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Gewaltbericht - Kurzfassung - BMWA

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In der Fachliteratur werden zwei Formen der<br />

sexuellen Gewalt unter Geschwistern, welche auch<br />

als Inzest bezeichnet wird, unterschieden.<br />

Machtorientierter Inzest: Darunter versteht man<br />

aggressive, sadistische, ausbeuterische und/oder<br />

erzwungene Übergriffe, die häufig mit weiteren<br />

psychischen und physischen Gewalthandlungen<br />

verknüpft sind. Der Aggressor ist häufig ein älterer<br />

Bruder.<br />

Fürsorglicher Inzest: Geschieht im gegenseitigen<br />

Einvernehmen und zeichnet sich durch Freude an<br />

der Erotik, Lust und Liebe aus. Er findet vor allem<br />

in Familien statt, in denen auch andere Formen<br />

von Gewalt verübt werden. So können z.B. Kinder,<br />

die von den Eltern misshandelt werden oder zu<br />

wenig Zuneigung erfahren, die ersehnte Wärme<br />

und Geborgenheit in einer sexuellen Beziehung zu<br />

einem Geschwister suchen. Die Kinder verbünden<br />

sich auf diese Weise und rächen sich damit<br />

gewissermaßen für die Demütigung und Zurückweisung,<br />

die sie durch die Eltern erfahren haben.<br />

Häufigkeit, Ursachen und Folgen von sexueller<br />

Gewalt an Geschwistern<br />

Nach einer amerikanischen Studie haben rund ein<br />

Fünftel der Männer und nahezu doppelt so viele<br />

Frauen sexuelle Gewalt durch Bruder oder<br />

Schwester erfahren. 33 Als Ursachen für die Übergriffe<br />

werden genannt:<br />

Gewalt in der Familie<br />

Sexuelle Kontakte zu Geschwistern können in<br />

Familien, in denen Kinder physischer und/oder<br />

psychischer Gewalt ausgesetzt sind, mehrere<br />

Funktionen erfüllen:<br />

Sie verkörpern etwas Positives, sind aufregend,<br />

spannend und intensiv.<br />

Sie geben dem Kind die Möglichkeit, mit einem<br />

zuverlässigen anderen Menschen zu verschmelzen<br />

und sich als ganze Person zu fühlen<br />

und<br />

sie können zum Schutz vor Ängsten dienen.<br />

Rollenkonfusion<br />

Kinder, die Geschwistern gegenüber die Rolle eines<br />

Elternteils einnehmen (müssen), haben hierfür meist<br />

nicht die erforderliche Reife und Autorität. Sexuelle<br />

Gewalt stellt eine Möglichkeit dar, Macht zu<br />

gewinnen und Einfluss auszuüben.<br />

33 Vgl. Finkelhor, D.: Sexually Victimized Children. New York 1979.<br />

44<br />

Auch Unsicherheit bezüglich der eigenen „Männlichkeit“<br />

oder „Weiblichkeit“ kann dazu führen, dass<br />

sexuelle Übergriffe auf die Schwester/den Bruder<br />

verübt werden.<br />

Scheidung und Stiefelternschaft<br />

Ein Kind, das der Auflösung der Familie hilflos<br />

gegenüber steht, kann sich durch die sexuellen<br />

Übergriffe Einfluss auf ein Familienmitglied sichern.<br />

Wenn Stiefvater oder Stiefmutter als Eindringlinge<br />

wahrgenommen werden, kann sexueller Missbrauch<br />

Ausdruck für die Festigung der Geschwisterbeziehung<br />

sein.<br />

Sexuelle Gewalterfahrungen der Eltern<br />

Kinder, deren Eltern – vor allem deren Mütter –<br />

sexuelle Gewalt erfahren haben, werden eher von<br />

Geschwistern missbraucht als Kinder, deren Eltern<br />

keine derartigen Erfahrungen gemacht haben.<br />

Die Auswirkungen der sexuellen Übergriffe von<br />

Geschwistern sind im Wesentlichen ident mit jenen,<br />

die bereits in vorangegangenen Abschnitten (s.o.)<br />

benannt worden sind. Prinzipiell gilt: Je jünger die<br />

betroffenen Kinder sind, desto verwirrender und<br />

potenziell schädlicher sind die sexuellen Gewalthandlungen.<br />

Auch sind die Auswirkungen gravierender,<br />

je länger der Zeitraum ist, in dem sexuelle<br />

Gewalt stattfindet.

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