Gewaltbericht - Kurzfassung - BMWA
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Gewaltformen wie Vernachlässigung werden aber<br />
gänzlich ausgeklammert.<br />
6. 3. Gewalt gegen Frauen in den Printmedien<br />
Strukturen und Funktionsweisen der Massenmedien<br />
begünstigen bereits ein verzerrtes Bild von Gewalt<br />
im sozialen Nahraum. Gewalt an Frauen ist meist<br />
Thema der Kriminalberichterstattung. Verbrechen<br />
und Kriminalität verfügen über eine Reihe von<br />
wichtigen Merkmalen, die der Struktur von Medien<br />
entgegenkommen: Es handelt sich um kurzfristige,<br />
punktuelle, intensive, unerwartete und negative<br />
Ereignisse. Besonders häufig wird in Boulevardzeitungen<br />
und TV-Sendungen über Verbrechen<br />
berichtet – als Einzelfälle ohne Erörterung der Hintergründe<br />
und Ursachen.<br />
In der Kriminalberichterstattung werden Frauen<br />
meist als Opfer dargestellt. Allerdings übertrifft die<br />
Darstellung von Frauen als Täterinnen ihren wirklichen<br />
Anteil an der Kriminalitätsrate bei weitem. In<br />
ihrer Mehrheit sind unsere Medien noch immer hierarchisch<br />
strukturiert und männlich dominiert. Hier<br />
liegt wohl ein wichtiger Grund, warum in der Berichterstattung<br />
über Gewalt an Frauen die Täterschaft<br />
verschleiert wird: Durch die Löschung des Täters,<br />
indem im Passiv berichtet wird, durch Konfusion,<br />
indem geschlechtsneutrale Begriffe verwendet<br />
werden (z.B. Gewalt in der Familie), durch Verharmlosung<br />
und Verdrehung, indem im Zusammenhang<br />
von Vergewaltigungen von Sex gesprochen<br />
wird.<br />
6. 3. 1. Inhaltsanalyse der Berichterstattung<br />
1991-1999<br />
Folgende Fragen standen im Mittelpunkt der<br />
Untersuchung:<br />
Hat sich der Umgang der Medien mit dem Thema<br />
Gewalt gegen Frauen in der Familie im Zeitraum<br />
von 1991 bis 1999 verändert?<br />
Wird Gewalt gegen Frauen in der Familie in den<br />
Medien als isolierter Einzelfall oder als gesellschaftliches<br />
Problem dargestellt?<br />
Wie wird bei der Beschreibung von Gewalt gegen<br />
Frauen in der Familie die Rolle der Opfer dargestellt<br />
(Werden sie abgewertet bzw. beschuldigt,<br />
an der Tat mit schuld zu sein)?<br />
Wie wird bei der Beschreibung von Gewalt gegen<br />
Frauen in der Familie die Rolle der Täter dargestellt<br />
(Werden Entschuldigungen für ihr Verhalten<br />
angeführt)?<br />
24<br />
Analysiert wurde die Berichterstattung in:<br />
Neue Kronen Zeitung, Täglich Alles (überregionale<br />
Boulevardzeitungen),<br />
Kurier, Der Standard (überregionale Qualitätszeitungen),<br />
profil, News (überregionale Magazine).<br />
Die Ergebnisse:<br />
Die <strong>Gewaltbericht</strong>erstattung hat sich im vergangenen<br />
Jahrzehnt nur wenig bis gar nicht verändert.<br />
Nur im Vergleich mit ähnlichen Studien<br />
aus den Jahren 1983 bzw. 1997 lassen sich in<br />
einzelnen Aspekten Veränderungen feststellen.<br />
Bemerkenswert ist allerdings der Unterschied<br />
zwischen der <strong>Gewaltbericht</strong>erstattung im Chronikund<br />
Lokalteil, die sich meist auf isolierte Fälle<br />
bezog, wogegen im allgemeinen Teil immer wieder<br />
Hintergründe thematisiert wurden.<br />
Etwas mehr als die Hälfte der Artikel bezog sich<br />
allein auf konkrete Fälle. Nur selten wurde die<br />
Berichterstattung über einen konkreten Fall mit der<br />
Darstellung von Hintergründen verbunden.<br />
Allerdings wurde in der allgemeinen Berichterstattung<br />
ab und zu doch auf die Hintergründe<br />
und Ursachen von Gewalt eingegangen. Die<br />
Dimension von Gewalt gegen Frauen als soziales<br />
Problem wurde aber nur selten erkannt und<br />
beschrieben. Es wurde auch wenig auf Lösungsvorschläge<br />
und die Folgen der Gewalttat für das<br />
Opfer eingegangen. Auch wurde in den Überschriften<br />
oft auf eine genaue Benennung der Tat<br />
und der beteiligten Personen zu Gunsten einer<br />
verschleiernden und ungenauen Formulierung verzichtet.<br />
Für die Benennung im Text trifft dies<br />
jedoch nicht zu.<br />
Sowohl Opfer als auch Täter werden kaum<br />
wertend dargestellt; es kommt fast nie zu einer<br />
sekundären Viktimisierung des Opfers, noch zu<br />
einer Entschuldigung des Täters. Allerdings<br />
kommt es auch kaum zu einer klaren Verurteilung<br />
der Tat bzw. des Täters, nur vage wird sie<br />
manchmal angedeutet. Zu einer Verharmlosung<br />
und Verschleierung der Gewalttat durch die<br />
Bezeichnungen Ehedrama, Streit oder Gewalt in<br />
der Familie kam es in weniger als der Hälfte der<br />
Artikel.