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Grundwissen Kultur- und Medienwissenschaft III. - Index of - Eötvös ...

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Werner Faulstich<br />

als Kultgegenstand, die Musikpräsentation als einmaliges, von der sakralen Aura geprägtes<br />

Erlebnis. Das Märchenhafte, das W<strong>und</strong>erbare erscheint hier im Gewand der Musik.<br />

Nicht minder interessant <strong>und</strong> wichtig sind Alba <strong>und</strong> Gorodish, die als Verrätselungsfaktoren<br />

eingesetzt sind. Sie entstammen einer anderen Dimension, die durch Interesselosigkeit,<br />

Natürlichkeit, Spontaneität, Engagement, Verantwortungsgefühl <strong>und</strong> einen gewissen<br />

Grad an mystischen Elementen, also durch Fremdheit, gekennzeichnet ist (z.B. durch<br />

sphärische Musikklänge), aber doch mit der Welt eines Jules verb<strong>und</strong>en ist. Alba <strong>und</strong><br />

Gorodish sind komplementär aufgebaut. Alba, weder kleines Mädchen noch Teenie noch<br />

erwachsene Frau, fungiert eher geschlechtslos als „schillerndes Wesen”, eine Art Götterbote<br />

oder Engel, die über gewissen Regeln <strong>und</strong> Gesetzen steht (z.B. Diebstahl der Platte<br />

<strong>und</strong> der Rolex) <strong>und</strong> die Botschaften hin <strong>und</strong> her bringt – zwischen Jules <strong>und</strong> Gorodish.<br />

Ihre vielen Hinweise auf Märchen (z.B. Hexen, vergiftete Äpfel, verzauberte Schlösser)<br />

<strong>und</strong> ihre Vorliebe für Geschichten, die wichtiger scheinen als die Realität, lassen sich<br />

kaum überhören. Sie ist ein Jenseits-Wesen, eine Art Fee in einem sakralen Universum.<br />

Ihr „Vater” oder „Herr” ist Gorodish, ein Vertreter des Mystischen, des Surrealen, der<br />

gleichwohl immer wieder in unsere menschliche Realität eingreift <strong>und</strong> die Fäden zieht,<br />

der allwissend zu sein scheint <strong>und</strong> souverän auch gegenüber kriminellen Teilen der Gesellschaft.<br />

Wie Jules lebt er in einem L<strong>of</strong>t, das aber weitgehend leer ist, <strong>und</strong> ist damit<br />

beschäftigt, ein riesiges Puzzle zusammenzusetzen, das eine gewaltige Meereswelle mit<br />

einer Taube zeigt.<br />

Seine Gr<strong>und</strong>farbe ist überall Blau (Zigarettenschachtel, T-Shirt, Meer, Jackett usw.) –<br />

Symbol für die Unendlichkeit von Himmel <strong>und</strong> Meer. Alba charakterisiert ihn als „coolen<br />

Typ, der davon träumt, die Wellen aufzuhalten”. Tatsächlich hat ein Schaukasten mit<br />

einer stets um Balance ringenden Wellenbewegung in seinem L<strong>of</strong>t eine symbolische Bedeutung.<br />

Und er belehrt Jules über die Kunst des Zen beim Baguetteschmieren. Handlungsmäßig<br />

setzt er sich mit den Taiwanesen <strong>und</strong> den Gangstern des Mädchenhandelsrings<br />

auseinander <strong>und</strong> rettet märchentypisch als „deus ex machina” Jules das Leben. Seine<br />

Überlegenheit <strong>und</strong> sein Eingreifen charakterisieren ihn als klassischen Magier. Atmosphärisch<br />

ist seine Welt aber eher von Kontemplation <strong>und</strong> Zeitstillstand oder Zeitlosigkeit<br />

gekennzeichnet; die Kamera umkreist ihn in seinem L<strong>of</strong>t <strong>und</strong> charakterisiert ihn damit als<br />

ruhenden Pol. Gorodish hat im modernen Märchen DIVA die klassische Rolle des weisen<br />

Königs inne. Nicht zuletzt entspricht dem Märchencharakter des Films, daß die guten<br />

Figuren siegen.<br />

Die Bösen sind ebenso unübersehbar böse wie die Guten gut sind. Und ihre Bosheit ist<br />

genauso stilisiert wie die Gutheit der Guten. Der Polizeikommissar Saporta ist Prototyp<br />

des Verbrechers <strong>und</strong> erfüllt das Klischee des korrupten Bullen in unserer modernen Großstadtwelt,<br />

wie wir es alle kennen. Die Taiwanesen mit ihrer Jagd nach Raubkopien <strong>und</strong><br />

ihrem Drang, mit modernster Technik Kommerzinteressen weltweit durchzusetzen, fortlaufend<br />

charakterisiert mit ihren dunklen Sonnenbrillen, sind ,,Japaner, wie sie im Buche<br />

stehen”. Und die beiden Killer, insbesondere der kleinere mit seinem tödlichen Dom, sind<br />

so <strong>of</strong>fensichtlich Killer, daß sie selbst eigentlich gar nichts tun müßten, um als solche<br />

schon identifiziert werden zu können. Wieder entspricht es dem Märchen, daß alle Bösen<br />

umkommen bzw. bestraft werden.

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