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Gewaltbericht - Kurzfassung - BMWA

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V. GEWALT GEGEN ALTE MENSCHEN<br />

Das Thema „Gewalt gegen alte Menschen“ hat zu<br />

Beginn der 80er-Jahre, ausgehend von den Erfahrungen<br />

der Sozialarbeit in Großbritannien und in den<br />

USA, Eingang in die öffentliche Diskussion gefunden.<br />

Dass nicht schon früher eine breite öffentliche Auseinandersetzung<br />

stattgefunden hat, wird im Wesentlichen<br />

auf drei Gründe zurückgeführt:<br />

1. Gewalt gegen alte Menschen ist weitgehend<br />

unsichtbar.<br />

2. Altern und Sterben sind tabuisiert – dies begünstigt<br />

das Schweigen über Gewalt im Alter.<br />

3. Lobby-Organisationen sind erst relativ spät entstanden;<br />

die traditionellen Pensionistenverbände<br />

waren und sind eher sozialpolitisch orientiert.<br />

1. FORMEN DER GEWALT<br />

AN ALTEN MENSCHEN<br />

Gewalt gegen alte Menschen hat viele verschiedene<br />

Formen. Die Bandbreite reicht von grob unhöflichem<br />

Verhalten über physische Angriffe bis hin zu Mord.<br />

Unterschieden wird zwischen:<br />

Gewalt durch aktives Tun:<br />

körperliche Misshandlung (z.B. Schlagen, Verbrennen,<br />

Festbinden an Möbelstücke, Verwendung<br />

von Gitterbetten, Verabreichung von<br />

deutlich überdosierten Medikamenten);<br />

sexuelle Gewalt;<br />

psychische Gewalt (z.B. Beschimpfungen, Verunglimpfungen,<br />

Einschüchterungen, Drohungen,<br />

Verachtung);<br />

finanzielle Ausbeutung (Entwendung von Geld<br />

oder Vermögensbestandteilen, Unterbindung der<br />

Verfügungsmacht, Pressionen zur Eigentumsübertragung);<br />

Einschränkung des freien Willens (z.B. Unterbinden<br />

der freien Wahl des Wohnorts, Behinderung<br />

oder Manipulation in der Abfassung des<br />

Testaments, Zwang zu Verhaltensweisen, z.B.<br />

bestimmte Kleidungsstücke (nicht) anzuziehen).<br />

Vernachlässigung durch Unterlassung von Handlungen:<br />

passive Vernachlässigung (z.B. Mangelernährung,<br />

Zulassen von Dehydration oder der Entwicklung<br />

von Druckgeschwüren);<br />

aktive Vernachlässigung (z.B. keine Reinigung des<br />

Bettes, Verweigerung hinreichender Pflege, des<br />

Waschens, der Versorgung mit Essen, mit<br />

Medikamenten);<br />

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psychische Vernachlässigung (z.B. Alleinlassen,<br />

Isolierung, beharrliches Schweigen).<br />

Die Grenze zwischen Normalität und Gewalt ist nicht<br />

immer klar und eindeutig. Zu den Gewalthandlungen,<br />

die von Einzelpersonen verübt werden, kommt<br />

noch die strukturelle Gewalt der Gesellschaft, die<br />

sich primär in Altenfeindlichkeit äußert. Gemeint ist<br />

damit die soziale Diskriminierung, die negative<br />

Wahrnehmung und die damit zusammenhängende<br />

Stigmatisierung alter Menschen. Ihren Ausdruck<br />

findet die Altenfeindlichkeit in erster Linie im sprachlichen<br />

Bereich. Vor allem die Medien sind in ihrer<br />

Wortwahl oft wenig sensibel (Stichwort „Überalterung“<br />

oder „Vergreisung der Gesellschaft“).<br />

2. SOZIALE SITUATION<br />

DER GEWALTAUSÜBUNG<br />

Gewalttätige Übergriffe auf alte Menschen können in<br />

verschiedenen sozialen Situationen stattfinden:<br />

2. 1. Gewalt im öffentlichen Raum<br />

Entgegen einem weit verbreiteten Vorurteil, werden<br />

seltener Straftaten gegen alte Menschen begangen<br />

als gegen jüngere.<br />

Ältere Menschen sind zudem grundsätzlich eher<br />

bereit, Anzeige zu erstatten, was die Dunkelziffer<br />

geringer hält.<br />

Ein weiteres Vorurteil besagt, dass sich ältere<br />

Menschen mehr vor Kriminalität fürchten als jüngere.<br />

Diese Meinung lässt sich wissenschaftlich nicht<br />

belegen, allerdings verhalten sich ältere Menschen<br />

tendenziell vorsichtiger als junge. Nicht zuletzt deshalb,<br />

weil für sie ein höheres Risiko besteht, bei<br />

gewalttätigen Übergriffen gravierende und mitunter<br />

bleibende Schäden davonzutragen.<br />

2. 2. Gewalt in Pflegeeinrichtungen<br />

Auf Grund der eingeschränkten Ansprechbarkeit<br />

vieler PatientInnen und der geringen medizinischen<br />

Heilungschancen wird die Pflege alter Menschen<br />

mitunter zur „rein mechanischen Massenabfertigung“.<br />

Dazu kommt, dass viele PflegerInnen nicht mit<br />

aggressiven PatientInnen umgehen können. Sie<br />

fühlen sich schuldig an der Situation, manche verhalten<br />

sich unbewusst selbst aggressiv gegenüber<br />

den PatientInnen. Staut sich Hass auf, kann es zu

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