02.07.2013 Aufrufe

Gewaltbericht - Kurzfassung - BMWA

Gewaltbericht - Kurzfassung - BMWA

Gewaltbericht - Kurzfassung - BMWA

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

4. AUSMASS VON GEWALT<br />

Die Basis für Aussagen zum Ausmaß von Gewaltanwendung<br />

gegen Personen bilden einerseits<br />

amtliche Statistiken, die jedoch nur einen Ausschnitt<br />

der Realität familiärer Gewalt abbilden (s.u.).<br />

Andererseits werden Studien herangezogen, die<br />

entweder auf Erhebungen beruhen oder auf Grundlage<br />

der vorhandenen Statistiken Dunkelziffern<br />

errechnen.<br />

Diese Dunkelziffern werden im Allgemeinen als<br />

relativ hoch angegeben, weil davon ausgegangen<br />

wird, dass nur ein geringer Anteil der tatsächlich verübten<br />

Übergriffe zur Anzeige gelangt – z.B. weil die<br />

Opfer zu jung sind, um sich mitzuteilen; unter Druck<br />

gesetzt werden und deshalb schweigen; Buben sich<br />

zumeist schwerer tun, sich um Hilfe nach außen zu<br />

wenden. Obwohl diese Begründungen von vielen<br />

ExpertInnen geteilt werden, lehnen einige<br />

WissenschafterInnen die Errechnung von<br />

Dunkelziffern ab. Sie argumentieren, dass die<br />

kolportierten Zahlen eine Scheingenauigkeit<br />

suggerieren und darüber hinaus vielfach die methodische<br />

Transparenz über ihr Zustandekommen fehlt.<br />

4. 1. Das Ausmaß von Gewalt an Kindern<br />

Die nachfolgenden Zahlen aus Forschungsarbeiten<br />

und Statistiken geben einen Einblick über das<br />

Ausmaß der Gewalt an Kindern.<br />

4. 1. 1. Zahlen aus der Forschung<br />

1994 wurden von MedizinerInnen 622 Fälle von<br />

physischer und 259 Fälle von sexueller Gewalt an<br />

Kindern in Österreich diagnostiziert. Es muss<br />

jedoch von einer wesentlich höheren Zahl der<br />

tatsächlichen Misshandlungsfälle ausgegangen<br />

werden, da nicht alle misshandelten Kinder zu<br />

ÄrztInnen gebracht werden, bzw. die Kinder nicht<br />

immer als Opfer familiärer Gewalt erkannt<br />

werden. 8<br />

16<br />

Eine weitere Untersuchung aus dem Jahr 1994<br />

über Ausmaß und Ursachen körperlicher Gewalt<br />

brachte zu Tage, dass 85% aller Mädchen und<br />

90,5% aller Jungen zwischen 10 und 15 Jahren<br />

bereits irgend eine Form der Gewalt durch ihre<br />

Eltern erlebt haben. 9<br />

Bei einer Befragung von Studierenden der Universität<br />

Innsbruck stellte sich heraus, dass 36% der<br />

Studentinnen und 19% der Studenten vor ihrem<br />

18. Lebensjahr sexuelle Gewalt in und/oder außerhalb<br />

der Familie erfahren haben. 10<br />

Geschlecht, Alter, sozialer und familiärer Hintergrund<br />

In einer Studie aus dem Jahr 1998 wurde festgestellt,<br />

dass Knaben bis zum 11. Lebensjahr<br />

deutlich häufiger Opfer körperlicher Übergriffe<br />

werden als Mädchen. Ab dem 11. Lebensjahr<br />

nehmen die gewalttätigen Handlungen an Jungen<br />

stark ab, an Mädchen hingegen zu. Was sexuelle<br />

Gewalt anbelangt, zeigt die Studie, dass die Zahl<br />

der weiblichen Opfer viermal höher ist als jene der<br />

männlichen. 11<br />

Basierend auf einer österreichischen Studie kann<br />

davon ausgegangen werden, dass die Häufigkeit<br />

von Gewaltanwendung durch die Eltern mit<br />

steigendem Alter des Kindes sinkt. Die meisten<br />

gewalttätigen Übergriffe erfolgen auf Kinder, die<br />

jünger als sechs Jahre sind. 12<br />

Mindestens 60% der von sexueller Gewalt<br />

betroffenen Kinder werden bereits vor der<br />

Pubertät missbraucht. Am meisten betroffen ist die<br />

Altersgruppe zwischen zehn und elf Jahren. 13<br />

Die meisten ForscherInnen stimmen darin überein,<br />

dass (vor allem sexuelle) Gewalt gegen Kinder in<br />

der Familie in allen sozialen Schichten<br />

gleichermaßen vorkommt.<br />

Für Kinder, die mit zwei bis vier Geschwistern<br />

aufwachsen, besteht das größte Risiko, von ihren<br />

Eltern misshandelt zu werden. 14 In sehr großen<br />

Familien sinkt dagegen das Ausmaß der körperlichen<br />

Gewaltanwendung. 15<br />

8 Vgl. Wimmer-Puchinger, R./Lackner, R.: Sexueller Mißbrauch in Kindheit und Jugend und seine gynäkologischen und sexuellen<br />

Kurz- und Langzeitfolgen. Wien 1997.<br />

9 Vgl. Habermehl, A.: Gewalt in der Familie. Ausmaß und Ursachen körperlicher Gewalt. Hamburg 1994.<br />

10 Vgl. Kinzl, J. F./Schett, P./Wanko, K./Biebl, W.: Langzeitfolgen sexueller Mißbrauchserfahrungen bei einer nichtklinischen Gruppe.<br />

In: Psychologie in der Medizin, 4, o. O., 1992, S. 13-17.<br />

11 Vgl. Haller, M./Höllinger, F./Pinter, A./Rainer, B.: Gewalt in der Familie. Graz 1998.<br />

12 Vgl. Habermehl, A.: Gewalt in der Familie. Ausmaß und Ursachen körperlicher Gewalt. Hamburg 1994.<br />

13 Vgl. Brockhaus, U./Kolshorn, M.: Sexuelle Gewalt gegen Mädchen und Jungen: Mythen, Fakten, Theorien. Frankfurt/Main;<br />

New York 1993.<br />

14 Vgl. Gil, D. G.: Unraveling Child Abuse. In: American Journal of Orthopsychiatry, 45(5), 1975, S. 346-356.<br />

15 Vgl. Ziegler, F.: Kinder als Opfer von Gewalt: Ursachen und Interventionsmöglichkeiten. Freiburg 1994.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!