Gewaltbericht - Kurzfassung - BMWA
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Misshandlungsbeziehung zu verlassen, ist es<br />
wichtig, dass Kriterien zur Einschätzung der Gefährlichkeit<br />
entwickelt und besonders gefährliche Misshandler<br />
im Familienkreis identifiziert werden.<br />
Grundlagen zu diesem Thema – wie z.B. die Tätertypologien<br />
des US-Amerikaners Mederos – stammen<br />
vorwiegend aus der praktischen Arbeit mit Gewalttätern.<br />
Die folgenden Ausführungen beziehen sich<br />
auf die Arbeit Mederos. 37<br />
Profile besonders gefährlicher Gewalttäter<br />
Nach Mederos sind die drei gefährlichsten Typen<br />
von Gewalttätern:<br />
der besitzergreifende, eifersüchtige Gewalttäter<br />
akzeptiert keine Trennung von seiner<br />
Frau/Lebensgefährtin/Freundin,<br />
ist (krankhaft) eifersüchtig,<br />
neigt zu irrationalen Beschuldigungen,<br />
übt totale Kontrolle aus,<br />
droht mit Mord an Frau (und Kindern) oder<br />
mit Selbstmord,<br />
Bedrohung bleibt auch nach einer Trennung<br />
aufrecht;<br />
der sadistische Gewalttäter<br />
ist macht- und rachsüchtig,<br />
hat einen bizarren, gestörten Charakter,<br />
hegt tiefe Missachtung für die Frau als Person,<br />
wendet besonders grausame Formen der Gewalt<br />
an (folterähnlich),<br />
Gewalttaten haben häufig massive Verletzungen<br />
bzw. psychische Auswirkungen zur Folge,<br />
misshandelt häufig ohne Vorwarnung und ohne<br />
offensichtliche Auslöser,<br />
sexueller Missbrauch der Kinder ist möglich,<br />
Vergeltungstaten und Racheakte sind möglich,<br />
hat meist keine Vorstrafen,<br />
kann eine angesehene gesellschaftliche Position<br />
bekleiden;<br />
der extrem gewalttätige Misshandler<br />
hat eine extrem hohe Gewaltbereitschaft,<br />
fühlt sofort seine Männlichkeit in Frage gestellt<br />
und herausgefordert,<br />
muss sich immer beweisen,<br />
hat meist zahlreiche einschlägige Vorstrafen<br />
(allgemein gewalttätig),<br />
ist besonders gefährlich bei Gegenwehr,<br />
ist extrem streitsüchtig, besonders bei Autoritätspersonen,<br />
47<br />
kann gewalttätig werden, wenn er sich provoziert<br />
oder angegriffen fühlt,<br />
diesem Tätertyp müssen klare Grenzen gesetzt<br />
werden, seine Taten müssen sanktioniert werden;<br />
für das Opfer und das Umfeld sind Schutzmaßnahmen<br />
bereitzustellen (z.B. Polizeischutz bei<br />
Verhandlungen).<br />
In einem auch für Österreich richtungsweisenden<br />
amerikanischen Interventionsprojekt 38 wurden entscheidende<br />
Fragen zur Einschätzung der Gefährlichkeit<br />
von Gewalttätern entwickelt. Diese wurden von<br />
der Informationsstelle des Vereins Autonome<br />
Österreichische Frauenhäuser (AÖF) übersetzt und<br />
adaptiert und werden in den Schulungen verschiedener<br />
Berufsgruppen sowie in der Arbeit der<br />
Frauenhäuser und Interventionsstellen verwendet,<br />
wo sie sich in vielfältiger Weise bewähren.<br />
1. 4. Kriterien für die Einschätzung<br />
der Gefährlichkeit<br />
Sieben Bereiche müssen bei der Einschätzung der<br />
Gefährlichkeit eines Misshandlers genau untersucht<br />
und dokumentiert werden, um eine Einschätzung<br />
treffen zu können. Diese Bereiche sind:<br />
Suchtgiftmissbrauch,<br />
Gebrauch von Waffen oder Ausübung einer<br />
Kampfsportart,<br />
begangene Gewalttaten und Missachtung rechtlicher<br />
Verfügungen,<br />
begangene Gewalttaten an der Partnerin,<br />
Besitzdenken/Eifersucht,<br />
Drohungen,<br />
Art der Auslöser für die Gewalttat.<br />
Trotz Schulungen der zuständigen Institutionen<br />
behandeln manche ihrer VertreterInnen schwere<br />
Gewalttaten innerhalb der Familie häufig noch wie<br />
„Naturereignisse“, die nicht zu verhindern sind. Eine<br />
Analyse der schweren Gewalttaten und Morde im<br />
Familienverband enthüllt jedoch, dass es zumeist<br />
schon vor der Tat viele Anzeichen für die Gefährlichkeit<br />
des Täters gegeben hat. Leider reagieren Exekutive<br />
und Justiz nicht immer angemessen oder<br />
wenden das Wissen über die Einschätzung der<br />
Gefährlichkeit nicht an.<br />
37 Vgl. Mederos, F.: Domestic Violence and Probation, unveröffentlichtes Manuskript, Duluth 1995.<br />
38 Egger, R./Fröschl, E./Lercher, L./Logar, R./Sieder, H.: Gewalt gegen Frauen in der Familie, 2. Auflage, Wien 1997.