Gewaltbericht - Kurzfassung - BMWA
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2. 1. 2. Unspezifische Signale und Folgen<br />
Im Folgenden wird zwischen körperlichen/kognitiven<br />
Beeinträchtigungen und sozial-emotionalen<br />
Störungen unterschieden.<br />
Körperliche und kognitive Beeinträchtigungen<br />
Dass Gewalt körperliche und kognitive Schädigungen<br />
nach sich ziehen kann, gilt als unumstritten.<br />
In der jüngeren Debatte wird vor allem auf Probleme<br />
in der sprachlichen Entwicklung und bei Schulleistungen<br />
aufmerksam gemacht.<br />
Auswirkungen der Misshandlung auf die sprachliche<br />
Entwicklung können sein:<br />
Ausspracheprobleme bei Klein- und Vorschulkindern<br />
(Konsonantenverschleifung, Lispeln,<br />
Piepsstimme, pantomimische Unterstützung der<br />
unvollkommenen Artikulation),<br />
begrenzter Wortschatz, ständige Wortwiederholungen<br />
und unvollkommen gebildete Sätze<br />
bei Schulkindern,<br />
infantile Babysprache,<br />
altkluge und pseudoerwachsene Redeweise etc.<br />
Sozial-emotionale Störungen<br />
Beispiele für sozial-emotionale Störungen, die mit<br />
körperlicher oder psychischer Gewalt zusammenhängen<br />
können, sind:<br />
Niedergeschlagenheit, Depression, Passivität und<br />
Freudlosigkeit, Gefühle der Hilflosigkeit und des<br />
Kontrollverlustes,<br />
Verhaltensprobleme (u.a. Wutanfälle, Delinquenz,<br />
Hyperaktivität, Ticks, Bettnässen, erstarrte<br />
Gesichtszüge und aufmerksame Musterung der<br />
Umgebung auch als frozen watchfulness<br />
bezeichnet, Beeinträchtigung des Selbstwertgefühls),<br />
soziale Kontaktstörungen (z.B. Misstrauen,<br />
Schüchternheit, gehemmtes Verhalten,<br />
Aggressivität, Ambivalenz, unsichere Bindungsmuster),<br />
Schulprobleme (z.B. Ungehorsam, Rücksichtslosigkeit,<br />
geringe Frustrationstoleranz, geringer<br />
Ehrgeiz),<br />
pseudoreifes bzw. überbraves/unterwürfiges<br />
Verhalten – vor allem im Beisein der Eltern,<br />
autoaggressives Verhalten (z.B. sich selbst<br />
Verbrennungen oder Schnittwunden zufügen,<br />
Selbstmordversuche),<br />
psychosomatische Beschwerden (Schlafstörungen,<br />
Migräne),<br />
Essstörungen (Magersucht, Ess-Brech-Sucht),<br />
psychiatrische Auffälligkeiten (z.B. Persönlichkeitsstörungen,<br />
Schizophrenie, Suchterkrankungen,<br />
Zwangsstörungen).<br />
34<br />
Altersabhängige Signale und Folgen<br />
Die Signale und Folgen von Gewalt lassen sich auch<br />
nach dem Alter der betroffenen Kinder<br />
differenzieren.<br />
Kleinkindalter: Es wird davon ausgegangen, dass<br />
die Folgen psychischer Misshandlung und Vernachlässigung,<br />
aber auch sexueller Gewalt, bei<br />
kleinen Kindern schwer wiegendere Schäden hinterlassen<br />
als bei älteren Kindern. Je jünger das<br />
Kind beim Beginn der Misshandlung ist, desto<br />
weniger weit fortgeschritten ist es in seiner<br />
psychischen Entwicklung.<br />
Adoleszenz: In dieser Zeit ändert sich oft die Art<br />
der Misshandlung oder Kinder werden zum ersten<br />
Mal misshandelt. Problematisch ist, dass Misshandlungen<br />
in diesem Alter seltener erkannt<br />
werden. Die Gründe: Von Jugendlichen wird<br />
angenommen, dass sie sich ohnehin besser<br />
schützen und sich selbst helfen können. Jugendliche<br />
werden nicht mehr so sehr als Opfer<br />
gesehen, sondern als Verursacher, die die Misshandlung<br />
herausfordern. Häufige Folgen der<br />
Gewalt sind aggressives provozierendes Verhalten,<br />
Depression, generalisierte Angst, Denkund<br />
Gefühlsstörungen sowie Selbstmordgedanken.<br />
2. 2. Auswirkungen sexueller Gewalt<br />
Um die Auswirkungen von sexueller Gewalt besser<br />
verstehen zu können, ist es wichtig, die Dynamik der<br />
Gewalterfahrung zu begreifen. Sie ist gekennzeichnet<br />
durch:<br />
a) traumatische Sexualisierung:<br />
Durch die sexuelle Gewalt erfährt das Kind<br />
Sexualität, die weder seinem Alter noch seiner<br />
gesamten Entwicklung entspricht. Das Kind hat<br />
keinerlei Kontrolle über die Dynamik und das<br />
Ausmaß. Es lernt, dass Sexualität mit Gewalt,<br />
Machtausübung, Schweigen, Belohnung und<br />
Bestrafung zu tun hat. Seine eigenen Bedürfnisse<br />
nach Liebe, Wärme und Geborgenheit werden<br />
ausgenutzt und missbraucht.<br />
b) Verrat<br />
Da der Missbrauch fast immer von Menschen<br />
begangen wird, denen das Kind vertraut und/oder<br />
von denen es emotional abhängig ist, kommt der<br />
Übergriff einem Verrat und Vertrauensmissbrauch<br />
gleich. Verrat kann auch von nicht missbrauchenden<br />
Menschen begangen werden, wenn<br />
sie auf das Aufdecken der sexuellen Gewalt mit<br />
fehlender Unterstützung, Skepsis oder sogar<br />
Beschuldigung des Kindes reagieren.