Gewaltbericht - Kurzfassung - BMWA
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sieht psychische Gewalt als Ausdruck des Machtkampfes<br />
zwischen Erwachsenen und Kindern.<br />
Dieser Machtkampf beruht auf der Einstellung, dass<br />
das Kind vom Erwachsenen nur zu lernen und sich<br />
ihm anzupassen hat. Als Formen psychischer<br />
Gewalt werden verächtliche Behandlung, Zwang zu<br />
demütigender und Ekel erregender Tätigkeit, das<br />
Einjagen von Furcht und Schrecken sowie das<br />
Verbot des Umgangs mit anderen Kindern genannt.<br />
3. 2. 3. Sexuelle Gewalt an Kindern<br />
Erst im letzten Jahrzehnt wurde das Schweigen über<br />
sexuelle Gewalt an Kindern gebrochen (siehe auch<br />
„Medienberichterstattung über Gewalt“). Wie auch<br />
bei den anderen Formen von Gewalt liegen verschiedene<br />
Modelle zur Erklärung der Ursachen vor, wobei<br />
Ansätze, die sexuelle Gewaltakte an Kindern personen-<br />
oder familienzentriert erklären, mittlerweile als<br />
nicht ausreichend angesehen werden. So konnten<br />
empirische Studien kein einheitliches TäterInnenprofil<br />
feststellen (Herkunft, soziale Schicht, Randgruppe).<br />
Es scheint daher notwendig, auch das Vorkommen<br />
sexueller Gewalt im gesamtgesellschaftlichen Zusammenhang<br />
zu betrachten und die geschlechtsspezifischen<br />
Faktoren mit in die Analyse einzubeziehen.<br />
Integrative Theorien, die mehrere Faktoren<br />
für sexuelle Gewalt verantwortlich machen, haben in<br />
den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen.<br />
3. 3. Auslöser und Risikofaktoren für Gewalt<br />
an Frauen in Familien<br />
Abgesehen von den bestehenden Machtstrukturen,<br />
die in erster Linie für Gewalt an Frauen verantwortlich<br />
sind, begünstigen folgende weitere Faktoren<br />
Gewalt gegen Frauen:<br />
Alter<br />
Jüngere Frauen sind häufiger Opfer von Gewalt<br />
als ältere. Frauen unter 30 werden nach Straus<br />
u.a. doppelt so häufig geschlagen wie Frauen<br />
über 30. 6 Allerdings sollte bei diesen Zahlen<br />
berücksichtigt werden, dass ältere Menschen sich<br />
seltener an Hilfseinrichtungen wenden und die<br />
Dunkelziffer daher sehr groß sein könnte.<br />
Gewalt in Herkunftsfamilien<br />
Zahlreiche Forschungen scheinen zu bestätigen,<br />
dass zwischen erlebter bzw. beobachteter Gewalt<br />
in der Kindheit und späterer Gewaltausübung ein<br />
Zusammenhang besteht. Basierend auf den An-<br />
15<br />
nahmen der sozialen Lerntheorie könnte daher<br />
von einer „Weitergabe“ gewalttätigen Verhaltens<br />
von Generation zu Generation gesprochen<br />
werden. Allerdings gilt dieser Zusammenhang nur<br />
für männliche Täter; Frauen, die in der Kindheit<br />
Gewalt erlebt bzw. beobachtet haben, sind<br />
dagegen stark gefährdet, selbst Opfer eines<br />
gewalttätigen Partners zu werden.<br />
Gewalt in der Schwangerschaft /<br />
Gewalt gegen Frau und Kind<br />
Schwangerschaft schützt eine Frau nicht vor<br />
Gewalt, sondern erhöht das Risiko, misshandelt<br />
zu werden. Nach Campbell u.a. liegen die Gründe<br />
in Motiven wie: Eifersucht des Mannes, sexuelle<br />
Unzufriedenheit, größere Verletzlichkeit und Wehrlosigkeit<br />
der Frau, Aggression gegen das Kind<br />
bzw. der Versuch, durch Gewalt einen Abortus<br />
herbeizuführen. 7<br />
Alkohol<br />
Die Ergebnisse der Forschung erlauben es nicht,<br />
einen direkten Zusammenhang zwischen Gewalt<br />
und Alkoholkonsum herzustellen. Alkoholmissbrauch<br />
ist ein möglicher Auslöser, aber nicht<br />
Ursache von Gewalt.<br />
Sozioökonomische Faktoren<br />
Entgegen der weit verbreiteten Annahme, dass<br />
Gewalt in Familien vor allem in ökonomisch ärmeren<br />
Schichten anzutreffen ist, kann die Forschung<br />
keinerlei Bestätigung dieser Hypothese liefern.<br />
Die Ergebnisse von Studien weisen lediglich<br />
darauf hin, dass die sozioökonomische Schicht<br />
eine Rolle spielt, ob Anzeige erstattet wird oder<br />
nicht. Betroffene aus höheren Einkommens- und<br />
Bildungsschichten wenden sich seltener an Hilfseinrichtungen<br />
als jene aus niedrigeren Schichten.<br />
Gibt es aber eine Statusdifferenz innerhalb der<br />
Partnerschaft, dann wird diese Ungleichheit zum<br />
Risikofaktor.<br />
Konflikte als Auslöser von Gewalt<br />
Den meisten Gewalttaten gegen Frauen gehen Konflikte<br />
voraus, die das Alltagsleben betreffen:<br />
Besitzansprüche des Mannes,<br />
Eifersucht,<br />
Anspruch auf Dominanz, Macht und Kontrolle verbunden<br />
mit „Bestrafung“ der Frau,<br />
Erwartungen bzw. Uneinigkeit bezüglich der Hausarbeit<br />
und finanzieller Ressourcen,<br />
Erziehung und Betreuung der Kinder,<br />
sexuelle Ansprüche.<br />
6 Vgl. Straus, M./Gelles, R. (Hg.): Physical violence in American families: Risk factors and adaptations to violence in 8.145 families,<br />
New Brunswick 1990.<br />
7 Vgl. Campbell, J./Poland, M./Walder, J./Ager, J.: Correlates of battering during pregnancy. In: Research in Nursing and Health, 15<br />
(3), 1992, S. 219-266.