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Grundwissen Kultur- und Medienwissenschaft III. - Index of - Eötvös ...

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132<br />

Helmut Kreuzer:<br />

Arten der Literaturadaption<br />

Helmut Kreuzer<br />

Die früheste <strong>und</strong> bis heute häufigste ist die uneigentlichste, die Übernahme herausgenommener<br />

Handlungselemente oder Figuren, die man im autonomen Filmkontext für<br />

brauchbar hält: ,Adaption als Aneignung von literarischem Rohst<strong>of</strong>f. Das Urteil über<br />

diese Filme wird davon abhängen, was sie aus dem Rohst<strong>of</strong>f <strong>und</strong> den Bruchsteinen literarischer<br />

Herkunft filmisch machen. Das heißt, man wird sie sinnvollerweise nur als Filme<br />

<strong>und</strong> nicht als Adaption beurteilen. Gr<strong>und</strong>sätzlich erscheint es mir berechtigt, daß die Filmemacher<br />

ihre St<strong>of</strong>fe <strong>und</strong> Motive überall suchen, wo sie welche finden. Die fruchtbarsten<br />

Dramatiker <strong>und</strong> Erzähler haben stets dieselbe Freiheit für sich in Anspruch genommen.<br />

Präsentiert sich ein solcher Film allerdings ausdrücklich als Literaturverfilmung, wiewohl<br />

er Sinn <strong>und</strong> Form der Vorlage im ganzen unbekümmert mißachtet, dann wird auch dieser<br />

Anspruch als solcher mitzubeurteilen sein.<br />

Die zweite, in unserem Zusammenhang relevantere Adaptionsart ist die Illustration,<br />

die bebilderte Literatur. Sie hält sich, so weit im neuen Medium möglich, an den<br />

Handlungsvorgang <strong>und</strong> die Figurenkonstellation* der Vorlage <strong>und</strong> übernimmt auch<br />

wörtlichen Dialog, ja unter Umständen einen längeren auktorialen Erzähltext, der im Off<br />

gesprochen wird, während gleichzeitig die Bilder des Films ablaufen. Eine solche Adaption<br />

kann auf einem künstlerischen Irrtum beruhen, auf einer Vorstellung von Werktreue,<br />

die in der Verbildlichung der Handlungsinhalte <strong>und</strong> in der Unantastbarkeit des Wortes<br />

ihre Kriterien hat, darüber aber die Verschiedenheit von Medium <strong>und</strong> Zeichenmaterial <strong>und</strong><br />

mit ihr verb<strong>und</strong>ene Formgesetzlichkeiten außer acht läßt <strong>und</strong> nicht bedenkt, daß das für<br />

die Lektüre oder die Bühne geschriebene Wort anders wirkt, wenn es im oder zum Film<br />

gesprochen wird. In solchen Fällen handelt es sich um eine gutgemeinte, aber verfehlte<br />

Adaption, die sich sowohl als Adaption wie als Film legitimer Kritik aussetzt. Es ist jedoch<br />

denkbar, daß ein Filmender sich der Medien- <strong>und</strong> Kunstart-Differenzen bewußt ist<br />

<strong>und</strong> trotzdem den Adaptionstyp der Illustration experimentell erprobt. Wie Gattungen sich<br />

kombinieren oder vermischen lassen, so auch Künste, Medien, Zeichenrepertoires.<br />

Eine alte Form der Kombination ist das illustrierte Buch, bei dem der Text dominiert,<br />

oder die Bildreportage, bei der der Text zur Legende schrumpft; wieder eine andere der<br />

Fotoroman. Es ist auch durchaus möglich, eine gleichgewichtigere Kombination von<br />

Bild- <strong>und</strong> Worterzählung anzustreben, nicht aus falscher Werktreue gegenüber dem<br />

Wortgebilde, sondern im Bewußtsein, etwas Neues zu produzieren, wenn der Kamerabericht<br />

den Erzählbericht absichtsvoll begleitet. Ein durchgängig vom Film illustrierter Text<br />

ist auch dann nicht mehr derselbe, wenn er nicht gekürzt wird, wie etwa Buddecke/Hienger<br />

an der Fernsehverfilmung (1977) von Max Frischs ,Skizze eines Unglücks’<br />

durch Georg Radamowicz gezeigt haben. [...]<br />

Eine dritte Adaptionsart nenne ich die interpretierende Transformation. Transformation<br />

[...] soll heißen, daß nicht nur die Inhaltsebene ins Bild übertragen wird,

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