Gewaltbericht - Kurzfassung - BMWA
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Definition von Vergewaltigung weiter zu fassen, da<br />
jede Form sexueller Gewalt negative Auswirkungen<br />
hat. Als Vergewaltigung sollten im Strafgesetz alle<br />
sexuellen Handlungen definiert werden, die gegen<br />
den Willen der Frau ausgeübt werden und ihr Recht<br />
auf Selbstbestimmung missachten. Dazu gehören<br />
auch Handlungen, die nicht mit körperlicher Gewalt,<br />
sondern mit anderen Mitteln durchgesetzt werden<br />
(Zwang, Drohungen, ökonomische Gewalt etc.).<br />
3. 1. 3. Änderungen in der Strafprozessordnung<br />
Das Recht auf Beiziehung einer Vertrauensperson<br />
43<br />
Auf Verlangen der Zeugin/des Zeugen besteht seit<br />
1994 das Recht, bei der Einvernahme durch die/den<br />
UntersuchungsrichterIn eine Vertrauensperson mitzunehmen.<br />
Schon in der Ladung muss auf dieses<br />
Recht hingewiesen werden.<br />
Die schonende Einvernahme 44<br />
Ebenfalls 1994 eingeführt wurde die so genannte<br />
„schonende Einvernahme“, die Gewaltopfern das<br />
Recht gibt, ohne Beisein des Täters als<br />
Zeugin/Zeuge aussagen zu können. Die Vernehmung<br />
erfolgt in diesem Fall in einem abgesonderten<br />
Raum und wird mittels Videokamera in<br />
den Verhandlungssaal übertragen. Bei Aussagen<br />
gegen Angehörige und von Gewaltopfern, die unter<br />
14 Jahre alt sind, muss eine schonende Einvernahme<br />
durchgeführt werden, wenn die betroffene<br />
Person dies verlangt.<br />
1998 wurde diese Regelung insbesondere für Opfer<br />
von Gewaltdelikten erweitert: Unter 14-Jährige<br />
müssen zwingend schonend einvernommen werden.<br />
Alle anderen Personen müssen über dieses Recht<br />
ausdrücklich belehrt werden.<br />
Allerdings zeigen die Erfahrungen der Frauenhausmitarbeiterinnen,<br />
dass Gerichte nicht immer unterstützend<br />
und verständnisvoll reagieren, wenn<br />
Gewaltopfer dieses Recht in Anspruch nehmen.<br />
Viele Opfer trauen sich daher nicht auf ihr Recht zu<br />
bestehen, da sie das Gericht nicht „verärgern“<br />
wollen. Positiv wirkt sich in diesem Zusammenhang<br />
die Unterstützung von Gewaltopfern durch Opferschutzeinrichtungen<br />
aus. Das Recht auf Prozessbegleitung<br />
wird daher als zentrales Element für eine<br />
59<br />
Verbesserung der Situation von Gewaltopfern im<br />
Strafverfahren gesehen.<br />
Die Diversionsnovelle<br />
Seit 1. Jänner 2000 können an Stelle eines Strafverfahrens<br />
unter bestimmten Voraussetzungen so<br />
genannte „diversionelle Maßnahmen“ treten. Die<br />
Bedingungen hierfür sind:<br />
Die Schuld des Verdächtigen ist nicht als schwer<br />
anzusehen.<br />
Die Tat hatte nicht den Tod eines Menschen zur<br />
Folge.<br />
Eine Bestrafung ist aus präventiven Gründen nicht<br />
geboten.<br />
Ausgenommen sind Delikte, die mit mehr als fünf<br />
Jahren Freiheitsstrafe geahndet werden sowie alle<br />
Sexualdelikte, nicht jedoch der „Missbrauch eines<br />
Autoritätsverhältnisses“ (§ 212 StGB).<br />
Zu den diversionellen Maßnahmen zählen:<br />
der außergerichtliche Tatausgleich (ATA),<br />
Geldbußen,<br />
Erbringung gemeinnütziger Leistungen sowie<br />
Bestimmung einer Probezeit.<br />
Von Opferschutzeinrichtungen, insbesondere den<br />
Frauenhäusern, wurde immer wieder vorgebracht,<br />
dass der außergerichtliche Tatausgleich als Maßnahme<br />
bei Gewalt gegen Frauen in der Familie nicht<br />
geeignet ist. Begründet wird dies damit, dass es für<br />
Frauen in Gewaltbeziehungen schwierig bzw. oft<br />
sogar unmöglich ist, dem Misshandler gegenüber zu<br />
sitzen und Forderungen für einen Tatausgleich zu<br />
stellen. Ebenso problematisch ist es für sie auch,<br />
den ATA abzulehnen, weil sich viele Betroffene unter<br />
Druck gesetzt fühlen und Angst haben. Eine häufige<br />
Folge ist, dass sie Vereinbarungen zustimmen, die<br />
nicht in ihrem Interesse sind, um endlich „Ruhe“ zu<br />
haben.<br />
Die MitarbeiterInnen von Opferschutzeinrichtungen<br />
haben daher nicht den Eindruck, dass es sich dabei<br />
um eine Maßnahme handelt, die den Interessen der<br />
Opfer dient.<br />
Von den MitarbeiterInnen des ATA wird mitunter die<br />
gegenteilige Position vertreten. Die vom BMUJF<br />
gemeinsam mit dem BMJ und dem BMI in Auftrag<br />
gegebene Begleitforschung entwirft ein<br />
differenziertes Bild. 45 Sie hat ergeben, dass der ATA<br />
in manchen Fällen von häuslicher Gewalt unter<br />
43 § 162 Abs. 2 StPO<br />
44 § 162a Abs. 2 StPO<br />
45 Vgl. Pelikan, C./Hönisch, B.: Die Wirkungsweisen strafrechtlicher Maßnahmen bei Gewaltstraftaten in Paarbeziehungen. Das Strafverfahren<br />
und der Außergerichtliche Tatausgleich, Wien 1999.