlich geworden ist. Es geht dabei vor allem um Referenzverhältnisse. Im Hintergr<strong>und</strong><br />
steht die schon skizzierte ,Krise der Repräsentation’, von der vor allem die<br />
französischen Philosophen um Michel Foucault <strong>und</strong> Jean Baudrillard gesprochen haben.<br />
Unterschieden werden muss im Folgenden, ob es sich um bewusste Täuschungsversuche<br />
handelt (z.B. wenn der Medienjournalist Michael Bom gefälschte Nachrichtenfilme<br />
herstellt <strong>und</strong> sie den Sendern als echte anbietet) oder um strukturelle, in den Medien<br />
selbst angelegte Täuschungen. Die Kennzeichnung als Fälschung resultiert daraus, dass<br />
Filmemacher <strong>und</strong> Film das Gezeigte als tatsächlich so geschehen <strong>und</strong> nicht vom Filmemacher<br />
inszeniert ausgeben, dies jedoch nicht der Wahrheit entspricht. Würden die Filme als<br />
,Fiktion’ ausgegeben, käme es nicht zur Kennzeichnung als Fälschung. Es geht also um<br />
die Differenz in der Gattungszuschreibung. Die Fernsehsender senden diese Filme im<br />
Glauben, das Gezeigte sei authentisch, weil die Filme vor dem Hintergr<strong>und</strong>, dass das dort<br />
Gezeigte möglicherweise so hätte passieren können, für Berichte eines sich tatsächlich so<br />
ereigneten Geschehens gehalten werden.<br />
Ähnliche Fälschungen gibt es in der Geschichte der Medien vielfach, so z.B. als vor<br />
dem Golfkrieg von 1991 eine weinende Frau berichtete, sie habe gesehen, wie die irakischen<br />
Soldaten bei der Besetzung Kuwaits Babys aus den Brutkästen geholt hätten <strong>und</strong><br />
sterben ließen. Mit dieser Geschichte wurde die Kriegsbereitschaft in den USA geschürt.<br />
Im Nachhinein stellte sich heraus, dass die Geschichte erf<strong>und</strong>en war.<br />
Von solchen intendierten Täuschungen <strong>und</strong> bewussten ,Fakes’ abgesehen, wird den<br />
Medien gr<strong>und</strong>sätzlich der Vorwurf der Täuschung gemacht. Die These, dass die Täuschung<br />
den Medien strukturell als Merkmal eingeschrieben sei, nimmt die Kritik auf, die<br />
im Zusammenhang mit der Krise der Repräsentation an den Medien formuliert wird. Das<br />
Problem der Täuschung stellt sich bei den technischen Bildern besonders. Einerseits<br />
entsteht aufgr<strong>und</strong> des technischen Charakters der Bildherstellung der Eindruck,