Grundwissen Kultur- und Medienwissenschaft III. - Index of - Eötvös ...
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Geschichte der Fotografie 67<br />
Als am 19. August 1839 Einzelheiten der Erfindung bekanntgegeben wurden, um sie<br />
als Geschenk der französischen Nation der Welt zu übereignen, hätte die Sensation kaum<br />
größer sein können. Daguerre hatte sich sein Verfahren allerdings noch sechs Tage zuvor<br />
in England patentieren lassen <strong>und</strong> sich <strong>und</strong> seinem Schwager A. Giroux darüber hinaus<br />
das Exklusivrecht zum Bau <strong>und</strong> Vertrieb seines Apparates ,le Daguerreotype’ gesichert.<br />
Die Konkurrenz aus England<br />
Von der aufsehenerregenden Entdeckung erfuhr kurz nach den ersten Presseveröffentlichungen<br />
im Januar 1839 auch der englische Konkurrent W.H.F. Talbot. Es betraf ihn<br />
sehr, hatte er doch bereits seit 1834 Versuche angestellt, sensibilisiertes Papier zu belichten.<br />
Trotz erster Erfolge stellte er diese Experimente zugunsten anderer Arbeiten zurück.<br />
Talbot zählte zu den universalen <strong>und</strong> wohlhabenden Gelehrten des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts.<br />
Seine Entdeckung eines neuen fotografischen Verfahrens machte er fast zufällig, sie resultierte<br />
ebenfalls aus seinem zeichnerischen Unvermögen. Ausgerechnet dieses mangelnde<br />
Talent brachte ihn auf die richtige Spur. 1833 scheiterten seine Versuche, Natureindrücke<br />
am Comer See mit Hilfe von Zeichengeräten getreu wiederzugeben. So kam er 1834 auf<br />
den Gedanken, Objekte, vor allem aber Pflanzenblätter auf Papier zu legen, das mit<br />
Silbernitrat <strong>und</strong> einer Salzlösung getränkt war, <strong>und</strong> sie der Sonne auszusetzen. Überall<br />
dort, wo das Papier nicht durch Objekte abgedeckt war, färbte es sich nach<br />
<strong>und</strong> nach dunkelbraun. Die Gegenstände hatten sich als helle Schatten abgebildet.<br />
Diese ,photogenetischen Zeichnungen’ fixierte er anschließend mit einer Kochsalzlösung.<br />
Das früheste erhaltene Negativ der Welt ist auf diese Weise im August 1835 entstanden.<br />
Sein eigentliches Interesse galt aber der Fixierung der Camera-obscura-Bilder. Da<br />
er aber kein geeignetes kleines Gerät besaß, ließ er sich beim Dorfschreiner acht Zentimeter<br />
kleine Kameras anfertigen, die er mit einer Linse ausstattete. Seine Frau nannte diese<br />
niedlichen Kamerakästchen zum Einfangen des Lichtes ,Mausefallen’. Er platzierte diese<br />
,mouse traps’ um sein Haus <strong>und</strong> wartete 1 bis 2 St<strong>und</strong>en, bis auf dem naß eingelegten Papier<br />
die unterschiedlichsten Ansichten des Hauses erschienen. Diese negativen Ansichten<br />
waren Gr<strong>und</strong>lage aller späteren Negativ-Positiv-Fotografien <strong>und</strong> bildeten die Basis<br />
ihrer Reproduzierbarkeit. Im August 1835 gelang ihm schließlich die berühmte Aufnahme<br />
des ,Oriel Fensters’ auf Lacock Abbey.<br />
Erst nach Bekanntgabe der Daguerreschen Erfindung begann W.H.F. Talbot weiter an<br />
seiner Erfindung zu arbeiten. Da er seine Erkenntnisse nie veröffentlicht hatte, geriet er in<br />
Zugzwang <strong>und</strong> meldete vergeblich Prioritätsansprüche an.<br />
1840 fand er die geeignete Substanz zur Sensibilisierung des Fotopapiers <strong>und</strong><br />
senkte die Belichtungszeit von 60 Minuten auf Sek<strong>und</strong>en. Talbot machte das durch<br />
eine Gallussäure-Silbernitrat-Lösung entwickelte Papiernegativ mit Bienenwachs transparent,<br />
legte es auf einen Bogen Salzpapier, <strong>und</strong> erzielte so eine positive Kontaktkopie, ein<br />
Salzprint. Er gab dem Verfahren den Namen Kalotypie, auf das er 1841 ein Patent erhielt,<br />
dessen Nutzung er streng reglementierte. Dadurch behinderte er allerdings die Verbreitung<br />
seines Verfahrens, das später auch Talbotypie genannt wurde. [...]