Gewaltbericht - Kurzfassung - BMWA
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c) Gerichte:<br />
Straf- und Zivilgerichte haben auf mehreren Ebenen<br />
Möglichkeiten, Interventionsschritte zu setzen – etwa<br />
die Regelung bzw. Untersagung des „persönlichen<br />
Verkehrs“, die einstweilige Verfügung und die<br />
förmliche Sanktion gegen den/die TäterIn.<br />
Welche Hilfen gibt es für Gewalttäter?<br />
Die vorhandenen Interventionshilfen sind fast ausschließlich<br />
für männliche Gewalttäter als Zielgruppe<br />
konzipiert. Sie richten sich an Männer, die physische<br />
oder sexuelle Gewalt an Frauen bzw. sexuellen<br />
Missbrauch an Kindern verübt haben.<br />
Für Menschen, die Kinder anderweitig misshandelt<br />
haben, gibt es hingegen nur sehr wenige Interventionshilfen,<br />
was von ExpertInnen bemängelt wird.<br />
a) Psychotherapie<br />
Die psychotherapeutische Behandlung von GewalttäterInnen<br />
kann nach verschiedenen psychotherapeutischen<br />
Schulen erfolgen. Gearbeitet wird<br />
sowohl im Einzel- als auch im Gruppensetting.<br />
Abgesehen von spezifischer Kritik an der jeweils<br />
angewandten Methode, gibt es eine Reihe von<br />
grundsätzlichen Problemen, die beim Thema<br />
Psychotherapie für GewalttäterInnen zu bedenken<br />
sind:<br />
Psychotherapie basiert auf dem Konzept der<br />
Freiwilligkeit – GewalttäterInnen gehen jedoch nur<br />
selten freiwillig auf Behandlungsangebote ein.<br />
Voraussetzungen für das Gelingen einer Psychotherapie<br />
- wie Schuldeinsicht und Bereitschaft zur<br />
Mitarbeit - sind in vielen Fällen nicht gegeben.<br />
Die (aus der Sicht von PraktikerInnen unverzichtbare)<br />
Zusammenarbeit von TherapeutInnen,<br />
Opferschutzeinrichtungen und Behörden wird<br />
durch die Schweigepflicht der TherapeutInnen<br />
erschwert.<br />
Viele Therapieprogramme sind langfristig angelegt.<br />
Werden TäterIn und Opfer während der<br />
Laufzeit des Programmes nicht getrennt, sondern<br />
verbleiben in der Familie, so kann sich das sehr<br />
nachteilig für das betroffene Kind auswirken<br />
(z.B. indem der/die TäterIn Druck ausübt).<br />
b) TäterInnenprogramme<br />
Programme für Täter bzw. Täterinnen sind meist auf<br />
einen bestimmten Zeitraum begrenzte Interventionen<br />
mit konkreten Zielen (s.u.). Strukturiert sind sie überwiegend<br />
als mehr oder weniger standardisiertes,<br />
stufenförmiges Curriculum.<br />
41<br />
Ein zentraler Schwerpunkt der Arbeit liegt auf der<br />
sozialtherapeutischen Intervention (z.B. Abhalten<br />
von HelferInnenkonferenzen, Vorbereiten von<br />
Konfrontationssitzungen) und Auseinandersetzung<br />
mit der (sexuellen) Gewaltdynamik. Die meisten<br />
Fachleute, die in TäterInnenprogrammen arbeiten,<br />
verfügen auch über psychotherapeutische Kompetenzen.<br />
Einige Programme sind auf bestimmte Delikte und<br />
Tätergruppen zugeschnitten (z.B. Männer, die<br />
sexuelle Gewalt gegen Kinder verübt haben),<br />
in anderen wird auch mit sehr inhomogenen<br />
Gruppen gearbeitet.<br />
Durchgeführt werden die Programme meist in<br />
spezialisierten Beratungseinrichtungen, häufig<br />
koordiniert mit strafrechtlichen Interventionen.<br />
Die Intentionen der Programme sind im<br />
Wesentlichen:<br />
TäterInnen über die altersgemäße Entwicklung<br />
ihrer Kinder aufzuklären, so dass unrealistische<br />
Erwartungen an die Fähigkeiten der Kinder abgebaut<br />
werden können.<br />
TäterInnen über nicht gewalttätige Erziehungsmethoden<br />
zu informieren und diese für ihren<br />
Alltag einzuüben.<br />
Ablehnende Reaktionen der TäterInnen auf das<br />
Verhalten der Kinder zu reduzieren.<br />
Die positive Interaktion zwischen TäterInnen und<br />
Kindern zu verstärken.<br />
Die mehrdimensionale Arbeit mit der Familie zu<br />
fördern, damit den vielfältigen Ursachen und<br />
Bedingungen von körperlichen Gewalthandlungen<br />
Rechnung getragen werden kann.<br />
Für die Behandlung von Menschen, die Kinder<br />
sexuell ausbeuten, sind verschiedene Programme<br />
entwickelt worden. Die meisten von ihnen sind<br />
kognitiv-verhaltensorientiert ausgerichtet.<br />
Ein Konzept, das international Verbreitung gefunden<br />
hat, beinhaltet folgende fünf Grundelemente 32 :<br />
Rekonstruktion des Deliktszenarios, damit der/die<br />
TäterIn sich mit seinem/ihrem eigenen Anteil an<br />
der sexuellen Gewalthandlung auseinander setzt;<br />
Verantwortung für die Tat übernehmen lernen;<br />
Empathiefähigkeit für das Opfer entwickeln;<br />
den Unterschied zwischen der Sexualität von<br />
Erwachsenen und Kindern erkennen lernen;<br />
Erlernen von sozialen Kompetenzen – z.B.<br />
Wünsche und Bedürfnisse in adäquater Form<br />
zu artikulieren.<br />
32 Vgl. Bullens Ruud: Faktoren der Behandlung von Sexualstraftätern: Motive, Therapiesetting, Nachsorge. In: Duncker H. et al (Hg.):<br />
Forensische Psychiatrie und Psychotherapie. Werkstattschriften. Lengerich, Berlin, Riga, Scottsdale, Wien, Zagreb 1994, S. 33-53.