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Kompendium der Flugmedizin - Luftwaffe

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16 Belastung, Beanspruchung, Stress, Stressoren<br />

16.1 Belastung und Beanspruchung<br />

In den deutschsprachigen Arbeitswissenschaften (Arbeitsmedizin, Arbeitspsychologie, Ergonomie)<br />

hat sich in den siebziger Jahren eine klare Trennung zwischen den Begriffen „Belastung“<br />

und „Beanspruchung“ durchgesetzt. Im Belastungs-/Beanspruchungskonzept<br />

(Rohmert, 1984, Rohmert & Rutenfranz, 1975) wird Belastung analog zur Terminologie in<br />

<strong>der</strong> Mechanik als die Summe <strong>der</strong> auf den Menschen von außen einwirkenden Größen und<br />

Faktoren definiert. Rohmert (1973) unterscheidet weiter zwischen „Belastungsgrößen“ und<br />

„Belastungsfaktoren“. Belastungsgrößen sind im naturwissenschaftlichen Sinne exakt<br />

messbare Einflüsse (Strahlen, Schall, Schwingungen, mechanische Kräfte etc.), während<br />

Belastungsfaktoren als Einwirkungen aus dem psychosozialen Umfeld des Menschen verstanden<br />

werden (Zeitdruck, Arbeitsorganisation, Zwang zur Kooperation etc.), die sich einer<br />

streng naturwissenschaftlichen Messung entziehen. Belastungen jeglicher Art werden durch<br />

ihre Belastungshöhe (Intensität) und ihre Belastungsdauer (Zeit) determiniert.<br />

Beanspruchung beschreibt demgegenüber die Auswirkungen <strong>der</strong> Belastung auf den<br />

menschlichen Organismus und das Verhalten. Damit wird die Verarbeitung <strong>der</strong> Belastungsfaktoren<br />

bzw. <strong>der</strong> „energetische Aufwand angesprochen, <strong>der</strong> erbracht werden muss, um die<br />

Belastungen zu bewältigen“ (Braun et al., 1999). Die Beanspruchung eines Menschen ist<br />

abhängig von <strong>der</strong> Quantität <strong>der</strong> einwirkenden Belastungen, ihrer Qualität (Zeitdauer und Intensität)<br />

sowie von den individuellen Eigenschaften des Menschen (Anlagen, Fähigkeiten,<br />

Fertigkeiten, Alter, Geschlecht, Trainingszustand) und seiner temporären Befindlichkeit (psychophysische<br />

Fitness, Motivation, Stimmung etc.). Demnach kann die gleiche Belastung bei<br />

verschiedenen Menschen zu einer völlig unterschiedlichen Beanspruchung führen (interindividuelle<br />

Betrachtung). Aber auch intraindividuell ist die Beanspruchung des Menschen durch<br />

die gleiche Belastung zu unterschiedlichen Zeitpunkten und/o<strong>der</strong> unter verschieden Rahmenbedingungen<br />

keineswegs konstant. Bei <strong>der</strong> Auswahl von Personen für einen Arbeitsplatz<br />

(→ Eignungsfeststellung) wird deshalb versucht, die individuellen arbeitsplatzrelevanten Eigenschaften<br />

(Eignungsmerkmale) eines Bewerbers zu ermitteln und seine Beanspruchung in<br />

verschiedenen anfor<strong>der</strong>ungsbezogenen Situationen (Tests, Arbeitsproben) zu beobachten.<br />

In <strong>der</strong> Betrachtungsweise des Menschen als Teil eines „Mensch-Maschine-Systems“ wird<br />

Belastung zusammenfassend als die anfor<strong>der</strong>ungsbezogene und damit „objektive“ Seite und<br />

Beanspruchung als die personenbezogene, „subjektive“ Seite des Systems verstanden. Der<br />

begrifflichen Klarheit im deutschsprachigen Raum hinsichtlich <strong>der</strong> Unterscheidung von Belastung<br />

und Beanspruchung stehen im englischsprachigen Bereich relativ wi<strong>der</strong>sprüchliche Definitionen<br />

gegenüber. Der Begriff „Workload“ wird bei verschiedenen Autoren sowohl im<br />

Sinne von Belastung als auch von Beanspruchung definiert. Für den Begriff Beanspruchung<br />

gibt es in den englischsprachigen Arbeitswissenschaften keine eindeutige Entsprechung.<br />

Hingegen wird „Strain“ in <strong>der</strong> Mechanik eindeutig im Sinne von Beanspruchung verwendet.<br />

16.2 Stress, Stressreaktion<br />

Der Begriff Stress hat nicht nur Eingang in die Arbeitswissenschaften gefunden, son<strong>der</strong>n er<br />

ist auch eines jener Modewörter geworden, die in <strong>der</strong> Umgangssprache beson<strong>der</strong>s häufig<br />

verwendet werden. Viele Menschen fühlen sich heutzutage „gestresst“ o<strong>der</strong> klagen über den<br />

„Stress“ in <strong>der</strong> Familie, Schule bzw. Ausbildung, am Arbeitsplatz o<strong>der</strong> durch die Umweltbedingungen.<br />

Über Stress gibt es unzählige seriöse und weniger seriöse Publikationen und nahezu<br />

ebenso viele Theorien. Einigkeit über die Definition von Stress besteht bei den Wissenschaftlern<br />

nicht. Im folgenden soll deshalb nur auf die bekanntesten Ergebnisse <strong>der</strong> Stressforschung<br />

eingegangen werden. Nach Selye (1974) wird Stress als (unspezifische) Reaktion<br />

<strong>Kompendium</strong> <strong>der</strong> <strong>Flugmedizin</strong> Kap. 16 – Belastung, Beanspruchung, Stress, Stressoren 16-225

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