Gewaltbericht - Kurzfassung - BMWA
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1. 2. Hintergründe für psychische Gewalt<br />
Es wird davon ausgegangen, dass physische Misshandlungen<br />
in den letzten Jahrzehnten zahlenmäßig<br />
abgenommen haben, psychische Gewalt jedoch<br />
sukzessive angestiegen ist.<br />
Zu den möglichen Erklärungen für psychische<br />
Gewalt an Kindern zählen:<br />
Eltern waren in ihrer Kindheit selbst psychischer<br />
Gewalt ausgesetzt. Sie übernehmen unter Verdrängung<br />
der eigenen seelischen Verletzungen<br />
die selben Verhaltensweisen wie die Eltern oder<br />
fallen auch bei Bewusstwerden der eigenen<br />
Gewalterfahrungen in diese Verhaltensweisen<br />
zurück.<br />
Eltern üben psychische Gewalt unbewusst und<br />
nicht gewollt aus; es mangelt ihnen an elterlicher<br />
Kompetenz.<br />
Häufig kommt es vor, dass Eltern Verhaltensweisen,<br />
die als psychische Gewalt einzustufen<br />
sind, als Erziehungsmittel betrachten.<br />
Stehen Eltern unter besonderem Druck durch<br />
Stress oder außergewöhnliche Belastungen (wie<br />
finanzielle Probleme, berufliche Schwierigkeiten,<br />
Scheidung etc.), ist die Gefahr von Übergriffen auf<br />
Kinder besonders groß.<br />
ExpertInnen betonen, dass die meisten Eltern ihre<br />
Kinder grundsätzlich lieben und das Beste für sie<br />
wollen. Allerdings gehen sie mit diesen selbst<br />
gestellten Ansprüchen nicht immer richtig um.<br />
Um psychische Gewalt zu minimieren bzw. einzudämmen<br />
wird daher vorgeschlagen, spezifische<br />
Präventionmaßnahmen anzubieten – z.B. die Auseinandersetzung<br />
mit Erziehungstechniken oder der<br />
Einstellung zu Kindern.<br />
1. 3. Hintergründe für sexuelle Gewalt<br />
Aus den vorhandenen Daten über sexuelle Gewalt<br />
an Kindern lassen sich folgende Aussagen zu den<br />
TäterInnen machen:<br />
Geschlecht:<br />
Bei 80 bis 95% der Fälle von sexueller Gewalt an<br />
Kindern sind die Täter männlich, verwandt oder<br />
nahe Bekannte. 21<br />
95-98% der weiblichen Opfer wurden von<br />
Männern missbraucht,<br />
26<br />
80-86% der männlichen Opfer wurden von<br />
Männern missbraucht. 22<br />
Alter:<br />
Das Klischee vom „perversen Zuckerlonkel“ oder<br />
„dirty old man“, der hinter dem Gebüsch kleinen<br />
Mädchen auflauert und sich mit Süßigkeiten an<br />
das Opfer heranmacht, gilt mittlerweile als<br />
widerlegt. Die Hälfte aller TäterInnen ist zwischen<br />
19 und 50 Jahre alt, die meisten von ihnen sind<br />
zwischen Anfang und Mitte 30, nur ein Zehntel ist<br />
älter als 50 Jahre. 23<br />
Dass nicht nur Erwachsene Sexualstraftaten verüben<br />
sondern auch Jugendliche, bestätigen<br />
zahlreiche wissenschaftliche Untersuchungen. Auf<br />
Grund internationaler Vergleiche kann jedoch davon<br />
ausgegangen werden, dass in Österreich sexuelle<br />
Übergriffe durch Jugendliche eher nicht angezeigt<br />
werden, d.h., keine strafrechtlichen Konsequenzen<br />
haben. Begründet wird dies oft damit, dass man<br />
ihnen „die Zukunft nicht verbauen“ will. ExpertInnen<br />
kritisieren diese Haltung und geben zu bedenken,<br />
dass sich das Tatverhalten bei Jugendlichen damit<br />
verfestigt und Interventionen zu spät erfolgen.<br />
Eine Gratwanderung stellt die Frage nach sexueller<br />
Gewalt unter gleichaltrigen Kindern dar. Es bedarf<br />
einer äußerst genauen Unterscheidung zwischen<br />
gewalttätigem und gewaltfreiem Handeln, da sonst<br />
einer neuen Prüderie Vorschub geleistet und<br />
Kindern das Recht auf eine freie Entwicklung ihrer<br />
Sexualität abgesprochen wird. Grundsätzlich gilt<br />
hier, dass von Gewalt dann gesprochen werden<br />
muss, wenn die sexuellen Handlungen eindeutig<br />
gegen den Willen eines Kindes gesetzt werden.<br />
Familialer Hintergrund:<br />
Zahlreiche Untersuchungen bestätigen, dass<br />
sexuelle Gewalt in der Familie in allen sozialen<br />
Schichten gleichermaßen vorkommt.<br />
Nur etwa 10% der TäterInnen sind so genannte<br />
FremdtäterInnen. 24<br />
Bei sexuell missbrauchten Mädchen kamen die<br />
TäterInnen laut einer deutschen Studie aus dem<br />
Jahr 1996 zu etwa 25% aus dem Verwandtenkreis,<br />
zu etwa 50% aus dem Bekanntenkreis.<br />
Bei den Jungen betrug der Anteil der TäterInnen<br />
aus dem Familienkreis nur etwa 10-20% . Sie<br />
wurden weit häufiger Opfer von Personen aus<br />
21 Vgl. Schubert, R.: Sexueller Mißbrauch an Kindern in der Familie. Die Täter/innen. Wien 1990.<br />
22 Vgl. Feffer, S.: Drama unter der Decke. In: Medizin Populär, 4, 1996, S. 23-25.<br />
23 Vgl. u.a. Bange, D.: Die dunkle Seite der Kindheit. Sexueller Mißbrauch an Mädchen und Jungen. Ausmaß - Hintergründe -<br />
Folgen. Köln 1992.<br />
24 Vgl. Kavemann, B./Lostöter, I.: Väter als Täter. Reinbek bei Hamburg 1984.