Gewaltbericht - Kurzfassung - BMWA
Gewaltbericht - Kurzfassung - BMWA
Gewaltbericht - Kurzfassung - BMWA
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Männer normalerweise für sie untypische Formen<br />
von Gewalt nicht berichten und dazu tendieren,<br />
leichte Formen von Gewalt rasch zu vergessen.<br />
Das bedeutet, die Aussagekraft der Zahlen aus<br />
Direktbefragungen ist aus den genannten Gründen<br />
begrenzt.<br />
Doch auch die Ergebnisse aus der Auswertung von<br />
Strafanzeigen lassen sich relativieren. Festgestellt<br />
wurde nämlich, dass Frauen ihre gewalttätigen<br />
Partner eher anzeigen als Männer ihre Partnerinnen.<br />
2. FORMEN VON GEWALT AN MÄNNERN<br />
So wie auch weibliche Opfer, sind Männer von<br />
physischer, psychischer und sexueller Gewalt<br />
betroffen.<br />
2. 1. Physische Gewalt<br />
Männer berichten selten über körperliche Gewalterfahrungen<br />
innerhalb der Familie. Mögliche Gründe<br />
dafür sind:<br />
Misshandlungen, die von einer Frau ausgehen,<br />
haben eher symbolischen und defensiven Charakter,<br />
sind meist weniger schwer wiegend und<br />
werden deshalb von Männern nicht als Gewalt<br />
wahrgenommen und definiert.<br />
Männer wissen um ihre physischen Kräfte und<br />
empfinden körperliche Attacken als weniger<br />
bedrohlich.<br />
Körperliche Gewalt ist für viele Männer Teil ihres<br />
Alltags, so dass sie damit umgehen und sich<br />
dagegen wehren können.<br />
Gewalt durch Frauen und männliche Identität sind<br />
unvereinbar. Von einer Frau geschlagen zu<br />
werden, bedeutet schwach zu sein. Darüber zu<br />
berichten würde einen Gesichtsverlust mit sich<br />
bringen.<br />
Viele Männer haben nur eingeschränkten Zugang<br />
zu ihren Gefühlen und können oft nicht<br />
artikulieren, dass sie sich verletzt, gekränkt oder<br />
gedemütigt fühlen.<br />
2. 2. Psychische Gewalt<br />
Da psychische Gewalt keine sichtbaren Narben hinterlässt,<br />
ist es sehr schwierig, diesen Bereich zu<br />
erfassen. Besonders problematisch ist der Versuch,<br />
die Grenze zwischen gewalttätigem und nicht<br />
gewalttätigem Verhalten zu ziehen.<br />
Die wenigen vorliegenden Erkenntnisse zum Thema<br />
beruhen auf Interviews mit Männern. Sie berichten<br />
von psychischer Gewalt seitens ihrer Partnerinnen<br />
67<br />
in Form von Kränkungen und Demütigungen verbaler<br />
Art. Als besonders bedrohlich wird das In-<br />
Frage-Stellen der eigenen Männlichkeit erlebt.<br />
2. 3. Sexuelle Gewalt<br />
Männer erfahren sexuelle Gewalt überwiegend im<br />
außerfamiliären Bereich (Gefängnis, Arbeitsplatz,<br />
etc.). Über sexuelle Gewalt durch Frauen in heterosexuellen<br />
Beziehungen hingegen wird extrem selten<br />
berichtet – u.a. auch deshalb, weil es an Problembewusstsein<br />
über die Thematik mangelt.<br />
Sehr groß ist allerdings der psychische Druck, der<br />
im Bereich der Sexualität auf Männer ausgeübt wird.<br />
Sehr potent und „allzeit bereit“ zu sein, zählt zu<br />
jenen Bildern, die Männern als Ideal von Männlichkeit<br />
(vor allem von Freunden und Medien) vermittelt<br />
werden. Unter dem Druck dieses Idealbildes kann es<br />
Männern daher schwer fallen zu artikulieren, dass<br />
sie „keine Lust“ haben. Den ungewollten Sex<br />
erleben sie jedoch anders als Frauen. Er ist für sie<br />
weniger stark mit Demütigung, Depersonalisation<br />
und Machtlosigkeit verbunden.<br />
Dort wo allerdings sexuelle Aggression gegen<br />
Männer gewalttätig verläuft, in Form von Vergewaltigung<br />
durch andere Männer, sind die psychosozialen<br />
Folgen jenen vergleichbar, unter denen<br />
Frauen leiden.<br />
3. URSACHEN: FRAUEN ALS<br />
TÄTERINNEN – MÄNNER ALS OPFER<br />
In der Diskussion über Gewalt gegen Männer wird<br />
immer wieder die Ansicht vertreten, dass Frauen<br />
gewalttätige Handlungen in erster Linie aus Notwehr<br />
oder als Reaktion auf die Gewaltanwendung<br />
ihrer Partner anwenden. Untersuchungen konnten<br />
diese Annahmen nicht bestätigen. Eine 1990 in den<br />
USA durchgeführte Studie stellt vielmehr fest, dass<br />
Frauen eher als Männer mit Gewalthandlungen<br />
beginnen. Auch die Gewalt-als-Notwehr-These<br />
konnte nicht verifiziert werden.<br />
Ob Frauen primär aus Notwehr oder als Antwort auf<br />
die Gewalttätigkeit des Partners mit Gewalt<br />
reagieren, wurde auch im Zusammenhang mit<br />
Tötungsdelikten von Frauen an Männern untersucht.<br />
Die Ergebnisse sind widersprüchlich: Das Ausmaß<br />
der Tötungsdelikte aus Notwehr reicht von 0,6% bis<br />
40%, wobei ExpertInnen die Untersuchungsdesigns<br />
der den Zahlen zu Grunde liegenden Studien als<br />
problematisch bezeichnen. Kritisiert wird beispielsweise,<br />
dass die Ergebnisse zumeist auf Interviews<br />
mit Täterinnen beruhen. Da das Tatmotiv ent-