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Gewaltbericht - Kurzfassung - BMWA

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Abhängigkeit. Die Opfer sind auf Informationen des<br />

Misshandlers angewiesen und dieser kann ihnen<br />

alles weismachen, da sie häufig keine Möglichkeit<br />

zur Überprüfung haben. Dies kann zu einer verzerrten<br />

Wahrnehmung führen.<br />

Erschöpfung<br />

Gewalttäter versuchen die psychischen und<br />

physischen Kräfte des Opfers zu erschöpfen und<br />

damit seine Widerstandskraft zu schwächen, indem<br />

die Frau z.B. am Schlafen gehindert oder mit Arbeit<br />

überlastet wird.<br />

Abwertung der Person<br />

Beschimpfungen und Abwertungen schwächen das<br />

Selbstwertgefühl. Neben verschiedenen Demonstrationen<br />

von Macht werden manchmal auch sinnlose<br />

Handlungen erzwungen, die besonders<br />

erniedrigend sind.<br />

Das Opfer ist sich dieser Strategien meist nicht<br />

bewusst und tendiert dazu, bei sich die Schuld zu<br />

suchen. Zur Befreiung aus der Gewaltbeziehung und<br />

zur Bewältigung der Erfahrungen ist es daher auch<br />

notwendig, mit den betroffenen Frauen die<br />

Strategien von Gewaltausübung zu analysieren und<br />

Gegenstrategien zu entwickeln.<br />

1. 2. Rechtfertigungsversuche der Täter<br />

Victim blaming<br />

Victim blaming bedeutet, dem Opfer die Schuld und<br />

Verantwortung für die Gewalttat zuzuschieben. Es<br />

schützt und entlastet die Täter und dient der Aufrechterhaltung<br />

bestehender Machtverhältnisse.<br />

Victim blaming sorgt für ein gesellschaftliches Klima,<br />

in dem Gewalt an Frauen als verständliche und adäquate<br />

Reaktion auf das Verhalten des Opfers<br />

erscheint. Die Betroffenen werden in zweifacher<br />

Hinsicht Opfer: durch die Gewalttat und durch den<br />

Vorwurf, diese verursacht oder provoziert zu haben<br />

(sie hat nichts für ihn gekocht, einen zu kurzen<br />

Minirock getragen, ihren Mann betrogen, ...).<br />

Macht- und Dominanzanspruch gewalttätiger<br />

Männer<br />

Gewalttätige Männer sind oft davon überzeugt, dass<br />

der Mann in der Familie „das Sagen“ haben muss.<br />

Als Grund für die Gewalt geben sie z.B. an, dass die<br />

Partnerin nicht zu nörgeln aufgehört hat. Die Frau<br />

46<br />

wird durch die Misshandlungen zum Schweigen<br />

gebracht, Macht und Autorität werden auf diese<br />

Weise (wieder) hergestellt.<br />

Bagatellisierung der eigenen Gewalttätigkeit<br />

Die Analyse des Kontextes, in dem Gewalttaten<br />

verübt werden, wurde erst vergleichsweise spät als<br />

Forschungsthema aufgegriffen. Pionierarbeit in<br />

diesem Bereich leistete das britische Forscherehepaar<br />

Dobash. 34 Sie befragten sowohl Frauen als<br />

auch Männer und fanden heraus, dass Formen,<br />

Ausmaß und Häufigkeit der Gewalt von den<br />

Geschlechtern sehr unterschiedlich wahrgenommen<br />

werden. Nur bei „leichten“ Gewaltanwendungen<br />

stimmen Männer und Frauen in ihrer Einschätzung<br />

überein. Schwere Misshandlungen und ernsthafte<br />

Verletzungen werden dagegen, sowohl was das<br />

Ausmaß als auch die Häufigkeit betrifft, extrem<br />

unterschiedlich wahrgenommen. Dobash und<br />

Dobash begründen dies mit Abwehrstrategien, die<br />

sich der Täter zurecht legt, um die Verantwortung<br />

von sich zu weisen und sein Selbstwertgefühl hoch<br />

zu halten.<br />

1. 3. Täterprofile<br />

Kriminologische Arbeiten haben sich bisher überwiegend<br />

mit Verbrechen außerhalb der Familie<br />

beschäftigt. Über Gewalttäter im Familienverband<br />

existieren vergleichsweise wenige Untersuchungen.<br />

Die meisten Arbeiten gibt es zum Thema sexuelle<br />

Gewalt (v.a. Vergewaltigung), wobei hier die so<br />

genannten Fremdtäter im Vordergrund stehen.<br />

Männer, die ihre Ehefrauen oder Lebensgefährtinnen<br />

misshandeln, dürften in erhöhtem Maße von diesen<br />

abhängig sein. 35 Die Abhängigkeit wird nicht<br />

zugegeben bzw. ist sie dem Misshandler auch nicht<br />

bewusst. Sie zeigt sich vielmehr in kontrollierendem<br />

Verhalten, das darauf abzielt, die Freiheit der Frau<br />

zunehmend einzuschränken. Dieses Verhalten nennt<br />

die amerikanische Wissenschafterin Lenore Walker<br />

„social battering“. 36 Der Misshandler fühlt sich durch<br />

die Kontrolle über die Frau mächtig und überdeckt<br />

damit die eigene Unsicherheit und Abhängigkeit. Die<br />

Schuld für die Misshandlungen liegt in seiner Logik<br />

alleine bei der Frau, denn wenn sie sich „richtig“ verhalten<br />

würde, wären die Übergriffe nicht „nötig“.<br />

Für die Prävention von Gewalt und insbesondere für<br />

die Unterstützung der Opfer bei dem Schritt, eine<br />

34 Vgl. Dobash, R.E./ Dobash, R.P. (Ed.): Rethinking Violence against Women, Thousand Oaks/London/New Delhi 1998.<br />

35 Vgl. Godenzi, A.: Gewalt im sozialen Nahraum, Basel und Frankfurt am Main 1994.<br />

36 Vgl. Walker, L. E.: The battered women, New York 1979.

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