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Gewaltbericht - Kurzfassung - BMWA

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4. 2. Mobilisierung von Ressourcen<br />

Um Ressourcen zu mobilisieren, d.h., Hilfe bei<br />

Dritten zu suchen, muss der/die Betroffene sich erst<br />

einmal als Opfer definieren. Meist wird diese<br />

Strategie gewählt, um Täterinnen an weiteren<br />

Gewalttaten zu hindern. Nachteilig wirkt sich aus,<br />

dass die Gewalt als solche thematisiert werden<br />

muss, was zu einer Schädigung des sozialen<br />

Ansehens führen kann. Unterschieden wird<br />

zwischen informellen und formellen Ressourcen.<br />

Informelle Ressourcen<br />

Zu ihnen zählen Freunde, Bekannte und Familie. Sie<br />

werden grundsätzlich viel häufiger mobilisiert als<br />

formelle Ressourcen, da sie eine Konfliktlösung im<br />

„Privaten“ ermöglichen. Allerdings ist zu bedenken,<br />

dass ein großer Freundeskreis und gute soziale<br />

Kontakte ohnehin die Gefahr von Gewalt im familiären<br />

Bereich reduzieren. Im Vergleich zu Frauen<br />

wenden sich aber Männer erheblich seltener an<br />

Freunde und Verwandte um Hilfe, wobei Männern<br />

darüber hinaus eine geringere soziale Kompetenz<br />

als Frauen attestiert wird.<br />

Formelle Ressourcen<br />

Exekutive und Justiz werden von misshandelten<br />

Männern sehr selten kontaktiert. Als Grund dafür<br />

wird angeführt, dass Männer befürchten (müssen),<br />

dass ihnen weniger Glauben geschenkt wird als<br />

Frauen. Männer erstatten meist erst dann Anzeige,<br />

wenn sie von ihrer Partnerin mit einer Waffe bedroht<br />

oder angegriffen wurden. Ergebnisse aus der<br />

Evaluation der Umsetzung des österreichischen<br />

Gewaltschutzgesetzes scheinen dies zu bestätigen.<br />

Danach führte das Einschreiten der Exekutive signifikant<br />

seltener zu einer Wegweisung, wenn die von<br />

Gewalt betroffene Person ein Mann war. Auch die<br />

Zahl der Festnahmen von Frauen war viel geringer.<br />

4. 3. Normalisierung<br />

Normalisierung bedeutet in diesem Zusammenhang<br />

ein Anpassen, ein Tolerieren der Gewaltsituation.<br />

Vorteilhaft wirkt sich dabei aus, dass die Beziehung<br />

ohne große Veränderungen bestehen bleiben kann<br />

und es zu keinen sozialen Folgekosten kommt. Problematisch<br />

ist jedoch, dass das Selbstwertgefühl des<br />

Opfers mehr oder minder stark beeinträchtigt wird<br />

und die seelische Gesundheit gefährdet werden<br />

kann.<br />

Normalisierung im engeren Sinn<br />

Das bedeutet, dass Gewalt als üblich, alltäglich<br />

wahrgenommen wird. Da Gewalt zur männlichen<br />

Sozialisation in vielen Kulturen zählt, wird<br />

69<br />

angenommen, dass diese Strategie sehr häufig von<br />

männlichen Gewaltopfern gewählt wird.<br />

Bagatellisierung<br />

Im Gegensatz zur Normalisierung wird bei dieser<br />

Strategie der Normbruch zwar definiert, doch als<br />

bedeutungslos für den Mann angesehen. Diese<br />

Strategie wird sehr häufig eingesetzt, da Männer<br />

erst bei schwerer Gewaltanwendung durch die<br />

Partnerin Hilfe in Anspruch nehmen.<br />

Rechtfertigung<br />

Die Gewalt wird zwar als Normbruch und als<br />

schädigend wahrgenommen, jedoch durch die<br />

Umstände legitimiert. Es wird angenommen, dass<br />

diese Strategie in Paarbeziehungen nur sehr selten<br />

angewandt wird – am ehesten vermutlich im Falle<br />

von Notwehr.<br />

Entschuldigung<br />

Auch in diesem Fall wird die Gewaltanwendung vom<br />

Opfer als Normbruch und als schädigend definiert,<br />

doch wird sie damit erklärt, dass sich der/die TäterIn<br />

während des Übergriffs in einer psychischen Ausnahmesituation<br />

befunden habe. Studien belegen,<br />

dass sich vor allem Täterinnen im Rahmen von<br />

Strafverfahren dieser Strategie bedienen – z.B.<br />

behaupten, „geisteskrank“ zu sein. Allerdings fehlen<br />

Erhebungen, wie oft in diesen Fällen der Partner das<br />

Opfer der begangenen Gewalttat war.<br />

Bilanzierung<br />

Bei dieser Strategie stellt das Opfer die Kosten, die<br />

durch die Gewalttat entstehen dem Nutzen, der aus<br />

der Beziehung erwächst, gegenüber. Bleibt die<br />

Bilanz positiv, wird die Beziehung weitergeführt.<br />

Problematisierung<br />

Die Gewalttat wird vom Opfer als nicht gerechtfertigt<br />

angesehen, doch die Beziehung zum/zur TäterIn soll<br />

aufrecht bleiben. Das Opfer verlangt allerdings eine<br />

Änderung des Status quo (z.B. der/die TäterIn soll<br />

mit dem Trinken aufhören, sich beherrschen, sich<br />

einer Beratung/Psychotherapie unterziehen).<br />

Hilflosigkeitsreaktionen<br />

Die Gewalttat wird als Normbruch mit gravierenden<br />

und schädigenden Folgen gesehen, der weder<br />

gerechtfertigt noch entschuldbar ist. Das Opfer sieht<br />

jedoch keine Möglichkeit den derzeitigen Stand der<br />

Beziehung zu verändern bzw. in Frage zu stellen.<br />

Die Folgen sind oft Resignation und auch<br />

Depression.

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