Grundwissen Kultur- und Medienwissenschaft III. - Index of - Eötvös ...
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Die Anfänge des Films in der populären <strong>Kultur</strong> 87<br />
Während der ersten zehn Jahre der Filmgeschichte bestand die überwiegende<br />
Mehrzahl aller Filme aus nur einer Einstellung; das traf vor allem auf die ,dokumentierenden’<br />
Aktualitäten zu, die Reise- <strong>und</strong> Städtebilder (die sogenannten vues <strong>und</strong> travelogues),<br />
die Paraden <strong>und</strong> Auftritte von Hoheiten <strong>und</strong> Politikern, Berichte über Natur- <strong>und</strong><br />
andere Katastrophen, Kriegs- <strong>und</strong> Sportberichte (so genannte topics). Noch 1903 machten<br />
diese Kurzfilme 96 % der gesamten Filmproduktion aus; <strong>und</strong> auch die Mehrzahl der fiktionalen<br />
Filme, die zwischen 1900 <strong>und</strong> 1906 realisiert wurden, bestand, in den USA vor<br />
allem durch die Politik der MPPC, aus kurzen Gags <strong>und</strong> wenig entwickelten dramatischen<br />
Situationen in nur einer einzigen Einstellung. Die „Motion Picture Patent Company”<br />
(MPPC) unter der Führung Edisons war der erste Versuch, über den angeblichen Besitz<br />
sämtlicher Patente an Filmapparaten das Monopol in der Filmindustrie durchzusetzen.<br />
Dieser „Film-Trust wollte außerdem den einaktigen Film beibehalten. Sie meinten, daß<br />
die Aufmerksamkeit des gewöhnlichen Nickelodeon-Besuchers nicht länger als 10 oder<br />
12 Minuten anhalten konnte, ohne sich durch ein Lied, ein Zwischenspiel usw. vom Film<br />
zu erholen” (Csida/B<strong>und</strong>y Csida, 1978, S. 151).<br />
Da die Entfaltungsmöglichkeit filmischen Erzählens innerhalb nur einer Einstellung<br />
naturgemäß äußerst begrenzt ist, mußte der entscheidende Schritt zur Entwicklung einer<br />
filmischen Erzählweise im Übergang vom ein- zum mehrgliedrigen Film bestehen. Dieser<br />
Übergang ist nicht chronologisch konsequent erfolgt, es kam vielmehr zu einem Nebeneinander<br />
sich ausdifferenzierender Formen von Einstellungsverbindungen, deren Begründung<br />
weniger in immanenten Gesetzmäßigkeiten filmischer Montage als in den gleichzeitigen<br />
Formen narrativer Sequenzbildung im populärkulturellen Umfeld der Filmvorführungen<br />
zu suchen ist: In den Sehgewohnheiten <strong>und</strong> Erwartungen eines Publikums, das an<br />
szenisch-theatermäßige Darstellungsformen in den Vaudeville-Theatern <strong>und</strong> Varietés gewohnt<br />
war, auf die sowohl die frühen Produzenten von Filmen wie die Filmvorführer, die<br />
diese Filme zu Programmen zusammenstellten, Rücksicht nehmen mußten. [...]